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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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keineswegs, von mir aus kann es noch einige Zeit so weitergehen – aber wir wollen trotzdem wissen, wo wir landen.“ Andrej hatte sich mit dieser Bemerkung etwas aufgerichtet und zur Mitte gelehnt, sodass Zoran ihn nun im Spiegel deutlich erkennen konnte. Einmal muss ich es ihnen ja doch sagen, dachte er. „Wir fahren nach Kärnten. Wir müssen dort einen Unfall vortäuschen. Keine schwierige Aufgabe, und keine Sorge, niemand wird euch sehen, alles passiert mitten in der Nacht – ein paar Minuten, und alles ist vorbei.“ Andrej und Slavko drehten einander die Gesichter zu – viel konnten sie aus ihnen nicht ablesen, erst als im Moment darauf der Scheinwerfer eines entgegenkommenden Fahrzeugs den Innenraum des Audi erhellte, sahen sie einander mit weit aufgerissenen Pupillen an.
    Franz Bugelnik stand an der roten Ampel in der Rosentaler Straße, in Gedanken versunken. Der alte Mann, Stefan Straggers Vater, hatte keinen klaren Satz hervorgebracht, doch das mit der „kleinen Hütte in Grafenbach“ ließ ihn jetzt nicht mehr los. Er wusste von seinem eigenen Vater: Auch wenn Alzheimer-Kranke keiner Konversation mehr folgen konnten, ihr Langzeitgedächtnis funktionierte immer noch. Einmal hatte ihn sein Vater, er lag damals schon seit Monaten im Pflegeheim, wieder mit dem Namen seines Bruders angesprochen: „Fritz“, hatte er ihn genannt, „Fritz, ich muss dir etwas sagen.“ Seine Stimme war schon ganz schwach und zittrig, Franz musste sich ganz nah zu ihm herunterbeugen. „Ich hatte einmal ein Verhältnis mit einer jungen Frau, neben der Mama. Und da gab es ein Kind. Das Mädel ist gestorben, als es fünf Jahre alt war.“ Es hupte hinter ihm, Bugelnik gab Gas und fuhr Richtung Kommissariat. Er hatte bis heute nicht herausgefunden, ob diese Geschichte auf Wahrheit beruhte, auch wenn er damals ziemlich sicher war, dass sein Vater das nicht erzählt hätte, wäre es nicht tatsächlich so vorgefallen.
    Bugelniks Gedanken kamen wieder zu Stefan Straggers Vater zurück: Würde es Sinn machen, jetzt nach Grafenbach zu fahren und dort ziellos herumzusuchen, oder gab es eine andere Möglichkeit herauszufinden, wo sich diese Hütte befand? So viel war ihm bewusst: Wenn es diese Hütte tatsächlich gab, dann bestünde immerhin die Möglichkeit, dass sie auf dem Grundstückskataster eingezeichnet war. Grafenbach, soviel erinnerte er sich von dem einen oder anderen Ausflug, den er in diese Gegend gemacht hatte, bestand nur aus wenigen Häusern. Dort müsste auch noch irgendjemand Bescheid wissen, ob und wo der alte Stragger eine Hütte gehabt hatte. Bugelnik beschloss, doch erst ins Büro zu fahren und sich bei der „Kagis“, dem Kärntner Atlas der Landesregierung, einzuloggen.
    Er war immer wieder verblüfft, in welch guter Qualität die Bilder der „Kagis“ am Computer aufschienen. Google Maps gab seine Satellitenbilder aus unerfindlichen Gründen östlich von Klagenfurt nicht mehr hochauflösend wieder, da waren dann keine Details mehr zu erkennen. Doch die Kärntner Landesregierung bot mit „Kagis“ eine andere Methode an, bei der zusätzlich auch die Grundstücksgrenzen über den Echtbildern eingezeichnet waren. Nachdem er sich bei „Kagis“ eingeloggt hatte, schien nach einigen Klicks Diex auf seinem Computer auf, Grafenbach war nur wenige Kilometer davon entfernt. Er schob die Karte so lange über den Bildschirm, bis er bei Grafenbach angelangt war. Dann zoomte er so weit es ging hinein. Er erkannte die Kirche, das Gasthaus, in dem er sich einmal nach einem längeren Spaziergang ein Bier und eine Brettljause gegönnt hatte, doch mehr als diese beiden signifikanten Fixpunkte war ihm nicht vertraut. Er verfolgte eine Straße, sah, dass sie in einen Wald führte, aus diesem wieder hinaus, danach gab es das eine oder andere Haus, dann wieder ein kleines Waldstück, knapp davor teilte sich der Weg, dann sah er in einer weiteren Lichtung ein kleines Haus, oder jedenfalls eine Nummer, es war die 74, die ein Gemäuer abdeckte. Er klickte die Nummer an, in der Hoffnung, sie würde ihm Aufschluss geben, was sich dahinter verbarg, oder sie würde verschwinden, doch nichts geschah. Franz Bugelnik vergrößerte den Ausschnitt, er wollte sich ein besseres Bild von der Gegend machen, da kam ihm plötzlich noch etwas in den Sinn: Wenn Jasmin Köpperl jeden Tag, oder zumindest immer wieder, E-Mails von Stefan Stragger erhielt, dann musste er irgendwie Zugang zum Internet haben. Das war in dieser Hütte – wenn es

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