Der Tod des Maerchenprinzen
Uschi diskutiert raus, daß es meine ohnmächtige, hilflose Wut ist, die mich so fertigmacht. Daß ich mit meiner Wut noch nicht mal an ihn rankomme.
Ich erzähle Uschi und Jan, was ich in der Kneipe mit ihm vorhatte. Die beiden sagen, daß es egal ist, ob ich es in der Kneipe mache oder bei ihm zu Hause. Daß ich jetzt noch nach Altona fahren soll, wenn ich meine Wut an den Mann bringen muß. Aber ich will nicht heute abend . Auf so was muß ich mich gut vorbereiten. Und ich würd mich lieber mit ihm in der Kneipe treffen, weil ich will, daß «es» in der Öffentlichkeit passiert. Und daß es aber in ’ner Kneipe sein soll, in der ich mich zu Hause fühle. Daß ich Schiß habe, jetzt nach Altona zu fahren und er dann da mit Leuten in ’ner Kneipe sitzt. Uschi meint auch, das sieht zu sehr nach Szene aus. Die Leute können das dann gar nicht einordnen, wenn ich da auftauche und ihm ’n Bier über ’n Kopf kippe. Weil die die Zusammenhänge gar nicht kennen. Es ist schon ’ne andere Situation, wenn Frau und Mann in der Kneipe zusammensitzen, und die Frau ihm dann eine scheuert.
Außerdem kommt es mir nicht drauf an, daß es heute ist. Wenn ich weiß, ich mache das und das, und ich mache es morgen oder so, dann beruhigt mich das schon. Aber es ist eben so schwierig, ihn in ’ne Kneipe zu kriegen, wo ich mich zu Hause fühle, wenn es einigermaßen bald sein soll. Weil er halt kein Telefon hat, und wenn ich zu ihm gehe, dann sind wir in Altona. Dann bietet es sich an dazubleiben.
Und plötzlich seine Lippen... zum Kuß geöffnet über meinem Gesicht. Sein weicher, zarter Kuß auf meinen Lippen, meine Hände schieben sich ganz von alleine unter seinen Pullover, unter sein Hemd, begierig nach seiner Haut.
Seine Haut. Meine Finger werden wahnsinnig auf seiner Haut. Meine Hände sind betrunken von seiner Haut. Seine Brust, seinen Rücken streicheln, seinen Kuß genießen. Mir wird heiß... heiß und feucht. Ich dränge mich ihm entgegen. Warum sind unsere Hosen dazwischen? Ich will ihn in mir haben, jetzt. Dränge mich ihm entgegen, schaudere. Habe fast das Gefühl, ihn schon in mir zu spüren. Mein Stöhnen ist lauter als das Gebrabbel der Leute nebenan. Wir sind nicht allein. Schauer laufen durch meinen Unterleib. Ich bin meiner nicht mehr frau. Will ihn, ihn, ihn. Ein verzweifeltes, übermächtiges Verlangen, dem wir jetzt nicht nachkommen können.
Als ich erwache, erschrecke ich. Warum träume ich doch wieder so was? Ich wollte doch drüber weg sein. Nie mehr mich nach seiner Zärtlichkeit sehnen. Dieses Schwein. Er soll doch nicht die Möglichkeit haben, mich mit seiner Zärtlichkeit zum Umkippen zu bringen. Stelle mir die Szene vor, wenn ich Arne schlage, ihn anschreie, mit ihm brechen will. Wenn er da wüßte, daß er nur mit seinen sanften Händen nach mir zu greifen brauchte, nur seine weichen Lippen auf meinem Gesicht spielen zu lassen brauchte, wenn er das wüßte...
Ich will nicht, daß er mich verführt. Ich will’s ihm zeigen. Es war so schön heute nacht . Ich möchte von ihm verführt werden.
Jan und Uschi machen mir klar, daß ich nicht so komplizierte Situationen aufbauen kann. Daß ich einfach hingehen soll und irgendwas machen. Irgendwas, daß er merkt, daß ich eine maßlose Wut auf ihn entwickelt habe. Daß er schnallt, daß er sich so verhält, daß eine Frau eine solche Wut auf ihn kriegen kann, daß sie ihm die Wohnung ramponiert oder sonstwas. Ihn aus der Reserve locken, seine Blumentöpfe von der Fensterbank reißen oder so was.
Bei der Idee mit den Blumen horche ich auf. Arne liebt seine Blumen über alles. Das würde ihn wirklich treffen, wenn frau ihm seine Blumen kaputtmacht. Da würde er sich schwarz ärgern. Aber das ist wieder so kompliziert. Weil es ja sein kann, daß ich mit ihm im Schlafzimmer stehe und nicht an der Fensterbank im Wohnzimmer. Ihn anspucken. Das ist die Idee. Ihn einfach anspucken. Das bedarf keiner Vorbereitungen und geht überall. Ihm einfach ins Gesicht spucken. Diesem Schwein. Und das ist viel besser als Blumentöpfe und Ohrfeige. Weil ich mich bei ’ner Ohrfeige bestimmt ärgere, wenn ich nicht gut treffe. Spucken ist nicht so kompliziert. Und drückt auch viel besser aus, daß ich nicht nur einfach wütend auf ihn bin, sondern daß er für mich wirklich ein Schwein ist. Ein so verachtenswürdiges Schwein, daß ich es für angebracht halte, ihn anzuspucken. Ich brauche mir noch nicht einmal die Finger an ihm schmutzig zu machen. Spucken ist wirklich
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