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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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sie leichtfüßig das Thema, erzählte von ihrer Zeit in Brüssel, den Restaurants im Quartier des Sablons, den Antiquitätenmärkten und einem Blackout, den sie beim Besuch des sudanesischen Botschafters erlitten hatte. Sie lachte, trank und parlierte. Ich bekam in diesem Gespräch nie wirklich einen Fuß auf den Boden. Meinen Vorstoß, Kaltenbrunners Schock beim Auffinden der unbekannten Leiche, parierte sie mit der Bemerkung, dass sie über den Institutsalltag und die hässlichen Dinge des Lebens heute Abend gewiss nicht reden wolle.
    Sie erwies sich im Umgang mit mir gewandt und schlagfertig. Vor allem aber changierte sie mühelos zwischen Scherz und Ernst und hielt dadurch alles, was sie sagte, in der Schwebe. Schließlich gab ich auf. In meinem Kopf hatte sich alles verwirbelt, was blieb, waren Plaudereien. Wo wir allerdings an diesem Abend noch landen würden, wusste ich nicht.
    – Sie gehen jetzt am besten nach nebenan, solange ich das Geschirr hier zusammenräume. Und vergessen Sie Ihr Glas nicht!
    Sie schenkte mir nach.
    – Falls Sie sich die Hände waschen möchten, erste Tür rechts!
    Ihr Bad wirkte vom ersten Eindruck her wie ihr Büro. Nichts stand herum, alles war in Schränken verstaut. Ich drehte den Wasserhahn auf und öffnete den Spiegelschrank. Cremetöpfe, Pillenschachteln und Kosmetika standen dort ungeordnet hineingestopft. Auch hinter der zweiten Tür bot sich ein ähnlicher Eindruck. Auf der Ablage stand ein Herren-Toilettenbeutel aus dunklem Leder. Ich zogden Reißverschluss auf. Leider hatte ich die dahinter stehende Puderdose nicht bemerkt. Sie fiel zu Boden. Mit feuchtem Toilettenpapier beseitigte ich die Spuren dieses Malheurs. Dann nahm ich den Inhalt des Beutels in Augenschein. Neben Rasierzeug fand sich dort eine Packung mit Kondomen, dazu ein Fläschchen Brillantine, das mir Razors Frisur in den Sinn rief.
    Ich setzte mich im Wohnzimmer auf einen der Schalensessel. Aus der Küche hörte man immer noch das Klappern von Geschirr. Frau Rose war offenbar beschäftigt und hatte sicher keine Notiz davon genommen, dass ich mich lange im Bad aufgehalten hatte. Durch den Fund dort war ich alarmiert und sah mich genauer nach weiteren Anzeichen um, die auf Razor hindeuten könnten. Im Regal waren verschiedene Illustrierte in großen Stapeln gesammelt. Auch einige ältere Tageszeitungen waren dort aufgehoben. Als ich sie durchsah, bemerkte ich, dass die Nummern noch vorhanden waren, in denen über den Tod des unbekannten Amerikaners berichtet worden war.
    Mit einem Tablett in der Hand, auf dem sie den Wein platziert hatte, betrat Frau Rose das Wohnzimmer.
    – Musik?
    Ohne meine Antwort abzuwarten, sah sie ihre Schallplattensammlung durch. Schließlich legte sie einen französischen Chansonnier auf, dessen Namen ich nicht kannte. Im Zimmer roch es nun nach ihrem Parfüm, das mich an gebrannte Mandeln erinnerte. Frau Rose hatte sich vor mir auf den Boden gesetzt, in eines der Sitzkissen gebettet. Ihre Brüste pausten sich ganz deutlich durch den engen Nicki.
    – Wollen wir tanzen?
    Sie war aufgestanden und streckte beide Hände nach mir aus. Ich wehrte ab.
    – Männer wollen nie tanzen.
    Trotz dieser Feststellung ignorierte sie meine Weigerung, zogmich aus dem Stuhl und schmiegte sich an mich. In wiegenden Tanzschritten führte sie mich im Zimmer umher. Hinter ihrem Ohr roch es stark nach ihrem Parfüm, ein Duft von Bittermandel in gebrannter, karamellartig süßer Hülle. Ihre weichen Brüste lagen eng an mir und ich spürte beim Tanzen, wie sie sich bewegten. Das Blut stieg mir zu Kopf, mir wurde heiß und ich fühlte mich schwindlig wie einer, der in dünne Höhenluft geraten war. Ich hätte mich gerne dem Wirbel, der sich in meinem Kopf zu drehen begann, weiter überlassen, hätte gerne meine Hand unter ihren Pullover geschoben, um ihre nackte Haut zu tasten, aber ich nahm ganz deutlich das Kommando wahr, das wie ein Dorn mit schmerzhaftem Druck auf meinem Hinterkopf saß, mich keinesfalls mit dieser Frau näher einzulassen.
    Als das Stück verklungen war, fasste ich ihre Hände und führte sie leicht an meine Lippen.
    – Ich habe mich bei Ihnen für einen wundervollen Abend zu bedanken.
    Überrascht blickte sie mich an. Ihre Lippen kräuselten sich und zeigten wieder jenen ironischen Zug wie zuvor.
    – Dann vielleicht ein andermal.
    Ihre Lippen berührten meine Wangen. Mein Erstaunen konterte sie mit einem Lachen.
    – Trois bisous! So halten es die Franzosen beim Abschied.
    Sie

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