Der Tod aus dem Norden
neben der Leiche und schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht, Inspektor, tut mir leid. Es will einfach nicht in meinen Kopf.«
»Kann ich mir denken, Reverend. Auch für mich ist es in gewisser Hinsicht unverständlich, aber mein Freund John Sinclair und ich haben uns leider daran gewöhnen müssen.«
Castor mußte einfach reden, nur so konnte er die Vorgänge verarbeiten.
»Das ist für mich alles zuviel. Ich… ich habe sogar den Eindruck, als hätte der Teufel seine Hand im Spiel.«
»So können Sie es auch sehen. Nur ist es ein anderer Teufel als der, den wir kennen. Diese Krieger sind in das Feld der Schwarzen Magie hineingeraten, die ihren Ursprung in Afrika hat, sich Voodoo nennt und mit lebenden Leichen zu tun hat, den sogenannten Zombies. Denn darauf läuft es letztendlich hinaus.«
»Wie sind die Wikinger denn zu lebenden Leichen geworden, Inspektor? Können Sie mir das sagen?«
»Leider nein. Ich war nicht dabei. Ich weiß nur, daß die Puppe eine Rolle gespielt haben muß.«
»Ja, bestimmt.« Castor schaute zum Jeep hin, wo die Türen noch offenstanden. Selbst der scharfe Wind hatte sie nicht zugedrückt.
»Wir werden trotzdem dabei bleiben, Reverend, und die Puppe in Ihre Kirche schaffen.«
»Wie Sie meinen. Fahren Sie, bitte. Ich fühle mich nicht in der Lage. Es war ein wenig zuviel.«
»Klar doch.« Bevor Suko einstieg, gab er dem Geistlichen noch den Rat, nur keine Nadeln mehr aus dem Körper zu zupfen.
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Sie saßen nebeneinander; der Reverend hatte die Hände gefaltet. Möglicherweise betete er stumm.
Suko ließ den Motor an. Er lief zunächst etwas stotternd, aber man konnte sich auf ihn verlassen. Der Wagen wurde durchgeschüttelt, und Suko ließ ihn rückwärts aus der Lücke rollen.
Dann erst konnte er drehen.
Castor hatte sich unbequem hingesetzt. Sein Blick war über die Schulter in den Fond gerichtet, wo die Puppe lag und nicht zwischen die Sitzbänke gerutscht war.
Der Inspektor hatte sich den Weg eingeprägt, so kam er auch ohne die Hilfe seines Begleiters zu recht.
Die Wucht des Sturms hatte tatsächlich nachgelassen. Was jetzt an Bäumen noch stand, würde nicht mehr geknickt werden und auch kein Geäst mehr verlieren.
Die Reifen des Wagens waren noch in Ordnung. Sie kamen überall durch, denn das Unwetter hatte es geschafft, den Wald innerhalb von Minuten in ein Chaos zu verwandeln.
Castors Haltung war gespannt, wie die eines Läufers kurz vor dem Start. Es war ihm anzusehen, wie sehr es hinter seiner Stirn arbeitete. Er dachte wahrscheinlich über das eigentlich Unmögliche nach, hütete sich jedoch, weitere Fragen zu stellen.
Beide Männer atmeten auf, als sie den Wald ohne Schaden hinter sich gelassen hatten.
Der Kirchturm ragte in den grauen Himmel. Von seinem Dach fehlte ein Stück. Der Geistliche war sicher, daß es Ende des Jahres eine neue Turmeinwcihung geben würde.
»Den nächsten Weg fahren Sie links hinein. Wir können den Haupteingang nehmen.«
»Gut.«
»Wissen Sie, Inspektor, so etwas hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Wenn wir die verdammte Puppe in die Kirche bringen, kommt es mir vor, als würden wir den Teufel hineinschleppen. Sehr recht ist mir das nicht, das müssen Sie mir glauben.«
»Sicher, nur, haben Sie einen besseren Vorschlag?«
»Leider nein.«
Auch jetzt, wo der Sturm etwas abgeflaut war, ließ sich keiner der Bewohner im Freien blicken. Die Menschen waren gewarnt worden. Sie hatten Angst davor, die Häuser zu verlassen. Noch immer flogen Schindeln und große Reetstücke von den Dächern.
Neben dem Eingang stoppte Suko den Wagen. Der Geistliche verließ ihn als erster. Den Schlüssel hielt er bereits in der Hand. Er mußte ihn zweimal drehen, dann war die Tür offen.
Suko hatte die Puppe mittlerweile hervorgeholt. Sehr vorsichtig trug er sie auf seinen Armen. Eine kostbare Statue hätte er nicht behutsamer angefaßt.
Über den Kirchplatz heulte der Wind und zerrte an allem, was sich ihm in den Weg stellte. Auch die Puppe wollte er aus den Händen des Inspektors reißen.
Das schaffte er nicht, weil Suko sie mit seinem Rücken deckte. Der Reverend hielt ihm die Tür auf, so konnte Suko die Kirche ohne Schwierigkeiten betreten.
Das Schiff präsentierte sich in einem düsteren Halbdämmer. Blaß wirkten die Umrisse der Fenster. Wie durch ein Wunder hatten alle Scheiben gehalten. Nur über ihnen, wo der Wind einen Teil des Turms abgerissen hatte, pfiff der Wind durch die
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