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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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kämen nicht auf die Idee, mich laufen zu lassen?»
    Hercule Poirot sagte leise: «Nein.»
    Sie nickte in stillem Einverständnis. «Nein, Sentimentalität wäre unnütz. Ich würde es womöglich wieder tun… Man kann bei mir nicht mehr sicher sein. Das spüre ich selbst…» Düster fuhr sie fort: «Es ist so schrecklich einfach – Leute umzubringen. Und man bekommt das Gefühl, dass es ganz egal ist… dass alles, was zählt, man selbst ist! Das ist gefährlich – so was.»
    Sie schwieg einen Augenblick, dann lächelte sie. «Sie haben wirklich Ihr Bestes für mich getan. An dem Abend in Assuan – als Sie mir sagten, ich soll mein Herz nicht dem Bösen öffnen… Haben Sie da schon geahnt, was in meinem Kopf vorging?»
    Er schüttelte den Kopf. «Ich wusste nur, das, was ich sagte, ist wahr.»
    «Es war wahr. Ich hätte es damals alles lassen können. Ich war auch nahe dran… Ich hätte Simon sagen können, dass ich nicht mehr mitmache… Aber vielleicht –»
    Sie brach ab. Dann fragte sie: «Wollen Sie es hören? Von Anfang an?»
    «Wenn Sie es erzählen möchten, Mademoiselle.»
    «Ich glaube, ich will es Ihnen erzählen. Es war eigentlich alles ganz einfach. Sehen Sie, Simon und ich liebten uns…»
    Es klang sehr sachlich, aber unter dem leichten Tonfall schwang etwas anderes mit.
    Poirot ergänzte schlicht: «Und Ihnen hätte die Liebe gereicht, aber ihm nicht.»
    «So könnte man es vielleicht sagen. Aber Sie haben Simon noch nicht ganz verstanden. Sehen Sie, er wollte immer unbedingt an Geld kommen. Er liebte alles, was Geld kostet – Pferde und Jachten und Sport –, lauter schöne Dinge, Dinge, für die ein Mann sich zu begeistern hat. Und er konnte sich keins je leisten. Simon ist furchtbar einfach gestrickt. Er will etwas haben, wie Kinder etwas haben wollen – unbedingt.
    Trotzdem hat er sich nie eine reiche, aber grässliche Frau gesucht. Der Typ war er nicht. Und dann haben wir uns kennen gelernt – und – und damit war das irgendwie klar. Nur dass wir nicht wussten, wann wir endlich heiraten konnten. Er hatte eine ganz anständige Arbeit, aber er verlor die Stelle. Er war auch selber schuld. Er hat versucht krumme Geschäfte zu machen, und die Sache flog sofort auf. Ich glaube nicht, dass er das Gefühl hatte, etwas Unredliches zu tun. Er dachte einfach, so was machen die Leute in der Großstadt eben.»
    Über das Gesicht des Zuhörers huschte ein kleines Flattern, aber er hütete seine Zunge.
    «Da saßen wir nun, mit dem Rücken zur Wand; und dann fiel mir Linnet und ihr neuer Landsitz ein und ich fuhr sofort hin. Wissen Sie, Monsieur Poirot, ich liebte Linnet, wirklich. Sie war meine beste Freundin und ich hätte im Traum nicht daran gedacht, dass uns je etwas entzweien könnte. Ich dachte nur, was für ein Glück, dass sie reich ist. Es wäre unsere Rettung, wenn sie Simon eine Stelle gäbe. Sie war auch furchtbar lieb. Sie sagte, ich sollte mit Simon wiederkommen. Ungefähr zu der Zeit haben Sie uns eines Abends im Chez Ma Tante gesehen. Wir haben einen draufgemacht, obwohl wir es uns gar nicht leisten konnten.» Sie hielt inne und seufzte.
    «Was ich jetzt sage, Monsieur Poirot», fuhr sie schließlich fort, «ist wahr. Auch wenn Linnet tot ist, das ändert nichts an der Wahrheit. Deshalb tut sie mir nicht Leid, auch jetzt nicht. Sie hat es sofort drauf angelegt, mir Simon wegzunehmen. Das ist die absolute Wahrheit! Ich glaube, sie hat nicht mal eine Minute lang gezögert. Ich war ihre Freundin, aber das hat sie nicht gekümmert. Sie hat sich einfach über Simon hergemacht…
    Und Simon hat sich nicht das Geringste aus ihr gemacht! Ich habe Ihnen viel über Glanz und Glamour erzählt, aber das stimmte natürlich nicht. Er wollte Linnet nicht. Er fand sie hübsch, aber furchtbar herrisch, und er hat herrische Frauen gehasst! Das Ganze war ihm schrecklich peinlich. Aber der Gedanke an ihr Geld gefiel ihm.
    Ich habe das natürlich gemerkt… und schließlich habe ich gesagt, es wäre vielleicht gut, wenn er – mich verlässt und Linnet heiratet. Er lehnte ab. Er sagte, Geld hin oder her, eine Ehe mit Linnet wäre die Hölle. Er sagte, seine Vorstellung von Geld haben sei, dass er selbst Geld hat – nicht eine reiche Frau, die die Hand auf der Brieftasche hat. ‹Ich wäre bloß ein verdammter Prinzgemahl›, sagte er. Und er sagte, er wolle keine andere Frau als mich…
    Ich glaube, ich weiß, wann er auf die Idee kam. Eines Tages sagte er: ‹Mit ein bisschen Glück könnte ich sie

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