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Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Titel: Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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überwältigenden Drang, Lokesh zu retten. Der sanfte alte Tibeter würde eine weitere Haftstrafe niemals überleben. Shan musste ihn finden, musste ihn von den Stacheldrahtzäunen und den Gewehren wegschaffen. Er erhob sich wankend und machte erst einen, dann noch einen Schritt den Hang hinunter. Dabei suchte er das Lager mit dem Blick eines Gefangenen nach Lücken in der Überwachung ab.
    Er nahm am Rande wahr, dass Chenmo ihm hinterherrief, protestierte, ihn beschwor. »Die Soldaten!«, rief sie. »Das war die Streife, die hier das Umland bewacht. Die werden auch uns entdecken. Niemand darf so nah an das Lager heran.«
    Shan stolperte im dichten Gras, und als er aufstand, war sie an seiner Seite und zog an seinem Arm.
    »Nein!«, rief er und schüttelte sie ab. »Lokesh wird sterben! Alles, was ich getan habe, wird wertlos sein, falls ich ihn so zugrunde gehen lasse!«
    Sie schluchzte nun, aber sie versuchte nicht mehr, ihn aufzuhalten, als er den nächsten Schritt machte. Es war bloß ein Internierungslager, sagte er sich. Die Sicherheitsvorkehrungen würden nicht so streng sein wie in einem Straflager. Es würde bald dunkel sein. Bestimmt konnte er sich irgendwo auf der Rückseite des riesigen Geländes einen Weg durch den Drahtzaun bahnen.
    »Ich habe ihn letzten Sommer gesehen!«, rief Chenmo.
    Shan ging weiter.
    Doch dann fügte sie etwas hinzu. »Ich habe Jamyang auf der Straße gesehen, die von Golmud herführt! Da war er noch kein Lama.«

KAPITEL ACHT
    Shan blieb stehen und drehte sich langsam zu der Novizin um. »Sag das noch mal.«
    »Einige von uns sind an der Straße gewesen, um bei den Kolonnen der umgesiedelten Hirten zu helfen. Da gab es einen Rasthof, wo sie immer Pause gemacht haben.« Chenmo warf einen weiteren besorgten Blick auf das Internierungslager. »Wir dürfen nicht hierbleiben. Die werden uns entdecken und Soldaten schicken.«
    Shan schaute verzweifelt zu dem Lager, ließ sich aber zurück über den Grat führen. »Du meinst, Jamyang hat auch bei den Hirten geholfen«, sagte er, als sie außer Sicht waren.
    »Nein. Er hat in einem großen schwarzen Wagen gesessen, wie die Behörden ihn benutzen. Er und andere, hauptsächlich Chinesen, sind ausgestiegen und haben drinnen einen Tee getrunken. Sie hatten Anzüge an, wie auf einer Geschäftsreise.«
    Er sah sie prüfend an und versuchte zu durchschauen, welche Art von Streich sie ihm spielen wollte. »Chenmo, du irrst dich.«
    »Er hatte dieses Mal auf der Wange. Die Äbtissin sagte, es sei das Zeichen der Lotusblüte, und das müsse bedeuten, dass er ein wiedergeborener Lehrer sei.« Sie meinte das kleine Muttermal über Jamyangs Unterkiefer. Der Lotus war ein Symbol der Reinheit. Man glaubte, dass die geistig besonders fortgeschrittenenLamas, die tulkus , deren Reinkarnationen sich über Hunderte von Jahren zurückverfolgen ließen, oftmals auffällige Muttermale besaßen, um schon als Säuglinge identifiziert werden zu können.
    Shan hatte Mühe, sich auf Chenmos Worte zu konzentrieren. Er überlegte, was sie bedeuten mochten. »Hast du der Äbtissin später von diesem Zwischenfall erzählt?«
    »Das hätte keinen Sinn gehabt. Sie sprach oft darüber, wie sehr ein solcher tulku von uns allen geschätzt werden müsse. Sie hätte mir nicht geglaubt. Ich bin nur eine Novizin. Sie hat gern gesagt, ich hätte immer noch die Wildheit meines Clans in mir.«
    »Aber du bist dir sicher?«
    »Ich war an einem Wasserhahn und habe einige der Kanister von den Ladeflächen der Lastwagen aufgefüllt. Einer ist umgefallen und hat etwas Wasser auf einen der Chinesen gespritzt. Der Mann hat geflucht und den Arm gehoben, als wolle er mich schlagen. Doch der hochgewachsene Tibeter in seiner Begleitung ist vorgesprungen und hat ihn beruhigt, hat gesagt, es sei nur ein Missgeschick gewesen. Dann hat er den Kanister für mich aufgehoben und geholfen, ihn wieder zu befüllen. Er hat gelacht, weil er sich dabei selbst mit etwas Wasser bespritzt hat. Dann hat er mir die Hand gedrückt und ein kurzes Gebet gesprochen, bevor er wieder zu den anderen gelaufen ist. Ich konnte sein Gesicht genau erkennen und auch dieses Zeichen auf seiner Haut. Als ich in meine Hand gesehen habe, lag darin ein gefalteter Geldschein. Zehn Yuan. Ich habe davon Weihrauch für die Ladefläche jedes der Lastwagen gekauft, damit die Götter ihnen folgen und wissen würden, wohin diese armen Hirten gebracht wurden. Es war Jamyang, Shan, daran besteht kein Zweifel.«
    Shan starrte sie an und

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