Der Tierarzt kommt
mochte.
Es war schwer, sich ein Tier vorzustellen, das weniger zu ihr paßte, selbst wenn man von seinem unerfreulichen Leiden absah. Der riesige, dickköpfige, ungestüme, extrovertierte Kerl war ein Fremdkörper in ihrem kultivierten Haushalt. Wie sie zueinander gekommen waren, habe ich nie herausbekommen, aber bei meinen Besuchen bekam ich heraus, daß Cedric wenigstens einen Bewunderer hatte.
Es war Con Fenton, ein pensionierter Landarbeiter, der dreimal in der Woche im Garten von The Laurels arbeitete. Der Boxer lief mir bis zum Tor nach, wenn ich aus dem Haus trat, und der alte Mann blickte ihn mit unverhohlener Bewunderung an.
»Allmächtiger!« sagte er. »Ist das ein feiner Hund!«
»Ja, das ist er, Con, er ist wirklich ein guter Kerl.« Und ich meinte es ehrlich. Man mußte Cedric einfach gern haben, wenn man ihn einmal kannte. Er war sehr lieb, ohne eine Spur von Bösartigkeit, und wenn er Leuten Knöpfe abriß oder ihnen gegen die Hosenbeine pinkelte, so tat er es aus reiner Spielfreude. Ja, er war gutmütig.
»Schauen Sie sich nur mal die Beine an!« schnaufte Con, indem er verzückt auf die muskulösen Läufe starrte. »Donnerwetter, der kann über das Tor da springen, als ob’s gar nicht da wäre. Das nenne ich mir einen Hund!«
Es wunderte mich nicht, daß Cedric ihm so gut gefiel, denn die beiden waren verwandte Seelen. Nicht von allzuviel Verstand belastet, stark wie ein Ochse und durch und durch gutmütig – sie waren vom gleichen Schlag.
»Tja, ich freu mich immer, wenn die Missus ihn in den Garten rausläßt«, fuhr Con fort. Er schnaufte immer beim Sprechen. »Macht mir Spaß mit seinen Faxen.«
Ich sah ihn scharf an. Nein, er hatte von Cedrics Leiden sicher nichts gemerkt, denn er sah ihn ja nur im Freien.
Auf dem Rückweg brütete ich über der Tatsache, daß ich mit meiner Behandlung absolut nichts erreicht hatte. Und obgleich es im Grunde lächerlich war, sich über einen derartigen Fall Sorgen zu machen, beschäftigte ich mich dauernd damit. Ich hatte sogar Siegfried schon angesteckt. Als ich aus dem Wagen stieg, kam er gerade aus dem Haus. Er legte mir die Hand auf den Arm.
»Kommst du wieder mal von The Laurels, James?« fragte er mitfühlend. »Was macht denn der furzende Boxer?«
»Leider immer noch dasselbe«, erwiderte ich, und mein Kollege schüttelte teilnahmsvoll den Kopf.
Wir waren geschlagen. Hätte es in jenen Tagen Chlorophylltabletten gegeben, so wäre vielleicht noch eine Hoffnung geblieben, aber ich hatte alles versucht. Und es wäre nicht so schlimm gewesen, wenn der Hund nicht ausgerechnet Mrs. Rumney gehörte hätte. Ihr war es schon fast unerträglich, die Sache auch nur zu erwähnen.
Ich war entschlossen, ein ernstes Wort mit ihr zu reden. Ein paar Tage später besuchte ich sie.
»Sie werden vielleicht meinen, daß es mich nichts angeht«, sagte ich. »Aber ehrlich gesagt, ich glaube nicht, daß Cedric der richtige Hund für Sie ist. Er paßt so wenig zu Ihnen, daß Ihr ganzes Leben darunter leidet.«
Mrs. Rumney machte große Augen. »Nun ja... ein Problem ist er manchmal schon... aber was raten Sie mir?«
»Ich finde, Sie sollten sich einen anderen Hund anschaffen. Vielleicht einen Pudel oder einen Corgi – irgend etwas Kleineres, ein Tier, mit dem Sie fertig werden.«
»Aber Mr. Herriot, ich kann Cedric unmöglich einschläfern lassen.«Ihre Augen füllten sich rasch mit Tränen. »Ich habe ihn wirklich sehr gern, trotz... trotz allem.«
»Nein, nein, das natürlich nicht!« sagte ich. »Ich habe ihn auch gern. Er ist ein lieber Kerl. Aber ich glaube, ich habe eine gute Idee. Warum geben Sie ihn nicht einfach Con Fenton?«
»Con...?«
»Ja, er bewundert Cedric geradezu abgöttisch, und bei dem alten Mann hätte Ihr Hund es gut. Er hat ein paar Felder hinter dem Haus und hält sich ein paar Tiere. Da könnte Cedric nach Herzenslust herumtollen, und Con könnte ihn mitbringen, wenn er hier im Garten arbeitet. Dann würden Sie ihn dreimal in der Woche sehen.«
Mrs. Rumney sah mich einen Augenblick lang schweigend an, und ich sah in ihrem Gesicht einen Hoffnungsschimmer aufleuchten.
»Wissen Sie was, Mr. Herriot? Ich glaube, das könnte sehr gut gehen. Aber sind Sie sicher, daß Con ihn nehmen würde?«
»Darauf könnte ich wetten. Ein alter Junggeselle wie der muß sehr einsam sein. Nur eins beunruhigt mich. Bisher sind sie nur im Freien beisammen gewesen, und ich frage mich, was wird, wenn sie im Haus sind und Cedric wieder mit
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