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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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es auch gerne. Mir schmeckt es heute abend besser denn je.
    Ich freue mich auf Mittwoch. Was er wohl für ’n Gesicht macht, wenn er von der Arbeit kommt und die Parole auf seiner Scheibe sieht.
    Mir wird allmählich klar, warum ich mich so wohl fühle jetzt. Ich habe mit meiner Brief- und Spuckaktion den Bruch vollzogen. Habe etwas gemacht, wovon ich mir denken kann, daß es dazu führt, daß Arne jetzt gar nichts mehr mit mir zu tun haben will. Und daß ich das bewußt in Kauf genommen habe. Daß es mir wichtiger war, meine Wut an ihm auszuleben, als mir seine restlichen Sympathien zu erhalten. Das zeigt mir, daß ich einen ganzen Schritt weitergekommen bin. Auch wenn ich noch nicht sagen kann, Arne ist für mich erledigt. Aber meine Wut war stärker als das Bedürfnis, mir seine «freundschaftlichen» Gefühle zu erhalten. Dieses Bewußtsein baut mich unheimlich auf. Nicht das Gefühl, ihm eins ausgewischt zu haben. Sondern das Bewußtsein, einen ganz radikalen Schritt in meinem Loslösungsprozeß vollzogen zu haben. Und es ihm auch hautnah vermittelt zu haben. Ich bin stolz auf meinen Brief. Weil ich ganz sauber und klar rausgearbeitet habe, warum er ein Schwein ist. Daran kann er nicht vorbei. Ich fange an zu überlegen, was er wohl für ein Gesicht gemacht hat, als ich ihn angespuckt habe? Schade, daß ich mich nicht noch einmal umgedreht habe. Ich erinnere nur zwei riesige Spuckefetzen auf seinem dunkelblauen Kapuzennicki. Zwei Spuckefladen, die weiß und schnodderig an seiner Brust hängen. Groß und unregelmäßig da kleben, sich vor dem dunklen Hintergrund abheben. Ich bedaure es nicht, daß ich nicht sein Gesicht getroffen habe. Obwohl ich das eigentlich vorhatte. Aber ich hab dann einfach so geradeaus losgespuckt, und er ist halt einen Kopf größer als ich. Aber darauf kommt es auch nicht an. Es kommt darauf an, daß ich ihn angespuckt habe. Und getroffen hab ich ja. Zwei schnodderige weiße Fetzen auf seiner Brust.
    Zum erstenmal fängt Arne an, mir leid zu tun. Nicht wegen der weißen Fetzen auf seiner Brust. Nein. Ich habe ein anderes Bild viel stärker im Kopf. Wie er da mit seinem blauen Nicki und in seinem viel zu großen Liebestöter vor der Küchentür steht und sich die Äuglein reibt. Ich stehe ein paar Meter von ihm weg und sehe ihn von der Seite. Wie er anfängt, mir was von seinen Saufgeschichten von gestern abend zu erzählen, weil er scheinbar ein paar belanglose Sätze mit mir wechseln will, um die Situation aufzulockern. Sich mit beiden Fäusten im Gesicht rumwüschelt. Die kurzen Beinchen seiner Unterhose, die ihm um die Oberschenkel schlabbern. Wie er da in seinem Liebestöter steht, sich die Äuglein reibt und irgendwas brabbelt. Und die Frau neben ihm, die zum zweitenmal fragt: «Wo ist denn nun mein Hemd?» Irgendwie fängt er an, mir leid zu tun, weil ich plötzlich merke, daß ich weiter bin als er. Daß er mit seinem Leben viel weniger klarkommt als ich. Sein ewiges Gesaufe («manchmal knall ich mir ganz gerne einen»). Warum sollte ein Mensch, der mit seinem Leben wirklich klarkommt, so viel saufen wie Arne. Armer Arne. Er wird noch lange brauchen, um wirklich ehrlich mit sich selber umgehen zu können, vielleicht wird er es auch nie schaffen. Vielleicht wird er es immer nötig haben, in solchen Situationen damit zu kommen, wie toll es wieder war und mit wem er gestern gesoffen hat. Vielleicht wird er es immer nötig haben, sich unangenehmen Blicken durch das Rumgereibe in seinen Augen zu entziehen.
    Hinter seiner ganzen männlichen Unsensibilität steckt so viel Unsicherheit, daß sich langsam, aber sicher wieder von hinten rum ganz viel Sympathie in mein Mitleid einschleicht. War er nicht niedlich, wie er da in seinem Liebestöter stand und sich die Äuglein rieb?
    Aber es bleibt Mitleid. Es ist nicht mehr das Gefühl, was ich vor einer Woche noch für ihn empfunden habe. Es bleibt Mitleid. Auch wenn bei der Erinnerung an die kurzen Beinchen seiner Unterhose ganz viel Zärtlichkeit mitschwingt.
    Und ich erinnere mich, daß schon einmal Mitleid in einem sehr schwierigen Ablösungsprozeß eine Rolle gespielt hat. Bei Uli. Daß meine bedingungslose, unterwürfige emotionale Abhängigkeit von ihm nach drei Jahren in Mitleid umschlug, als ich merkte, daß ich ihn hinter mir lassen werde. Daß ich ihm im Endeffekt überlegen bin. Und daß dieses Mitleid der erste emotionale Schritt zur Bewältigung meiner Abhängigkeit war. Erinnere den mittelblauen VW, wie er mich bei meiner Oma

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