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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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sagt, straft diesen Satz auch Lügen. Als ich nachbohre, wie das mit den Frauen sei, meint er, daß seine Vorstellungen von Beziehung und so ihm noch klarergeworden sei, so ungefähr das, was er immer schon wollte, aber eben klarer. Also rumort es doch in seinem Kopf, er ist nur halt noch nicht weit gekommen.
    «Ich kann dir ja mal sagen, was bei mir abgelaufen ist», beginne ich. «Erst wollt ich eigentlich nur kommen, weil ich einige Auseinandersetzungen nicht mehr erinnere. Ich wollte dich fragen, ob du davon mehr erinnerst als ich. Weil das fürs Schreiben wichtig ist. Und dann, als ich gestern abend bei Sabine war, da haben wir uns gegenseitig Sachen vorgelesen, die wir über dich geschrieben haben. Und dann hat sie irgendwann gesagt: Ich konnte ihn nicht mehr ernst nehmen. Und als ich zu Hause im Bett lag und drüber nachgedacht hab, daß ich das ja auch mal gesagt habe, da hat sich dieser Widerspruch plötzlich aufgelöst: Was ich nicht mehr ernst nehme ist deine Fassade. Aber den Menschen dahinter, den nehme ich verdammt ernst. Und wenn ich jetzt wieder was mit dir zu tun haben will, dann nicht mit der Fassade, sondern mit dir.»
    «Mir hat grade gestern jemand gesagt, daß ich ’n Holzklotz bin.» Arne lacht, als er das sagt.
    «Du bist kein Holzklotz. Du bist nur nach außen hin einer. Mir ist klargeworden, daß dein ganzes Verhalten keine Boshaftigkeit ist, sondern daß du einfach unheimliche Schwierigkeiten hast. Und nicht klarkommst.» Ich sage noch viel mehr. Führe es aus. Erkläre. Und Arne hört zu. Und dann sagt er nachher, daß es ihm jetzt leichterfällt mit mir. Und daß er das gut findet, dieses vorurteilsfreie Begegnen.
    «Du hast mich falsch verstanden. Ich begegne dir nicht vorurteilsfrei. Ich begegne dir auf dem Hintergrund an Erfahrungen, die ich mit dir habe.»
    Auf dieses «Vorurteilsfreie» ist er gekommen, weil ich von ihm verlangt habe, daß er auch anders an mich rangehen muß. Daß er mal mehr gucken muß, wer ich eigentlich bin, bevor er mich in seine Schublade packt. Das ist ganz was anderes, als das, was ich ihm gegenüber falsch gemacht habe. Und daraus macht er dann, ich hätte vorgeschlagen, sich ab jetzt vorurteilsfrei zu begegnen.
    Aber trotzdem. Auch wenn er mich nicht ganz verstanden hat, irgend etwas an seinen nächsten Sätzen zeigt mir, daß er zum erstenmal begriffen hat, daß ich ihm nichts tun will. Daß er ein bißchen weniger Angst vor mir hat. Irgendwas habe ich heute abend gesagt, daß er anfängt, Vertrauen zu mir zu haben. Irgendwas. Ganz klar ist es mir nicht. Denn richtig verstanden oder, sagen wir mal, richtig wiedergegeben, hat er es ja nicht. Aber da ist etwas. Da ist etwas, was mir zum erstenmal sagt: Arne verliert seine Angst vor mir. Läßt mich ein kleines bißchen weiter an sich heran. Ich möchte ihn streicheln jetzt. Aber es geht noch nicht. Ich trau mich nicht. Warte auf einen Anlaß. Wo es dann so aussieht, als hätte ich ihn zufällig gestreichelt.
    Und der Anlaß kommt auch. Irgendein Satz von ihm, wo ich dann sage: «Es hat sich ja doch was in deinem Kopf abgespielt. So ganz umsonst war es ja nicht.» Und dabei lasse ich meine Hand ungeschickt durch seine Haare gleiten. Bleibe mit der Armbanduhr hängen. Lasse meine Hand auf seiner Schulter ruhen. Verhalte mich genauso, wie ich es ihm immer vorwerfe. Ich bin unsicher. Wahnsinnig unsicher und tue so, als wenn ich es nicht wäre. Plumpe, ungeschickte Zärtlichkeiten meiner Hand in seinem Haar. Und ich tue so, als sei alles in Ordnung. Aber nichts ist in Ordnung. Ich will nicht ungeschickt in seinem Haar rumfummeln. In Wirklichkeit will ich ganz, ganz lieb zu ihm sein. Ich trau mich nur nicht.

    «Willst du gehen?» fragt Arne.
    «Wie kommst du denn da drauf?»
    «Weil du eben gesagt hast.»
    «Ich habe gesagt, so ganz umsonst war es ja doch nicht.»
    Wie kommt er denn drauf, daß ich ausgerechnet jetzt gehen will? Ausgerechnet jetzt, wo ich es zum erstenmal geschafft habe, meine Hand etwas tapsig auf seinem Kopf landen zu lassen.
    Es setzt sich eine Frau aus seiner BI zu uns, die ich noch nie gesehen habe. Arne bietet ihr spontan an, daß sie zuhören könne bei unserem Gespräch. Mich fragt er nicht, ob mir das recht ist. Die Frau hört zu, schaltet sich auch ab und zu ein. Schon nach wenigen Sätzen ist mir klar, daß sie Arne durchschaut hat. Sie lächelt mich in den gleichen Momenten an, in denen ich schmunzeln muß, wenn Arne was sagt. «Seid ihr befreundet?» fragt sie, als sie eine

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