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Der Tigermann

Der Tigermann

Titel: Der Tigermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lecale ERrol
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erklärte er dem kleinen Mann, der die schlafschweren Augen kaum offenzuhalten vermochte. »Er müßte schon längst zurück sein.«
    »Ist es nicht so, Sahib, daß Ihr Diener eine Schwäche für Frauen hat? In Terrahpur gibt es viele Frauen, die einem Mann wie ihm gern zu Gefallen sind.«
    Die Stimme des Majordomus war milder, als man normalerweise von einem Menschen erwarten konnte, den man jäh aus dem Schlaf gerissen hat.
    »Aber ich mache mir trotzdem Sorgen«, murmelte Eli. »Sicher, er hält viel von kleinen Abenteuern, aber nie würde er mich warten lassen oder mir nicht zumindest Bescheid geben. Könnten Sie Ihre Polizei beauftragen, Erkundungen anzustellen?«
    »Das werde ich tun, Sahib.« Mansur seufzte. Er läutete mit einer kleinen Handglocke, und als ein Diener angelaufen kam, überschüttete er ihn mit einem Schwall von Anordnungen, dem Eli nicht zu folgen vermochte.
    Fast im gleichen Moment zuckte ein brennender Schmerz durch sein Gehirn.
    »Das Feuer – die lodernden Flammen – die Hitze…« Es war die psychische Stimme Hugos. Es war eine Stimme, die nicht unmittelbar an Eli gerichtet war. Es war ein Schrei der Qual in den Äther.
    Eli rannte aus Mansurs Zimmer und den Korridor entlang zu Maras Schlaf gemach. Das Mädchen schlief nicht mehr. Sie saß kerzengerade im Bett, mit zuckendem Gesicht und tränenüberströmten Augen.
    »Hugo?« fragte Elis Geist den ihren. »Er brennt-brennt-brennt…« »Wo? Kannst du sehen wo? Suche den Ort!« Immer noch weinte sie, obgleich das Gesicht ihre Konzentration verriet. Sie lauschte auf die geistigen Ausstrahlungen desFranzosen. Und ihre Wahrnehmungsfähigkeit war bedeutend größer als Elis.
    »Feuer – ich sehe Feuer«, sagte ihr Geist. »Hugo ist in der Mitte des Feuers. Er wird verbrannt.«
    »Wo? Wo?«
    »Wasser. Es ist Wasser in der Nähe – ein Fluß – ein Fluß…«
    Feuer und ein Fluß. Die Bestattungs-Ghats.
    Die Bestattungs-Ghats! Eli durchschaute jetzt die teuflische Absicht. Saiva, denn nur er konnte dahinterstecken, hatte sich irgendwie Hugos bemächtigt. Er hatte ihn zu den Bestattungs-Ghate gebracht, wo ein Feuer, ein brennender Scheiterhaufen überhaupt nicht auffallen würde.
    Sie verbrannten Hugo bei lebendigem Leib.
     
    Als er das Bewußtsein wiedererlangte, dachte Hugo im ersten Augenblick, daß er für seine Sünden in der Hölle gelandet war. Die Flammen flackerten rund um ihn, schlugen hoch, prasselten, knisterten. Er versuchte sich zu bekreuzigen und mußte feststellen, daß nicht nur seine Arme, sondern auch seine Beine gefesselt waren. Aber man hatte ihn nicht geknebelt.
    Er konnte schreien, soviel er wollte. Und es schien ihm nun, als warteten die Priester, die seinen Scheiterhaufen umringten, nur darauf. Es würde ihnen eine sadistische Freude bereiten.
    Und darum schrie Hugo nicht – zumindest nicht laut. Aber sein Geist brüllte seine Anklage hinaus, und er wußte, daß sein Herr ihn hören würde.
    Die Hitze und der Rauch waren unerträglich. Aber nicht tödlich – bisher.
    Der Scheiterhaufen, auf dem er lag, war so aufgeschichtet, daß er in der Mitte eines Feuerrings lag, dessen Flammen seinen Körper noch nicht ganz erreichten.
    Er erinnerte sich nun an das Mädchen, erinnerte sich, wie man ihn hereingelegt hatte. Er fluchte wütend vor sich hin, schwor, daß er in seinem ganzen Leben keiner fremden Frau mehr nachsteigen würde. In seinem ganzen Leben? Die Frage war nur, wie lange dieses Leben noch dauern würde. Minuten? Stunden? Es hing davon ab, wie sie das Feuer schürten.
    Er wand sich und wälzte sich, versuchte sich von seinen Fesseln zu befreien, sie mit seinen gewaltigen Muskeln zu sprengen. Wenn er nur frei wäre und durch die Flammen springen könnte, dann würden diese sadistischen Höllenpriester erfahren, wie es ist, wenn ihre Schädel wie Eierschalen zerspringen.
    Aber wie ließen sich die festen Knoten lösen oder das Tau zerreißen?
    Die Antwort kam schnell, und das war gut so. Wenn sie nicht zu sprengen sind, dann verbrenne sie.
    Die Priester waren begeistert, als er sich scheinbar vor Schmerz krümmte. Es gelang ihm, seinen Arm auf die Glut zu legen. Das Seil fing Feuer, aber auch die Haut sengte an. Doch wenn der Schmerz ihm die Freiheit schenkte…
    Elis Pferd bäumte sich auf und warf ihn fast ab, als er sich den Ghats näherte. Die beiden Lanzenreiter hatten dieselben Schwierigkeiten mit ihren Gäulen. Der Gestank von Tod, Feuer und Pein beunruhigte die Tiere.
     
    An den Ghats fanden vier

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