Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
– etwas in der Kabine vergessen hatte. Ich bat Rosalie allein vorzugehen. Das tat sie.» Mrs. Otterbourne hielt einen Augenblick inne.
    Der Vorhang in der Tür bewegte sich sachte wie durch einen Windstoß, aber keiner der drei Männer bemerkte es.
    «Ich – äh», wieder unterbrach Mrs. Otterbourne ihre Rede. Jetzt kam dünnes Eis, aber irgendwie musste sie drüber. «Ich habe – äh – eine Abmachung mit jemandem vom – äh – Schiffs personal. Er sollte mir – äh – etwas bringen, was ich brauchte, wovon aber meine Tochter nichts wissen sollte. Sie hat gewisse lästige Angewohnheiten –»
    Klang nicht besonders gut, aber sie konnte sich immer noch etwas Besseres ausdenken, bevor sie die Geschichte vor Gericht schildern würde.
    Race’ Augenbrauen wanderten nach oben, während er Poirot fragend ansah. Poirot nickte kaum merklich und formte mit den Lippen das Wort: «Trinkt.»
    Wieder bewegte sich der Vorhang in der Tür. Im Spalt zwischen Vorhang und Türrahmen tauchte etwas auf, das stahlblau schimmerte.
    Mrs. Otterbourne fuhr fort: «Die Abmachung war so, ich sollte zum Heck des Unterdecks gehen und da sollte der Mann auf mich warten. Als ich das Deck entlanglief, ging eine Kabinentür auf und jemand sah hinaus. Es war dieses Mädchen – Louise Bourget oder wie sie hieß. Sie schien jemanden zu erwarten. Als sie mich sah, guckte sie enttäuscht und verschwand sofort in die Kabine. Ich dachte mir natürlich nichts dabei. Ich ging einfach weiter wie verabredet und holte mir – äh – das Zeug von dem Mann. Ich bezahlte und – äh – redete kurz mit ihm. Dann ging ich zurück. Und genau als ich um die Ecke komme, da sehe ich, wie jemand an die Tür von diesem Dienstmädchen klopft und hineingeht.»
    Race sagte: «Und dieser Jemand war –?»
    Peng!
    Die Explosion krachte durch die Kabine. Es roch säuerlich und beißend nach Pulverrauch. Mrs. Otterbourne machte eine sachte Drehung seitwärts, dann kippte ihr Körper vornüber und fiel schwer zu Boden. Aus einem akkuraten runden Loch genau hinter ihrem Ohr strömte Blut.
    Einen Augenblick lang schwiegen alle wie betäubt. Dann sprangen beide einsatzfähigen Männer hoch und setzten sich, leicht behindert durch die Leiche, in Bewegung. Race beugte sich über sie, während Poirot mit einem katzenhaften Satz zur Tür und an Deck sprang.
    Es war leer. Auf dem Boden genau vor der Türschwelle lag ein großer Colt.
    Poirot sah in beide Richtungen. Das Deck blieb leer. Dann rannte er zum Heck. Gleich hinter der Kurve stieß er mit Tim Allerton zusammen, der mit Riesenschritten aus der entgegengesetzten Richtung kam.
    «Was zum Teufel war das?», keuchte Tim atemlos.
    Poirot fragte barsch: «Ist Ihnen jemand entgegengekommen auf Ihrem Weg hierher?»
    «Entgegengekommen? Nein.»
    «Dann kommen Sie mit.» Er packte den jungen Mann am Arm und lief zurück. Mittlerweile hatte sich eine kleine Ansammlung gebildet. Rosalie, Jacqueline und Cornelia waren aus ihren Kabinen gestürzt. Andere kamen aus dem Salon das Deck entlang – Ferguson, Jim Fanthorp und Mrs. Allerton.
    Race stand neben dem Revolver. Poirot drehte sich zu Tim Allerton und fragte barsch: «Haben Sie Handschuhe in der Tasche?»
    Tim nestelte. «Ja, habe ich.»
    Poirot nahm sie ihm ab, zog sie an und beugte sich hinunter, um den Revolver zu untersuchen. Das tat auch Race. Alle anderen sahen atemlos zu.
    Race sagte: «Der ist nicht andersrum gegangen. Fanthorp und Ferguson saßen auf diesem Deck in der Lounge; sie hätten ihn gesehen.»
    Poirot erwiderte: «Und Monsieur Allerton wäre ihm begegnet, wenn er nach achtern gelaufen wäre.»
    Race zeigte auf den Revolver. «Ich bilde mir ein, dass wir den vor gar nicht so langer Zeit schon mal gesehen haben. Muss man aber noch mal überprüfen.»
    Er klopfte an Penningtons Kabinentür. Niemand antwortete. Die Kabine war leer. Race lief zur Kommode und riss die rechte Schublade auf. Der Revolver war weg.
    «Das wäre geklärt», sagte Race. «Und jetzt – wo ist Pennington selbst?»
    Sie gingen wieder auf das Deck. Mrs. Allerton war jetzt auch dabei.
    Poirot ging sofort zu ihr. «Madame, nehmen Sie Mademoiselle Otterbourne zu sich und passen Sie auf sie auf. Ihre Mutter ist» – er sah Race kurz fragend an, und Race nickte – «umgebracht worden.»
    Dr. Bessner kam polternd herbei. «Gott im Himmel! Was ist denn jetzt wieder?»
    Sie machten ihm Platz. Race deutete auf die Kabine. Dr. Bessner lief hinein.
    «Pennington suchen», sagte Race.

Weitere Kostenlose Bücher