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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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»Was
wollte Vic von Ihnen?«
    »Er hat ein paar Rechnungen, die er
nicht zahlen kann. Wir haben bereits Mahnungen erhalten. Zum Glück sind sie von
Leuten, die sicher bereit sein werden, noch ein wenig zu warten, wenn ich mit
ihnen spreche.«
    Zorn stieg in mir hoch. Die Rechnungen
konnten nicht bezahlt werden, weil Tony erster Klasse nach Südamerika geflogen
war, um auf private Rechnung Kunstschätze zu kaufen. Vielleicht sollte ich
Carlos doch gleich von den Unterschlagungen berichten.
    »Vic sieht nicht gut aus«, bemerkte
Carlos, während ich noch überlegte.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Müde. Und ich habe den Eindruck, daß
er zuviel trinkt.«
    »Er nimmt Franks Tod sehr schwer.«
    »Das ist verständlich. Es war eine
lange Freundschaft.«
    Mir fiel ein, daß Carlos auch im
Verwaltungsrat der Hernandez-Stiftung saß.
    »Kannten Sie die beiden schon, als sie
noch für die Hemandez-Stiftung arbeiteten?«
    »O ja. Frank leistete dort sehr gute
Arbeit. Deshalb schlug ich ihn als Direktor für dieses Museum vor.«
    »Dann haben Sie sich sicher gefreut,
daß er Vic mitbrachte?«
    Carlos’ Miene verdunkelte sich. »Ich
habe Vic sehr gem.« Aber er hatte Vorbehalte.
    »Ich auch. Er ist ein guter Buchhalter,
nehme ich an, wenn ich auch gestehen muß, daß ich über die Finanzen des Museums
kaum etwas weiß.«
    »Das werden Sie schon lernen. Der
Direktor muß mit allen Aspekten vertraut sein.«
    »Direktor?«
    »Sie sind die logische Nachfolgerin für
Frank. Ihre Arbeit in den vergangenen fünf Jahren hat mich sehr beeindruckt.
Ich hätte Sie nicht zur geschäftsführenden Direktorin ernannt, wenn ich nicht
ernsthaft erwöge, Ihnen die Leitung des Museums zu übertragen.«
    Meine Freude war von kurzer Dauer, als
ich mir überlegte, wie Carlos sich wohl zu mir stellen würde, wenn man mich
wegen des Mordes an Frank festnahm.
    Ich murmelte ein Wort des Dankes und
brachte das Gespräch wieder auf Vic.
    »Nun, gut, daß Vic dasein wird. Von ihm
kann ich sicher viel lernen.«
    Wieder verdunkelte sich Carlos’
Gesicht.
    »Beim Personal wird es möglicherweise
Veränderungen geben.«
    »Zum Beispiel?«
    »Tony wird sicherlich gehen. Alles, was
eigentlich zu seinen Aufgaben gehört, erledigen die ehrenamtlichen Mitarbeiter.
Und vielleicht auch Vic.«
    Ahnte Carlos etwas?
    »Warum Vic?«
    »Würden Sie die Tür zumachen, Elena?«
    Ich schloß die Tür und setzte mich
wieder.
    »Solange ich Vic kenne«, begann Carlos,
»hat er gewisse Schwierigkeiten. Sein Leben lang hat sein unscheinbares Äußeres
ihn daran gehindert, eine wirklich gute Stellung als Buchhalter zu bekommen.
Dafür hatte er eine sehr schöne Frau. Sie verließ ihn, kurz ehe er bei der
Hernandez-Stiftung anfing, und nahm ihr einziges gemeinsames Kind, ein kleines
Mädchen, mit. Vic war todunglücklich. Er schickte viel höhere
Unterhaltszahlungen, als er von Gesetzes wegen hätte leisten müssen, so sehr
liebte er das kleine Mädchen, obwohl er es nie zu sehen bekam.« Carlos machte
eine Pause, als wünschte er, er müßte nicht fortfahren. »Als Vic ungefähr zwei
Jahre bei der Stiftung war, wurde das Kind schwer krank. Ich weiß nicht mehr,
was es hatte.«
    »Eine Nierensache«, sagte ich, mich des
Gesprächs mit Vic erinnernd.
    Carlos nickte. »Die Frau hatte keine
Krankenversicherung. Das Kind war nicht in Vics Versicherung eingeschlossen.
Und die Behandlung war teuer. Vic kratzte das Geld für die Krankenhäuser und
die Ärzte irgendwie zusammen, aber das Kind starb innerhalb weniger Monate. Und
ziemlich bald nach seinem Tod entdeckten wir — gewisse Unregelmäßigkeiten in
den Büchern.«
    »Er hatte Geld für die Behandlung
unterschlagen.«
    »Ja.«
    »Gab er es zu?«
    »Ja.« Carlos seufzte. »Da sprang Frank
für ihn in die Bresche. Er sagte, er würde den Schaden wiedergutmachen, wenn
wir Vic behielten. Er sagte, es würde nie wieder vorkommen. Es waren ja auch
außergewöhnliche Umstände gewesen. Er hielt ein richtiges Plädoyer vor dem
Verwaltungsrat, bei dem er an uns als Eltern appellierte.«
    »Und daraufhin behielten Sie Vic.«
    »Ja. Und es ist auch nie wieder etwas
vorgekommen.«
    »Warum wollen Sie ihn dann jetzt
entlassen?«
    »Sagen wir, ich möchte einen ganz neuen
Anfang machen. Obwohl nie wieder etwas vorkam, hatte ich bei Vic immer ein
ungutes Gefühl. Es mag Ihnen unfair erscheinen, aber ich konnte nicht
vergessen, daß Frank derjenige gewesen war, der ihm aus der Patsche geholfen
hatte. Und ich hatte seither ständig das Gefühl,

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