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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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Und dann nehme ich mein Bierglas, das ich vorher wohlweislich nicht ganz ausgetrunken habe und schütte ihm das Bier ins Gesicht. Daß er klitschnaß und verdutzt ist. Und dann verlasse ich mit aufrechtem Gang das Lokal und sage zum Kellner noch: Mein Bier bezahlt der junge Mann da drüben. Oder wenn der grade ein neues Bier für mich bringt: Geben Sie das man dem jungen Mann da drüben. Der kann ein Neues gebrauchen, glaub ich.
    Aber vorher könnt ich ihn eigentlich noch mal versetzen, so wie er es mit mir immer gemacht hat. Wenn er am Freitagabend kommt, gehe ich weg und lasse ihm bestellen, daß es mir leid tut, aber daß mir ein ganz wichtiger politischer Termin dazwischengekommen ist. Und dann verabrede ich mich neu mit ihm. Und dann in ’ner Kneipe. Und dann scheuer ich ihm eine und kipp ihm Bier ins Gesicht.

    Mir wird richtig wohler, wenn ich mir das so vorstelle. Abends, als ich ins Bett gehen will, stehe ich im Badezimmer vorm Spiegel. Ich finde mich wieder schön.
    In den letzten Monaten sah ich immer so schrecklich aus. Ich habe so ein kantiges männliches Profil. Andere Frauen haben viel weiblichere Gesichtszüge. Und dann das ganze Gesicht voller dicker, knallroter Pickel. Ich hatte früher nie Akne. Auch in der Pubertät nicht. Erst als ich ein Jahr die Pille nicht mehr nahm, da ging es los. Ich habe die Pille gut vertragen. Nie Nebenwirkungen gespürt. Ich spreche mit anderen Frauen. Ein bis zwei Jahre nach Absetzen der Pille haben sie Akne gekriegt. Und hatten vor Einnahme der Pille keine Akne. Wie ich. Haben die Pille gut vertragen. Keine Nebenwirkungen gespürt. Auf keine Packung hat die Pharmaindustrie draufgedruckt: Kann nach Absetzung zu Akne infolge von Störungen des Hormonhaushalts führen.
    Wer sagt denn, daß Ihre Akne von der Pille kommt, junge Frau? Das muß erst mal wissenschaftlich nachgewiesen werden. Solange steht da weiter: Nebenwirkungen nicht bekannt. Schon gar nicht Langzeitfolgen. Ein bis zwei Jahre danach! Sie spinnen ja, meine Damen! Wie wollen Sie denn da einen Zusammenhang herstellen?

    Ich finde mich wieder schön. Ich habe fettige Haare und dicke rote Pickel im Gesicht heute abend . Ich finde mich wieder schön mit zippeligen, strähnigen, fettigen Haaren, den Pony aus der pickeligen Stirn gestrichen, so daß er keine Hautunreinheiten mehr kaschieren kann. Was könnten ein paar dünne, fettige Strähnen auch schon kaschieren? Ich finde mich wieder schön, mag mich wieder leiden. Finde meinen Mund schön und meine Augen. Meinen frechen Blick und mein sicheres Lächeln. Ich finde mich wieder schön.

    Am Freitagabend gehe ich in einen Film von Anna Seghers. Danach habe ich mich mit Jochen im Leewenzahn verabredet, damit ich nicht auf die dumme Idee komme, doch zu Hause zu sitzen und auf Arne zu warten. Als ich um elf nach Hause fahre, fühle ich mich wohl. Habe das Gefühl, einen gelungenen Abend verbracht zu haben.
    Arne hat nicht angerufen. Ist nicht gekommen. Scheiße. Dabei wollte ich ihn doch versetzen! Aber wenn er nicht kommt, kann ich ihn natürlich nicht versetzen. Aber irgendwann werde ich ihn wiedersehen. Und dann zieh ich das Ding mit der Kneipe durch. Dann wird’s zwar nichts mit Versetzten, wichtiger politischer Termin und so, aber das macht nicht so viel. Wär zwar noch besser gewesen, aber mein Hauptbedürfnis war sowieso die Kneipenszene. Das andere war nur ’ne kleine schmackhafte Einlage, die das Ganze noch pikanter gemacht hätte.
    Am Sonntagabend rufe ich Sabine an. Erzähle ihr alles, was letzte Woche mit Arne gelaufen ist. Und was ich Freitag mit ihm vorhatte. « Freitag abend war er in der Zwiebel», sagt Sabine. In mir beginnt es zu kochen. Nicht daß er keine Zeit hatte, und die Tatsache, daß er mit mir verabredet war, mal wieder als derart unwichtig einrangiert, daß er nicht absagt. Nein! Er hatte Zeit und geht statt dessen in die Kneipe und macht sich ’n netten Abend.

    Nach dem Telefongespräch sitze ich in meinem Zimmer und starre vor mich hin. Rasend vor Wut. Ohnmächtiger Wut. Was soll ich mit mir machen? Ich könnte ihn zusammenschlagen jetzt. Aber er ist nicht da. Ich halt das nicht aus. Dieses Schwein.
    Uschi guckt in mein Zimmer. Sieht mich vor mich hinstarren. «Was ist denn los?»
    Ich erzähle ihr, daß Arne am Freitag in der Zwiebel war.
    «Haut dich das um?» fragt Uschi verwundert.
    Ich wundere mich, wieso sie sich wundert. Aber dann wird mir wieder klar, daß es ja nichts Besonderes ist, von Arne sitzengelassen zu werden. Und

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