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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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müde.»
    «Ich weiß», sagte Poirot.
    «Die Leute finden mich grässlich. Hochnäsig und miesepetrig und übellaunig. Ich kanns nicht ändern. Ich weiß gar nicht mehr, wie man – wie man ein netter Mensch ist.»
    «Das war es, was ich meinte; Sie haben Ihr Päckchen zu lange getragen.»
    Rosalie sagte langsam: «Es ist eine Erleichterung – darüber zu reden. Sie – Sie waren immer freundlich zu mir, Monsieur Poirot. Ich fürchte, ich war zu Ihnen oft grob.»
    «La politesse, unter Freunden ist sie nicht nötig.»
    Plötzlich bekam sie wieder ein argwöhnisches Gesicht. «Erzählen Sie das jetzt etwa – allen Leuten? Wahrscheinlich müssen Sie das wegen der verdammten Flaschen, die ich über Bord geworfen habe.»
    «Nein, nein, das ist nicht nötig. Sagen Sie mir nur, was ich wissen möchte. Wann war das? Um zehn nach eins?»
    «So ungefähr, glaube ich. Ich weiß es nicht mehr genau.»
    «Jetzt noch etwas, Mademoiselle. Mademoiselle Van Schuyler hat Sie gesehen, haben Sie sie auch gesehen?»
    Rosalie schüttelte den Kopf. «Nein.»
    «Sie sagt, sie hat aus ihrer Kabinentür geguckt.»
    «Ich hätte sie, glaube ich, auch nicht gesehen. Ich habe nur das Deck entlang und ins Wasser geguckt.»
    Poirot nickte. «Und haben Sie jemanden gesehen – irgendjemanden –, als Sie zum Deck geguckt haben?»
    Es gab eine lange Pause. Rosalie hatte die Stirn gerunzelt. Sie schien genau zu überlegen. Schließlich schüttelte sie entschieden den Kopf. «Nein, ich habe niemanden gesehen.»
    Poirot nickte bedächtig. Aber sein Blick war ernst.

Zwanzigstes Kapitel
     
    E inzeln oder paarweise, in gedrückter Stimmung kamen die Leute in den Speisesaal. Alle schienen das Gefühl zu haben, eifriges Streben zum Essen sei ein Zeichen bedauernswerter Herzlosigkeit. Mit fast entschuldigender Mimik nahm ein Passagier nach dem anderen an seinem Tisch Platz.
    Tim Allerton erschien, als seine Mutter schon eine Zeit lang dasaß. Er sah aus, als sei er äußerst schlecht gelaunt. «Hätten wir bloß nie diese verfluchte Tour gemacht», knurrte er.
    Mrs. Allerton schüttelte traurig den Kopf. «Ach, mein Lieber, das denke ich auch. Dieses schöne Mädchen! Das kommt einem alles so sinnlos vor. Die Vorstellung, dass jemand sie kaltblütig erschießt. Ich finde es schrecklich, dass jemand so etwas tun kann. Und dann dieses andere arme Kind.»
    «Jacqueline?»
    «Ja. Ich fühle von Herzen mir ihr. Sie sieht so entsetzlich unglücklich aus.»
    «Man sollte ihr beibringen, nicht rumzulaufen und mit Spielzeugpistolen in der Gegend herumzuballern», gab Tim mitleidlos zurück und langte nach der Butter.
    «Sie hatte bestimmt eine schlechte Kinderstube.»
    «Mein Gott, Mutter, komm jetzt nicht mit mütterlichen Gefühlen.»
    «Du hast ja grauenvoll schlechte Laune, Tim.»
    «Ja, habe ich. Wer hätte die nicht?»
    «Ich weiß gar nicht, was man so übel nehmen muss. Das ist doch alles furchtbar traurig.»
    Mürrisch entgegnete Tim: «Du siehst das alles romantisch! Du scheinst gar nicht zu begreifen, dass es nicht sehr komisch ist, in einen Mordfall verwickelt zu werden.»
    Mrs. Allerton sah verblüfft drein. «Aber wir –»
    «Es ist einfach so. Da gibts kein ‹Aber wir›. Jeder auf diesem verdammten Schiff ist verdächtig – du und ich genauso wie alle anderen.»
    Mrs. Allerton wollte das nicht hinnehmen. «Grundsätzlich sind wir das wohl – aber eigentlich ist es lächerlich!»
    «Lächerlich ist gar nichts, wenn es um Mord geht! Du kannst hier sitzen, meine Liebe, und Tugend und Redlichkeit verströmen, solange du willst, in Shellal oder Assuan kommt eine Menge unangenehme Polizisten dazu, und die nehmen das nicht für bare Münze.»
    «Vielleicht kennt man die Wahrheit bis dann längst.»
    «Woher denn?»
    «Monsieur Poirot könnte doch darauf gekommen sein.»
    «Der alte Klugscheißer? Der kommt auf gar nichts. Der besteht bloß aus Schnurren und Schnurrbart.»
    «Tja, Tim», sagte Mrs. Allerton, «ich muss zugeben, dass alles, was du sagst, stimmt; trotzdem müssen wir die Sache durchstehen. Wir könnten also ebenso gut beschließen, es so fröhlich wie möglich durchzustehen.»
    Ihrem Sohn schien auch das die düstere Stimmung nicht aufzuhellen. «Da ist auch noch diese verfluchte Geschichte mit den verschwundenen Perlen.»
    «Linnets Perlen?»
    «Ja. Scheint, als hätte sie jemand geklaut.»
    «Dann war das wohl das Motiv für die Tat», sagte Mrs. Allerton.
    «Warum das denn? Du bringst zwei völlig verschiedene Dinge

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