Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
Tisch haben, wir werden wohl nicht umhinkommen, ihn einzuladen.
    Er reichte mir einen Brief. Er trug das Wappen des St. Matthew’s College. Ich kannte das Schild mit den gekreuzten Schwertern, denn das College an der Universität von Cambridge galt in der Physik als eines der renommiertesten. Ich wendete ihn und erkannte David Ashton als Absender.
    – Was ist das Problem?
    Kaltenbrunner runzelte die Stirn.
    – Es gibt kein fachliches, nur ein, sagen wir: psychologisches.
    – Welcher Art denn?
    – Ich dachte, Sie haben damals in Zürich mit ihm gearbeitet?
    Ich nickte.
    – Dann kennen Sie das Drama seiner Karriere?
    – Freilich. Gell-Mann ist ihm zuvorgekommen. Man darf davon ausgehen, dass er demnächst den Nobelpreis dafür erhält.
    Kaltenbrunner besah seine Hände.
    – Wir müssen sein Problem mit Feinfühligkeit behandeln. Gell-Mann hat uns beigebracht, dass Hadronen aus Quarks aufgebaut sind. Zweig ist mit seinen
Aces
ebenso zu spät gekommen wie Ash ton mit seinen
Snarks
. Bitter, aber einer ist eben vorne.
    Ich verstand immer noch nicht, was Ashtons Fall mit dem Symposion zu tun hatte.
    – Ashton hat nun mehrfach an mich appelliert. Als Freund von Petri und aus der engen Zusammenarbeit mit ihm müsste ich dochwissen, dass er schon damals dieses Konzept praktisch fertig vorliegen hatte. Das stimmt auch, Petri hat mir das ausführlich geschildert. Aber Fakt ist auch, dass Ashton es mathematisch nicht ausführen konnte. Kurz und gut: Ashton hat mich gebeten, Kontakt mit Gell-Mann aufzunehmen, um ihn dazu zu bewegen, ihm eine kollegiale Referenz zuzubilligen, die ihn an der Entdeckung der Quarks teilhaben lässt.
    Kaltenbrunner schaute mich fragend an.
    – Und genau das werde ich nicht tun. Weder bin ich zum Gottvater der Physik berufen, noch ist es bei uns üblich, die Arbeit eines geschätzten Kollegen zu schmälern.
    – Vollkommen richtig.
    Er zuckte die Achseln.
    – Mit der wissenschaftlichen Zeugung ist es wie mit der biologischen: nur einer kommt durch, auch wenn alle denselben Weg nehmen.
    – Und wie sollen wir dann in seinem Fall vorgehen?
    – Verschaffen Sie ihm einen prominenten Auftritt. Mehr Balsam für die geschundene Seele können wir nicht bieten.
    – Und das Thema des Symposions? Sie erwähnten es noch gar nicht.
    Kaltenbrunner lächelte.
    – Allgemeine Feldtheorie. Oder, wenn Sie für Aufsehen in der Öffentlichkeit sorgen wollen, nennen Sie es: Weltformel. Wie es beliebt!
     
12.
    Frau Rose schlug als Ort unseres Treffens ihr Büro vor. Sie war vor einigen Jahren mit glänzenden Referenzen von der
Euratom
in Brüssel gekommen, wo sie als Fremdsprachenkorrespondentin gearbeitet hatte. In München war sie als Chefsekretärin dem InstitutsvorstandKaltenbrunner zugeordnet, von einfachen Verwaltungstätigkeiten wie Korrespondenz und Telefonvermittlung war sie jedoch längst entbunden. Kaltenbrunner hatte noch nie Interesse an administrativen Tätigkeiten gezeigt, aber er füllte die Rolle einer Galionsfigur vorzüglich aus, die ein neu gegründetes Institut wie das unsere brauchte, um rasch an Renommee zu gewinnen. Außerdem zog er sich immer wieder gerne in seine Berghütte bei Kochel zurück, wenn ihm neue Ideen im Kopf umgingen. Diese Lücke wusste Frau Rose zu füllen, sie bewies großes Geschick bei der Organisation von Veranstaltungen, sprach fließend Englisch, Französisch, sogar Russisch und verfügte über die nötige Diplomatie im Umgang mit empfindlichen Forscherseelen. Obwohl sie niemand so nannte, fungierte sie eigentlich als Verwaltungsdirektorin. Wahrscheinlich tauchte sie schon deshalb auf der Liste der Personen auf, zu denen Salantino von mir nähere Informationen angefordert hatte.
    Sie hatte Tee und Ingwer-Biskuits für unsere Besprechung bereitgestellt. Beides teilte sie mir zu und sie ließ auch sonst keinen Zweifel, wer die Federführung in organisatorischen Fragen übernehmen würde.
    – Am wichtigsten sind Einladungsliste und Agenda. Daraufhin entwerfen Sie ein Anschreiben, ich lasse das hier abtippen und zustellen.
    Sie blätterte in dem Kalender, den sie aufgeschlagen vor sich hingelegt hatte.
    – Geplant ist, wie ich gehört habe, Juni nächsten Jahres. Also sollten mir diese Unterlagen bis Ende dieses Jahres vorliegen.
    – Kein Problem.
    – Referenten werden nach dem Honorarrahmen des Instituts vergütet. Die Sammlung und Redaktion der vorab überlassenen Skripte liegt bei Ihnen, unsere Hausdruckerei könnte geheftete Exemplare als Tagungsunterlage zur

Weitere Kostenlose Bücher