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Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Titel: Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Es war aus Amerika. Sie hat versucht, etwas zu erwidern, als alle ihr gedankt haben, aber ihr Tibetisch war furchtbar.«
    »Also bist du ihr gefolgt, so wie du auch Jamyang zu seinem Schrein gefolgt bist.«
    »Mein Großvater hat gesagt, man müsse das Land stets kennen. Er kannte jeden Bach, jeden Kaninchenbau, jede Wolfshöhle. Du kannst dir einer Person nicht sicher sein, hat er gesagt, solange du nicht weißt, wo sie nachts schläft.« Er blickte zu Shan auf. »Ich bin ihr nicht vom Kloster aus gefolgt. Sie sind meistens zusammen mit den Mönchen im Lastwagen gefahren, bis zum Anfang der tausend Stufen. Ich bin zu der Einsiedelei gegangen und habe sie beobachtet. Zum Teufel, Westler wie diese werfen Sachen weg, die für einen von uns den Wert eines Monatsverdienstes haben.«
    Shan betastete die Nähte des Nylonrucksacks. »Wo sind die Bilder?«
    »Ich habe keine Bilder gesehen.«
    »Kleine Karten und Kassetten in Plastikhüllen.«
    Jigten zuckte die Achseln. »Damit könnte ich nichts anfangen. Ein Haufen Plastik. Nichts Wirkliches.«
    »Du hast sie demnach gesehen und dagelassen?«
    Der Hirte nickte langsam. »Ich könnte damit nichts anfangen«, wiederholte er.
    »Wie viele Kameras?«
    »Eine für Videos. Eine für Fotos.«
    »Wo sind sie?«
    »Weg.«
    »Wo genau? Waren Bilder darin gespeichert?«
    Jigtens Züge verhärteten sich. »Wer weiß? Selbst wenn jemand im Lager des Reinen Wassers genug Geld hätte, um solche Dinge zu kaufen, wüsste niemand, wie man sie benutzt.«
    »Also würdest du sie nach Baiyun bringen?« Shan musterte Jigten für einen Moment. Die verbannten Professoren in der Stadt konnten sich derartige Luxusgüter ebenfalls kaum leisten. »Die Jadekrähen. Lungs Bande. Die würden wissen, wie man solche Sachen auf dem Schwarzmarkt verschiebt.«
    Jigten runzelte die Stirn. »Ich werde nichts tun, was den Leuten noch mehr Schwierigkeiten bereitet. Jeder in dieser Stadt hat jemanden in Peking verärgert, genau wie wir. So ist das Leben in Tibet. Für jeden in Tibet gibt es jemanden in Peking, der wütend auf ihn ist. Es kommt nur darauf an, wer der Verärgerte ist und wie stark sein Zorn ausfällt.«
    Das war das Weiseste, das er je aus Jigtens Mund vernommen hatte, dachte Shan.
    Der dropka sah ihn bekümmert an. »Wie verrückt bist du?«, fragte er.
    Die Worte schmerzten mehr, als Jigten ahnte. Shan blieb stumm; ihm fehlte die Kraft, dem Hirten zu erläutern, dass jeder, der die Kameras berührt hatte, womöglich vom Erdbodenverschwinden würde, falls die Polizei von ihnen erfuhr. Er warf Jigten den Rucksack zu. »Du musst den Namen von der Klappe entfernen«, sagte er und setzte sich dann auf die Türschwelle. »Schneid ihn ab. Versuch nicht, ihn einfach mit einem anderen Stift zu schwärzen, denn das lässt sich immer wieder sichtbar machen. Lass dich solange bloß nicht mit dem Ding erwischen.«
    Jigten warf ihm einen verunsicherten Blick zu. »Du wirst es nicht den Kriechern erzählen?«
    »Ich werde es nicht den Kriechern erzählen.« Shan hasste die Angst in den Augen des Mannes. Wäre Lokesh bei ihm gewesen, hätte der alte Tibeter eine Möglichkeit gefunden, Jigten lächeln zu lassen. Doch Shan allein brachte nur Angst.
    »Geh nicht«, sagte Jigten nach kurzem Schweigen. »Geh heute nicht zu Lung.«
    »Die haben den Leichnam ihres Anführers bereits verbrannt. Ich habe gestern den Scheiterhaufen gesehen.«
    »Das meine ich nicht. Einer der Jüngeren, dieser Dschingis, wurde übel zusammengeschlagen. Von Kriechern, die für diesen Major Liang arbeiten. Die Jadekrähen dachten, die Bewaffnete Volkspolizei würde sie wie üblich beschützen. Aber diesmal nicht, nicht zurzeit, nicht vor Liang.«
    Shan zögerte und sah Jigten prüfend an. »Ich muss mehr über das Lager auf der anderen Seite des Berges wissen, Jigten. Das mit dem Stacheldraht und den Maschinengewehren. Du hast gesagt, du bringst für die Jadekrähen manchmal Vorräte dorthin. Erzähl mir von den Lastwagen. Zu welchen Zeiten fahren sie?«
    Jigten schüttelte erbittert den Kopf. »Man spricht nicht über Dämonen. Sie werden dadurch nur stärker.«
    »Ich habe Freunde dort hinter dem Draht.«
    »Nein, hast du nicht. Nicht mehr.« Jigten bemerkte Shans unschlüssige Miene und warf einen nervösen Blick auf seineschlafende Mutter. »Es gab einen in unserem Clan, den Sohn unseres Anführers, der hat die alten Bräuche bewahrt, hat all die Geschichten der Großväter gelernt und die Lieder der Herdfeuer vom Anbeginn der Zeit. Er

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