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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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wurde, durfte schon der eine oder andere Slivovitz den Abend verkürzen. Viel spielte sich in dieser engen Gasse nicht ab, wenn einmal eine hübsche Frau vorbeiging, boten beide ihren gesamten Charme auf, um sie auf sich aufmerksam zu machen.
    Mit Frauen sah es heute nicht besonders gut aus, lediglich ein außergewöhnlich gut gekleideter Mann setzte sich an den Nebentisch und verwickelte sie nach wenigen Minuten in ein Gespräch. Er fiel nicht nur durch sein blütenweißes Hemd, die eng geschnittene Hose und die italienischen Mokassins auf, noch auffälliger war der neue Audi A8, aus dem er kurz zuvor ausgestiegen war. Zoran Mitśić hatte sich in der Hierarchie nach oben gearbeitet, durch seine Tätigkeit als Kapitän auf der „Madeleine“ hatte er das Vertrauen vieler korrupter kroatischer Karrieristen erobert. Zoran war von Poreč nach Zagreb übersiedelt, er machte dort immer wieder Botenfahrten für seine Kunden, seine Diskretion wurde ebenso geschätzt wie seine Intelligenz, langsam wurde er mit immer kniffligeren Aufgaben betraut.
    Zoran Mitśić hatte ein gutes Auge für Leute, die er für sein nächstes Geschäft brauchen konnte: Sie durften nicht zu jung sein, die Lust am Abenteuer sollte ihnen aus den Augen leuchten und finanziell durften sie auch nicht wirklich gut dastehen – man musste sie mit einem verlockenden Angebot jederzeit umpolen können. Nachdem er Andrej und Slavko zu einem Glas Wein eingeladen hatte und jeder von ihnen freimütig erzählte, was er im Leben alles getan und versäumt hatte und dabei der Krieg und ihr Umgang mit Waffen eine wichtige Rolle spielten, fragte er sie, ob sie interessiert wären, etwas mehr zu verdienen. Er könne im Moment nicht ins Detail gehen, sagte Zoran, aber am Geld würde es nicht scheitern. Die Methode hatte Zoran schon öfter angewendet: Mit dem Hinweis, auf die Toilette zu müssen, entschuldigte er sich für wenige Minuten und ließ so seinen Gesprächspartnern etwas Zeit, über den – zugegeben nur vage beschriebenen – Vorschlag nachzudenken. Natürlich waren sie von der Möglichkeit, endlich einmal reich zu werden, sehr angetan („Wie sagte Zoran, am Geld sollte es nicht scheitern – aber was heißt das jetzt wirklich?“, fragte Slavko, ohne sich darauf eine Antwort zu erwarten), doch die Katze im Sack wollten sie nicht kaufen. Darüber waren sie sich einig. Als Zoran zurückkam, bedrängten sie ihn, ihnen mehr über diesen geplanten Einsatz zu erzählen. Doch außer der Information, dass höchste Kreise größtes Interesse an der Durchführung des Planes hätten, konnte und wollte er nichts preisgeben. Wenn ihnen das vorerst genüge, dann, so schlug er vor, sollten sie noch eine Nacht darüber schlafen. Am nächsten Tag würden sie um 18 Uhr an der Nordost-Ecke am Park bei der Europska Avenija von seinem schwarzen Audi A8 abgeholt, danach werde man die Einzelheiten des Auftrags besprechen. Dann verabschiedete sich Zoran.
    Es wurde eine lange Nacht im Café: Das Gespräch, das Andrej und Slavko führten, drehte sich im Wesentlichen im Kreis. Die Verlockung war riesengroß, das war beiden klar, doch ohne zu wissen, was auf dem Spiel stand, konnten sie schwer Ja sagen. Andrej schien der Zuversichtlichere zu sein, oder der Abenteuerlustigere, in jedem Fall aber derjenige, der eher geneigt war, das Wagnis einzugehen. Am Ende, es musste schon knapp nach Mitternacht gewesen sein – sie hatten das Angebot Zorans, ihnen auch ein Abendessen zu bezahlen, gerne angenommen, Wein und Schnaps waren in Mengen geflossen, aber sie waren schließlich geeichte Trinker –, gingen sie nach Hause. Sie vereinbarten, nichts zu vereinbaren: Morgen um 18 Uhr würden sie sich entweder beim Park treffen – oder eben nicht.
    Das Leder im Audi A8 duftete, als wäre das Rind erst vor wenigen Tagen gehäutet worden. Andrej und Slavko saßen auf den Rücksitzen, Zoran war am Steuer. Sie waren schon eine Stunde unterwegs, und doch hatten sie bis dahin kaum miteinander gesprochen. Zoran war erfreut gewesen, als er die beiden am Treffpunkt stehen sah – es gab ihm das Gefühl, dass seine Menschenkenntnis nichts an Qualität verloren hatte.
    Irgendwann, es musste eine weitere halbe Stunde vergangen sein, konnte sich Slavko nicht mehr zurückhalten: „Kannst du uns wenigstens sagen, wohin die Reise geht?“ „Habt ihr es unbequem da hinten?“, antwortete Zoran mit einem Lächeln und versuchte mit einem Blick in den Rückspiegel, in die Gesichter der beiden zu sehen. „Nein,

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