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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Reichen wohnen. Am Meer sind Strände und großzügige
Grünanlagen, im Osten bilden sanft gewellte, runde Hügel eine natürliche
Schutzmauer. Die natürliche Schönheit des Ortes gewinnt noch an Gefälligkeit
durch die anmutige spanische Architektur, die die Entwicklungsgeschichte in der
Stadt widerspiegelt. In den letzten Jahren ist Santa Barbara zu einem der
beliebtesten Urlaubsgebiete Kaliforniens geworden und zu einer Zuflucht der
Reichen und Berühmten, von denen viele dem billigen Glanz des südlich gelegenen
Hollywood zu entfliehen suchen.
    Mein Bungalow war nicht in einem der
exklusiven Viertel dieser Leute, sondern etwa in der Mitte zwischen den Hügeln
und der Küste, einer Siedlung, die noch etwas von einem barrio hat. Die
Nachbarskinder spielten auf der Straße Ball, wie ich das früher getan hatte.
Ich stellte meinen Wagen in der Einfahrt ab, winkte ihnen zu und ging zur
Vorderveranda hinauf.
    Das Haus war ein typischer
kalifornischer Bungalow, aus Stein gebaut, sauber verputzt, grün gestrichen.
Der Anstrich allerdings war nicht mehr besonders schön, auch wenn die große
Palme vor dem Haus und die Fuchsie, die die Veranda umrankte, das zum großen
Teil verbargen. Eines Tages würde ich das Geld für einen neuen Anstrich
hinblättern müssen, das war mir klar. Ich nahm die Post aus dem Kasten — schon
wieder drei Rechnungen — und ging hinein.
    Die Hitze des Tages hatte sich in den
geschlossenen Räumen gestaut. Ich machte erst einmal die Fenster auf, schlüpfte
aus den Schuhen und legte die Rechnungen auf meinen kleinen Schreibtisch.
Irgend etwas hatte ich doch erledigen wollen. Ach ja, die Wiederzulassung
meines Wagens. Ich schrieb einen Scheck an die Zulassungsstelle aus, steckte
ihn in einen Umschlag und klebte den zu. Alles andere konnte warten bis nach
der Eröffnung.
    Ich holte mir in der altmodischen Küche
ein Glas Weißwein und setzte mich damit ans offene Fenster. Der kühle Luftzug
tat gut. Die Spätnachmittagssonne warf lange Schatten auf die glänzenden
Holzdielen des Fußbodens, und der feine weiße Vorhang bauschte sich leicht. Zum
erstenmal an diesem Tag spürte ich etwas wie Ruhe und Gelassenheit. Dieses Haus
war meine Zuflucht, der Ort, wo ich mich am wohlsten fühlte. Ganz natürlich
eigentlich, ich war ja in diesem Haus geboren und aufgewachsen, hatte fast mein
ganzes Leben hier zugebracht. Bis zu dem Tag, an dem ich sechs Jahre zuvor mein
Studium abgeschlossen hatte, lebte auch meine Mutter hier. Doch dann hatte sie
plötzlich verkündet, sie wolle das Haus verkaufen.
    Warum? hatte ich gefragt. Weil ihre
beiden Töchter jetzt auf eigenen Füßen stehen könnten und sie in den Ruhestand
gehen wolle.
    Das war verständlich. Seit dem Tod
meines Vaters, als ich drei Jahre alt gewesen war, hatte meine Mutter
ununterbrochen gearbeitet; als Hausangestellte bei den reichen Familien der
Stadt. Sie hatte es geschafft, das Haus abzubezahlen, hatte sogar noch Geld
gespart und mich und meine ältere Schwester Carlota unterstützt, solange wir
studierten. Bei uns war die Tradition des Machismo, die in den meisten
mexikanisch-amerikanischen Familien so bestimmend ist, mit meinem Vater
gestorben. Die Frauen der Familie Oliverez mußten stark und selbständig sein,
meinte unsere Mutter. Wir würden unseren Weg machen und uns von niemandem — ob
Mann oder Frau — unterdrücken lassen. Und sie war die stärkste von uns.
    Meine Mutter hatte ihr Leben lang hart
gearbeitet. Kein Wunder, daß sie die Hände endlich in den Schoß legen wollte.
Sie hatte es verdient. Aber warum gleich das Haus verkaufen?
    Darauf hatte meine Mutter mir erklärt,
daß es oben in Goleta, nicht weit vom Strand, einen Wohnwagenpark mit
Schwimmbad, Freizeitzentrum und künstlerischen Werkstätten gäbe. Dort
organisiere man regelmäßig Ausflüge ins Theater oder zum Konzert, und jeden
Samstag abend gäbe es ein Grillfest. So ein Wohnwagen ließe sich auch viel
leichter sauberhalten als dieses Haus hier. Und außerdem — dies sagte sie mit
einem verschmitzten Lächeln — seien die meisten Leute dort in ihrem Alter. Es
seien sicher auch Witwer darunter.
    Mama! hatte ich entsetzt gerufen.
    Was ich denn eigentlich von ihr
erwartete, wollte sie wissen. Sie habe lange genug ohne Mann gelebt. Aber sie
könne natürlich nicht damit rechnen, daß ich ihre Bedürfnisse verstehen würde.
Ich hätte ja, seit ich alt genug zum Flirten wäre, immer jemanden am Bändel.
    Das brachte meine Proteste zum
Schweigen und machte mich

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