Der Tod bin ich
werden wir uns an deinem Vater schadlos halten. Ist das nun bei dir angekommen?
Ich nickte. Malikow knöpfte seinen Mantel zu. Besah sich alles noch einmal von der Tür aus und verschwand.
43.
In der Westberliner Vertretung der USA an der Clayallee herrschte Hochbetrieb. Und dicke Luft. Was dort im Büro nebenan im Einzelnen verhandelt wurde, wusste Selma nicht. In Zürich war einiges gründlich schiefgelaufen, so viel war klar. Wie in solchen Fällen üblich, erstellte man einen
damage report
. Zu Anfang der Sitzung hörte man nur das Gebrüll von Salantino. Nach einer halben Stunde war Kaffeepause. Rothfuss, Razor und die anderen schlichen betreten herum, wagten kein lautes Wort. An Salantinos grauem Jackett zeichneten sich unter den Achseln dunkle Schweißflecken ab. Offenbar hatte er sich vollständig verausgabt. Die zweite Runde der Besprechung verlief dann ruhig und konzentriert. Razor unternahm einen Versuch, die Probleme zu ordnen.
– Okay, die Sache ist völlig aus dem Ruder gelaufen, darüber sind wir uns einig. Problem Nummer eins: Woher wussten die Russen von dieser Aktion?
– Und wieso hast du nicht gemerkt, dass sich dieses Pfannkuchengesicht an deine Fersen geheftet hat, warf Joe ein.
– Weil ich von euch keine Warnung bekommen habe, dass ich unter Feuer stehe. Wäre ja auch eine Möglichkeit, oder?
Joe zuckte die Achseln.
– Gut, räumte er ein, da kam eins zum anderen. Jedenfalls hatte keiner von uns damit gerechnet, dass die Russen da ihre Finger mit drin haben könnten.
– Oftenhain, warf Rothfuss in die Runde. Womöglich ist er ein Doppelagent?
– Auch das muss man durchspielen. Aber angenommen, er wäre die undichte Stelle, woher hätte er denn wissen sollen, dass ich in Wollishofen zusteige? Der Kerl war mir doch an den Hacken. Außerdem, was soll der Unsinn, das Päckchen für uns zu deponieren, um es uns hinterher abzunehmen? Die direkte Übergabe wäre unauffälliger und sicherer gewesen.
Schweigen breitete sich aus. Schließlich beugte sich Joe vor, sein Blick hatte etwas Lauerndes.
– Und was ist mit deiner Schwalbe?
– Svetlana?
– Die hatte doch auf beiden Seiten die Finger drin.
Auf Razors Gesicht bildeten sich rote Flecken.
– Ich habe die Frau gecheckt und rekrutiert. Dass sie eine Überläuferin ist, kann man ausschließen.
Razors Stimme klang belegt. Es bereitete ihm große Probleme, den Tumult in seinem Kopf unter Kontrolle zu halten. Der Russe könnte sie sexuell hörig gemacht haben. Behandelte sie ohnehin wie eine Nutte, der man nach Belieben Schläge verabreichte. Razor wischte sich mit dem Taschentuch die Stirn.
Joe hatte seine Grimassen gespannt beobachtet.
– Bist du noch bei Trost? In unserem Job wird nie etwas ausgeschlossen,wir glauben nur an Fakten. Ich möchte eine penible Sicherheitsüberprüfung von allen, die über die Aktion Bescheid wussten. Auch von Oftenhain. Bert?
Bert Milner arbeitete in der Verschlüsselungsabteilung. Alles, was an Nachrichten hereinkam oder hinausging, lief über seinen Tisch. Milner hatte gerade das Muttermal auf seinem haarigen Unterarm studiert und fuhr hoch.
– Nimmst du das mal zu Protokoll.
Bert nickte und schrieb.
– Problem zwei: Wer ist uns da in die Quere gekommen?
Razor blickte in die Runde. Vince Loewenstein hob die Hand. Loewenstein war Diplomat und galt als Vertrauter des Konsuls.
– Muss man politisch sehen, denke ich. Im Nachgang zeichnet sich ein Erfolg der Genfer Konferenz ab. Damit kämen wir zu einem Moratorium bei Kernwaffenversuchen, mittelfristig sogar zu einem vertraglich geregelten Stopp. Staaten, die unser Rüstungsniveau erklimmen wollen, läuft die Zeit davon. Logischerweise sind gerade die, denen wir die Tür vor der Nase zuschlagen, scharf darauf, in der Wissenschaft nach vorne zu kommen, um den Aufbau einer eigenen Atomtechnologie voranzutreiben. Die knappe Zeit würde auch das aggressive Vorgehen erklären.
– Deutsche, Franzosen und Chinesen also, resümierte Joe.
Loewenstein nickte.
– Problem Nummer drei, fuhr Razor fort, Petris Tod. Mord oder Selbstmord?
Rothfuss schaltete sich ein.
– Dass es Mord war, ist definitiv vom Tisch.
– Sehe ich nicht so, sagte Loewenstein. Wir haben uns große Mühe gemacht, diese Flut von Presseberichten auszuwerten. Deren Tenor ist Mord.
– Mag ja sein, Vince, sagte Rothfuss. Petri ist Nobelpreisträger.Wenn eine so prominente Persönlichkeit erschossen aufgefunden wird, macht das gehörig Wirbel. Aber was da in den
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