Der Tod des Maerchenprinzen
heute auf morgen ändern können. Auch wenn sie sich ehrlich um die Auseinandersetzung bemühen.
Jede von uns wird immer wieder vor diesem Konflikt stehen, ob sie im konkreten Moment auf die Schwierigkeiten des Mannes ein-gehen darf, oder ob sie das aufreibt und sie ganz radikal sagen muß: Nee, Macker. Damit setz ich mich nicht mehr auseinander. Dafür ist mir meine Zeit zu schade. Und meine Energie.
Diese Entscheidung kann frau immer nur im Konkreten fällen, solange sie es noch mit Männern zu tun haben will. Und das will ich. Und ich schreibe mein Buch für Frauen, die das auch wollen. — Aber einen immer gültigen Lösungsvorschlag kann ich nicht entwickeln. Entscheiden kann frau diesen Konflikt nur jedesmal wieder am konkreten Beispiel. Kann immer nur im konkreten Fall mit anderen Frauen diskutieren, sich Unterstützung holen, Ratschläge holen... und dann entscheiden. Sich vielleicht falsch entscheiden... neu diskutieren... beim nächstenmal vielleicht anders entscheiden... vielleicht wieder falsch. Ein langwieriger Prozeß. Eine allgemeine Entscheidung nicht möglich. Es sei denn, frau schwört der Männerwelt total ab.
Immer wenn ich vor einem dieser Konflikte stand, habe ich die Lesben beneidet. Die haben es nicht mehr nötig, wenn sie sich weder im Privatleben noch beruflich, noch in der politischen Arbeit mit Männern auseinandersetzen. Die sind den Arger los. Haben ihre Kraft für sich selber.
Aber ich bin nicht lesbisch. Ich beziehe mich nun mal auf Männer. Und Millionen anderer Frauen auch. Wollen es mit Männern «zu tun haben». Und trotzdem ihre Kraft in erster Linie für ihre Selbstverwirklichung haben. Das muß doch zu machen sein!
Ich sehe die beiden Arnes vor mir. Den harten, durch nichts zu verunsichernden Fassaden-Arne. Und den anderen. Den nach Zuneigung und menschlicher Wärme suchenden, empfindsamen und verletzbaren Arne. Der nur ganz selten Ausgang bekommt. Meistens hinter den dicken Mauern eingesperrt sitzt. Und so gerne raus möchte.
Und dann fällt mir Arnes Hartnäckigkeit ein, mit der er immer darauf bestanden hat, daß es doch aber auch der Mann sein könnte, der mehr Gefühle investiert. Daß Frauen Männer auch für eine Nacht benutzen und in die Ecke stellen können. Diese permanenten Diskussionen, in denen Arne nicht dazu in der Lage war, davon wegzukommen, daß es auch sein könnte. Wo ich ihm hundertmal gesagt habe, daß es mir darum geht, daß es in unserer Gesellschaft meistens andersrum ist. Daß es das, worauf er andauernd herumreitet, natürlich auch gibt. Aber daß es meistens die Männer sind, die die Frau zum einmaligen Gebrauch benutzen.
Ich sehe Arne vor mir, der in keiner dieser Diskussionen mal von seiner «Könnte»-Ebene runtergekommen ist. Nicht zur Verallgemeinerung in der Lage war. Ich habe wieder diese Kluft vor Augen. Die Kluft zwischen seinem ewigen Sich-Einmauern und seiner Sexualität, wo er plötzlich alle Mauern einreißt. Wo kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Wo frau sich wundert, daß so viel scharfkantiges Mauerwerk plötzlich zu Schutt und Asche werden kann. Wo nicht einmal mehr die Trümmer zu sehen sind.
Und dann vergleiche ich ihn mit anderen Männern. Die nach außen hin nicht so hart und unnahbar waren wie Arne, denen ich aber andererseits auch nie so nahe sein konnte, wenn ich mit ihnen geschlafen habe. Und dann geht mir ein Licht auf. Wenn Arne sich wirklich nur auf dieser Ebene öffnet, und da aber auch so vollständig, dann trifft es ihn natürlich unheimlich hart, wenn er sich endlich mal aus sich rausläßt, dem eingesperrten Arne Ausgang gibt, und die Frau dann nichts weiter von ihm will. Und das Ganze hat für ihn so eine Bedeutung bekommen, daß er nicht mal mehr in der Lage ist, in einer Diskussion zu abstrahieren und auf so banale Sachen einzugehen, daß es meistens Männer sind, die Frauen als Sexualobjekt benutzen.
Am Montagabend fahre ich zu Arne. Wir haben gestern weder eine Zeit noch einen Ort abgemacht. Das hab ich in der Aufregung ganz vergessen. Als ich bei ihm ankomme, hat er gerade bei mir zu Hause angerufen, daß er gleich kommt. Gott sei Dank. Sonst wäre er zu mir gefahren und ich zu ihm. Ein lustiges Treffen.
Wir gehen in die Tulpe. Ich will ihm heute abend alle Gedanken sagen, die ich mir so in der Zwischenzeit über ihn gemacht habe. Will meine ganzen Spekulationen endlich mal mit ihm besprechen. Will ihm sagen, daß ich ihn nicht mehr für ein Schwein halte. Daß mir auch klargeworden ist, daß ich
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