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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Verfügung stellen. Als Veranstaltungssaaldürfte unsere Aula ausreichend sein, für Kolloquien stehen die Besprechungsräume eins bis acht zur Verfügung. Hotelzimmer vermitteln wir nur, buchen sie aber nicht selbst.
    Das Telefon klingelte. Frau Rose zog missbilligend ihre linke Augenbraue hoch, ging dann aber doch an den Apparat. Ich blickte mich um. Ihr Zimmer war tadellos aufgeräumt. Papiere, Stifte und Bücher, alles hatte seinen Platz. Andere Sekretärinnen im Institut hatten gerahmte Fotos ihrer Familie, Pferdekalender, Sinn- oder Scherzsprüche aufgehängt, bei ihr fand sich nichts dergleichen. Was ihre persönlichen Vorlieben und Interessen anging, gab sie sich im Büro keine Blöße.
    – Ein kleines Problem mit unserem Besuch aus Japan. Ich muss Sie für ein paar Minuten alleine lassen.
    Sie stöckelte aus dem Raum. Da die Tür offen stand, sah ich, wie sie in energischen kurzen Schritten den Gang entlangging. Frau Rose war eine elegante Erscheinung. Sie trug zur obligatorisch weißen Bluse ein dunkles Kostüm, hatte ihr ebenfalls dunkles Haar dezent nach hinten toupiert. Lippenstift und unaufdringliches Make-up waren unter den Institutsdamen gängig, einen kräftigen Lidstrich und getuschte Wimpern gestattete sich nur Frau Rose. Ihr Alter war schwer zu schätzen, aber sie mochte nahe vierzig sein. Am Ende des Gangs sah ich sie in den Aufzug steigen.
    Ich fischte mir noch zwei Biskuits von der Schale und trank Tee. Von ihrem Fenster aus hatte man einen Blick auf die Straße und den Haupteingang. Ich ging ein wenig im Zimmer auf und ab, da sie so lange auf sich warten ließ. Weil sich nichts weiter tat, gab ich mir einen Ruck und trat hinter ihren Schreibtisch. Die Schubladen waren verschlossen, aber der Schlüssel zur zentralen Verriegelung steckte noch in der Mitte. Die erste Schublade, die ich öffnete, enthielt ein Sammelsurium aus Schminkutensilien, Medikamenten, Büroklammern und Stiften. Alles lag durcheinandergeworfen. In die unterste warenlöchrige Nylons und ein rosafarbener Schlüpfer hineingestopft. Nur in der obersten Schublade lagen Schreibmaschinenpapier, verschiedenfarbiges Durchschlagpapier, Tipp-Ex-Blättchen und Kugelschreiber säuberlich sortiert. Ich verschloss ihn wieder und setzte mich.
    Mit gegenüber lag immer noch ihr Kalender. Ich zog ihn zu mir her und blätterte darin. Auffallend war, dass er dem ersten Eindruck nach keinen ausgeschriebenen Namen aufwies. Im Adressteil standen vorwiegend Nummern, für unsere Verabredung heute war nur
O.
notiert. Dann stieß ich in der Vorwoche auf einen Eintrag, der mit
R.
bezeichnet war. Ich rechnete nach, er stimmte mit dem Tag überein, den mir Salantino als Datum genannt hatte.
    In Gedanken versunken saß ich noch eine ganze Weile da, schließlich packte ich meine Mappe zusammen und ging in mein Büro zurück. Es gelang mir nicht, mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Ich wechselte das Farbband meiner Schreibmaschine. Dann bemerkte ich in der Ecke über dem Fenster ein Spinnennetz. Ich stieg auf den Stuhl und versuchte, es mit dem Taschentuch wegzuwischen. Auch die Spinne hätte ich gerne gefangen, aber sie entkam mir und verschwand hinter dem Bücherregal. Als ich das Taschentuch zum Fenster hinaus ausschütteln wollte, sah ich, dass sich eine Fliege in die klebrigen Fäden verstrickt hatte.
    Eine weitere halbe Stunde später klingelte mein Telefon.
    – Ich muss mich furchtbar entschuldigen. Die Japaner haben mich derart auf Trab gehalten, dass ich im Verlauf dieses ganzen Hin und Hers unseren Termin schlichtweg vergessen habe. Ehrlich gesagt fiel er mir erst wieder ein, als ich in meinem Zimmer das Teegeschirr stehen sah.
    Ihre Offenheit überraschte mich. Aber sicher spürte sie, dass mich ihr Verhalten mehr verletzt hatte, als ich zugeben mochte.
    – Ich koche heute Abend Coq au Vin, nichts Großes, aber ich würde mich freuen, wenn ich Sie dazu einladen dürfte.
    – Buße muss sein?
    Ich hatte sie noch nie lachen gehört. Ihr Lachen hatte eine raue, dunkle Färbung.
    – Dann erteilen Sie mir also die Absolution?
    – Wenn ich die Getränke beisteuern darf!
    – Nicht nötig! Neunzehn Uhr, Habsburger Platz, das Haus mit dem Schreibwarenladen.
     
13.
    Der Habsburger Platz war von meiner Wohnung aus gut zu Fuß zu erreichen. Mit einer Flasche Beaujolais unter dem Arm, die ich noch an der Münchner Freiheit besorgt hatte, stieg ich in den dritten Stock hinauf.
    – Kommen Sie herein!
    Die Tür war nur angelehnt. Meiner Vorstellung

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