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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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sofort alles ein. Findet meine Kritik richtig. Gelobt Besserung.

    Eine andere Sache, die ich auch schon nach einigen Tagen «Beziehung» anspreche, ist seine Selbsteinschätzung. Wie er zum Beispiel von Brokdorf erzählt hat. Und noch andere Sachen.
    «Ich hab das Gefühl, du findest, daß du ’n ganz toller Typ bist. So mit ganz vielen Kleinigkeiten, die du so machst, vermittelst du, daß du dich unheimlich gut findest.» Arne grinst. Besonders als ich das mit dem tollen Typen sage. Da grinst er ganz besonders. Es ist ihm ein bißchen unangenehm. Und daß ich ihn gar nicht für so ’n «tollen Typen» halte, sage ich ihm auch noch. Wir grinsen uns an und umarmen uns. Ich mag ihn, weil er er ist... und nicht, weil er in Brokdorf immer der erste bei der Revolution ist. — Wir umarmen uns. Er hat mich verstanden.

    Am Dienstag hab ich Lyrik-Termin bei Andrea in Rissen. Vorher Folklore-Tanz im Sport-Institut. Bin halb fünf mit Gabi beim Sport-Institut verabredet und will sie auch abends auf den Lyrik-Termin mitnehmen. Danach zu Arne. Wenn Gabi Lust hat, kann sie mitkommen.
    Gabi kommt nicht, ruft auch nicht an. Der Folklore-Tanz findet nicht statt. Der Lyrik-Termin fällt aus. Erfolg auf ganzer Linie. Ich versuche Arne zu erreichen, weil er sich eigentlich schon am frühen Abend mit mir treffen wollte und das nur wegen meinem Lyrik-Termin nicht ging. Jetzt ist es natürlich zu spät. Er ist nicht zu Hause, weil er sich auf den späten Abend eingestellt hat. Gegen neun erreich ich ihn. Habe eigentlich keine Lust, nach Altona zu fahren, weil das unter der Voraussetzung geplant war, daß ich aus Rissen komme und sowieso mit dem Auto über Altona gefahren wäre. Aber das Auto hab ich nun heute abend doch nicht, weil mir eben auf der Fahrt von meinen Eltern hierher der Sicherheitsgurt kaputtgegangen ist, und ohne Gurt fahre ich nicht.

    Frage: «Willst du herkommen, oder wie machen wir das?»
    Er: «Ich hab hier so was gemacht, mit Früchten und so.»
    Er druckst ’n bißchen rum.
    Süß...! Warum sagt er denn nicht einfach: Es wäre besser, du kommst her, weil ich extra für uns was zu essen gemacht habe? Die Art und Weise, wie er seine kleinen Unsicherheiten überspielen will und gerade damit ganz unverkennbar zeigt, läßt mich schmunzeln. Ich fahre nach Altona. Die Adresse sagt er mir noch mal. Vage habe ich sie noch im Kopf. Von unserem ersten Treffen. Wo ich gegen meine Vorsätze doch mit einem «fremden Mann» in seine Wohnung gegangen bin.
    Als ich in Altona mit gerafften Röcken die letzten Meter der Rolltreppe hinter mich bringe, steht er da in der Bahnhofshalle. Unerwartet und lächelnd. Mein Märchenprinz. «Wieso bist du denn hier?»
    «Ich dachte, dann ist es einfacher für dich...»
    Der kommt einfach zum Bahnhof und wartet hier auf mich, obwohl er gar nicht genau wußte, welchen Zug ich nehme und wann ich komme. Der kommt einfach zum Bahnhof, weil es dann leichter für mich ist. Ich nicht nach der Straße zu suchen brauch. Obwohl er’s mir am Telefon ganz ausführlich beschrieben hat. Und es nun wirklich nicht weit ist vom Bahnhof. Der kommt einfach hierher.
    Bei ihm angekommen, essen wir erst mal was. Er hat da so was gemacht, mit Früchten und so... Quarkspeise. Schnaps ist auch drin. Eine Riesenschüssel voll. Viel zuviel.
    «Ich dachte, deine Freundin kommt auch mit.» Eigentlich ist mir die Quarkspeise viel zu bitter, aber sie schmeckt süß, unendlich süß, wenn ich mir vorstelle, wie er in der Küche steht und diese gewaltige Menge an Quarkspeise herstellt, weil er denkt, ich bringe meine Freundin mit. Und nun ist alles viel zuviel. Hat er sich viel zuviel Mühe und Arbeit gemacht. Macht so einen Berg Quarkspeise für zwei Frauen, und nun sitze ich alleine hier und mag die noch nicht mal. — Ich drücke mir noch ein Schälchen voll rein, obwohl ich eigentlich viel zu satt bin.
    Er holt seine Brecht-Lyrik aus dem Keller und liest mir was vor, worauf ich mich gar nicht mehr konzentrieren kann. Will ihn nicht abwürgen. Als ich hinterher gar nichts zu dem Gedicht sage, scheint er das normal zu finden. Er sitzt am Tisch, ich liege auf dem Fußboden. Er ist so weit weg. Ich kann ihn nicht wie zufällig berühren. Ich müßte aufstehen. Das ist zu deutlich. Vielleicht will er gar nicht schmusen. Ich kann keine nonverbalen Körbe kassieren. Wenn er gewollt hätte, hätte er sich ja auch hier zu mir auf die Kissen setzen können, als er aus dem Keller wieder hochkam. Da lag ich ja schließlich schon

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