Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)
und sich einem Meister, einer Autorität bei einem Lernprozess unterwerfen zu können, so schwierig kann das werden, wenn es zu einer Autoritätshörigkeit führt, die sich nur an äußeren Gesetzen orientiert, sodass man den weinenden Eremiten in seinem Inneren nicht mehr hört.
Für Frauen mit Steinbock-Sonne bezieht sich dieses Steinbock-König-Bild auch auf die Lebenspartner. Im positiven Fall geraten diese Frauen an Männer, die sie fordern, weniger im Sinne der Widder-Kampfbereitschaft, sondern eher durch Strenge.
Die Problematik für Frauen mit Steinbock-Sonne ist, dass sie Gefahr laufen, brave, bemühte Vater-Töchter zu bleiben, die sich von ihren Ehemännern alles vorschreiben und verbieten lassen. Sie bemühen sich, alles richtig zu machen, und vergessen dabei ihr inneres Gesetz, überhören den inneren Eremiten und schaffen es nicht, ihm das Wasser des Lebens zu bringen.
Spätestens in der zweiten Lebenshälfte ist es wichtig, sich von äußeren Autoritäten zu lösen und sich die Frage zu stellen: Wie weit steht meine Bereitschaft, äußeren Vätern und Autoritäten zu entsprechen, im Einklang mit meinem inneren Gesetz? Es geht nicht darum, die Strenge, die einem hier in die Wiege gelegt worden ist, grundsätzlich loszuwerden; es geht nur darum, die Aufgaben zu suchen, die für einen selbst wirklich stimmig sind, nicht jeden Berg zu besteigen, sondern die Berge selbst auszusuchen und sie sich nicht von anderen vorschreiben zu lassen. Kinder mit Steinbock-Sonne lieben und fürchten die strengen Lehrer mehr als die, die immer loben, egal, was sie tatsächlich zustande gebracht haben. Sie suchen nach Menschen, die ihnen reinen Wein einschenken, auch wenn das mit Kritik verbunden ist. Sie wissen, dass Entwicklung nur durch das »schmerzhafte Auffinden von Wahrheit« möglich wird, wie mein Steinbock-Freund Frank Moosmüller es ausdrückt.
In der zweiten Lebenshälfte werden Steinbockbetonte Menschen oft sehr viel leichter und heiterer, im besten Fall entsteht ein Grundgefühl der Art »Ich habe mich so angestrengt, so vieles getan, jetzt muss ich manches nicht mehr tun«. Vielleicht wird die Leichtigkeit des Seins im Alter etwas erträglicher: Der König findet zur Altersmilde. Es gibt allerdings auch die entgegengesetzte Reaktion. Es gibt Steinbockbetonte Menschen, die in der zweiten Lebenshälfte immer bitterer und versteinerter werden, an alten Gesetzen und Normen kleben, und das hat sicherlich damit zu tun, dass sie sich nicht rechtzeitig auf den Gegenpol Krebs besonnen haben: Aus diesem Gegenpol kommt das Wasser des Lebens, das die einseitige Härte und Verknöcherung dieses Prinzips erlösen kann. Das heißt auch, die eigenen weichen, empfindsamen Seiten mehr zuzulassen, das Steinbock-Fell manchmal abzulegen und von Zeit zu Zeit ins Meer zu springen – vielleicht geht es in der zweiten Lebenshälfte mit dem Schwimmen besser als in der ersten. Der Sprung ins Meer, der so gut die Polarität zwischen dem Erdzeichen Steinbock und dem Wasserzeichen Krebs ausdrückt, kann auch ein geistiger Sprung sein, die Bereitschaft, sich einer Welt zu öffnen, die der Verstand nicht begreift, der so genannten irrationalen Welt, der inneren Wirklichkeit. Ein Steinbock glaubt in der Regel nur das, was er sehen und begreifen kann; vom Gegenpol Krebs kann er die Fähigkeit lernen, auch die innere Welt zu achten.
Venus in Steinbock
Die Steinbock-Aphrodite vertritt die schlichte, einfache, bescheidene Schönheit, die klassische Schönheit, die keine Schminke braucht. Eine Schönheit, wie sie durch die Frau im Märchen Die zwölf Brocken ausgedrückt ist, die Frau an der Quelle, die naturnahe Erdfrau.
Wenn Venus im Saturn-Zeichen Steinbock steht, gibt es fast so etwas wie eine Pflicht zur Schönheit, auch die Pflicht, für den eigenen Körper zu sorgen. Hier darf man sich nicht gehen lassen, ohne sich dabei schlecht oder schuldig zu fühlen. Man ist der Schönheit, auch der eigenen Schönheit und der Schönheit des Universums etwas schuldig. Die Schattenseite dieser Art von Weiblichkeit ist eine kalte und abweisende Version des Weiblichen, bei der alles, was verspielt, leicht und tänzerisch ist, von vornherein abgewertet wird, weil die Strenge, die saturnische Energie, auch im Bereich der Liebesgöttin den Ton angibt. Hier heißt sie: Den Vogel, der am Morgen singt, frisst am Abend die Katze, kein Genuss ohne Reue. Im Lied vom Polenstädtchen kommt der schöne Satz vor: »Ich hab einmal geküsst und schwer gebüßt.«
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