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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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klopfte Spreu von ihrem Kittel ab, als der ältere Herr im sandfarbenen Anzug vor ihr stand und seinen Hut zur Begrüßung gelüftet hielt.
    – Sind Sie die Bäuerin?
    Irmi schüttelte den Kopf.
    – Die ist nicht hier.
    – Ist sie auf dem Feld?
    Irmi deutete den Berg hinauf.
    – Sie ist oben auf der Alm.
    – Gehört die auch zum Hof?
    – Freilich.
    – Und wie lange geht man da hoch?
    – Da braucht es noch zwei Stunden Fußmarsch.
    – Zwei Stunden?
    Sie zuckte die Achseln, nickte aber dann. Er blickte auf seine Uhr. Irmi wies zum Himmel.
    – Sieht nicht gut aus. Im Berg ist ein Gewitter sehr gefährlich.
    Er nickte und wirkte dabei unentschlossen. Irmi trat aus dem Stall.
    – Könnte ich vielleicht ein Glas Wasser haben, fragte er.
    – Natürlich.
    Irmi wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und wies dann auf die Bank vor dem Haus.
    – Setzen Sie sich.
    Sie ging hinein und kam nach einer Weile mit einem Krug Wasser und einem Teller zurück, auf dem ein Stück Hefezopf lag. Er beugte sich interessiert darüber.
    – Selbst gebacken?
    – Freilich.
    Als er sich Wasser eingoss, fiel ihr auf, dass er Lederhandschuhe trug, die am Handrücken halb offen waren. Sportwagenfahrer trugen solche.
    – Was sind Sie denn für ein Landsmann?
    Überrascht blickte er auf.
    – Schweizer, sagte er schließlich.
    Er hatte ihr Stirnrunzeln wohl bemerkt, überging es jedoch. Sie machte Anstalten, ins Haus zu gehen. Bevor sie den Eingang erreicht hatte, fuhr ein weiterer Windstoß über den Hof. Obwohl der ältereHerr rasch reagierte, konnte er nicht verhindern, dass die Böe ihm den Hut vom Kopf riss. Er fasste ins Leere. Der Hut rollte zum Haus hin, wo Irmi stehen geblieben war. Sie bückte sich und hob ihn auf. Interessiert musterte sie den Hut und betrachtete auch das Innere.
    – Schönes Stück, sagte sie. Ich versteh was davon.
    Das Schweißband war aus Leder, wenn man es herunterklappte, bemerkte man das eingenähte Schild, auf dem der Hutmacher den Namen des Besitzers festgehalten hatte. Für den Fall, dass das teure Stück verloren ging und einem ehrlichen Finder auf die Sprünge geholfen werden musste.
    – Ihr Dialekt mag ja klingen wie bei einem Schweizer …
    Irmi zwinkerte, als sie den Hut vor ihn auf den Tisch legte. Betroffenheit und tiefe Kümmernis verschatteten seine bis dahin so freundliche Miene. Er öffnete sein Futteral. Irmi trat ein weiteres Mal den Gang in die Küche an.
    Der erste Schuss traf sie auf der Treppe. Die Kugel drang in den Hinterschädel ein. Sie knickte so rasch ein, dass auch der zweite Schuss, der tiefer angesetzt war, den Hinterkopf traf. Dann schlug sie mit dem Gesicht vorneweg auf der Schwelle auf.
     
17.
    Mit der Dämmerung legte sich langsam Dunkelheit über Wiesen und Felder. Unbeeindruckt davon schlenderte ein alter Mann in Militärbermudas und Schnürstiefeln den breiten Ottenrainer Lehrpfad entlang in den Wald hinein. Die aufgestellten Tafeln interessierten ihn nicht. Das Paar, das eng umschlungen vor ihm ging, fühlte sich in seinen Absichten gestört und zog es vor, die Abzweigung zum Dorf zurück zu nehmen. Der Mann blieb stehen und überprüfte den voluminösen Chronometer, den er am Handgelenk trug. Hinter der Wegbiegung lichtete sich der Wald, und man hatte einen Blick aufdas Schloss hinüber. Eben noch hatte das Gebäude im Dunkeln gelegen, doch nun zog ein strahlendes Licht herauf, so als würde es von der Rückseite her illuminiert. Hügel und Schloss waren von einer hellen Aura umgeben, bis endlich der klar konturierte Rand des aufgehenden Mondes über dem Dach erschien. Der Mann warf noch einen Blick auf seine Uhr und nickte zufrieden.
    Ganz nah ertönte der Ruf einer Eule. Bald war der Wald in milchiges Licht getaucht, und der Spaziergänger erkannte mühelos hinter den Bäumen Haus Moosrain. Durch das Unterholz hindurch näherte er sich der ehemaligen Jagdhütte. Bevor er aus dem Wald heraustrat, überprüfte er die Umgebung. Er holte aus seinem Rucksack ein Fernglas und kämmte Haus und Garten so gründlich ab, als sei das Objekt in optische Planquadrate eingeteilt. Fledermäuse umschwirrten das Anwesen. Sonst lag alles ruhig da. Mit einer Fechterflanke überquerte er erstaunlich gelenkig den Zaun. Das Haus war mit einem rot-weißen Signalband abgesperrt.
Betreten verboten, Polizei!
stand dort zu lesen. Er scherte sich nicht darum und schlüpfte dar unter hindurch. Die Haustür war versiegelt, der Mann schien nichts anderes erwartet zu haben. Er ging

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