Der Tod des Maerchenprinzen
hier. Also will er wohl nicht.
Meine nackten Füße gucken unter meinem langen Rock hervor. Eigentlich liege ich doch so richtig malerisch hier. Warum kommt er denn nicht mal von seinem blöden Stuhl runter und verführt mich?
Mir wird meine weibliche Passivität und Unfähigkeit so grauenhaft bewußt. Ich werde müde. Endlich sagt er, daß er jetzt ins Bett will. (Ich schon lange.)
Wieder machen unsere ersten Zärtlichkeiten deutlich, daß wir beide Lust haben, miteinander zu schlafen. Ich hab das so lange nicht mehr erlebt... daß man sich nur anzusehen braucht... und... schon ist alles zu spät... daß man nichts weiter braucht, als einen Blick... eine Berührung...
Aber wieder überläßt der junge Mann sich seinem Verlangen und mir die Verhütungsfrage. Wozu hab ich das denn mit ihm diskutiert? «Äi, du, ab heute ist es wieder gefährlich», sage ich endlich, als es auch schon ganz schön gefährlich ist. Ich hätte erwartet, daß er diesmal das Thema auf die Platte bringt. Aber nix da. Wieder mein Part.
Ja, was soll ich denn nun machen. Ihn anschreien? Ihn aus dem Bett schmeißen? Wie es eine Frau mal für sich formuliert hat? Jeden Mann, der nicht von sich aus die Verhütungsfrage stellt, aus dem Bett zu schmeißen. Wo soll ich meinen Radikal-Feminismus hintun, wenn er mich aus seinen dunklen, warmen Augen anpliert, wenn ich seine Haare auf meinem Arm spüre...
«Ich hol mal mein Pessar», sage ich endlich. Die Tasche hab ich im Wohnzimmer stehen lassen, weil er bestimmt gefragt hätte, weshalb ich meine Aktentasche mit ins Schlafzimmer nehme. Und nur das Pessar rausnehmen und nebens Bett legen... Dann hätte er ja gemerkt, daß ich denke, daß...
Meine Güte, sitzt das tief. Immer noch ein Thema, dessen Nicht-Selbstverständlichkeit uns Frauen so oft zum Verhängnis wird. Immer noch meine eigene Zaghaftigkeit. Aber wenn er sich genauso dafür verantwortlich fühlen würde, müßte ich nicht die Planung übernehmen, wann ich möglichst unbemerkt mein Pessar ins Schlafzimmer Schmuggel!
Als ich mein Pessar auspacke, frage ich ihn: «Hast du das schon mal gesehen?»
«Nein.»
Ich streiche die Creme auf das Pessar. Arne liegt neben mir. Guckt zu. Sein Blick wandert zwischen seinen dunklen zippeligen Wimpern heraus auf dieses fremdartige Gummiding in meiner Hand. Er kann überhaupt nichts mit mir anfangen in diesem Moment. Liegt da und wartet... bis ich ihn wieder umarme. Männer sind so süß unbeholfen manchmal...
Er hätte mich doch weiterstreicheln können. Wir hätten doch zusammen unser Pessar einsetzen können... Zu fremd für ihn. Ich bin in diesem Moment «die Frau, das unbekannte Wesen» für ihn. Ich muß ihm Zeit lassen...
Allmählich verliert sich meine Wut und Verzweiflung über seine Ignoranz zur Verhütungsmittelfrage und es ist mal wieder nur noch schön mit ihm. Als ich kurz nach ihm meinen Höhepunkt habe, schmeiße ich ihn dabei raus. Schade... das wollte ich doch gar nicht... versuche, ihn wieder reinzustecken... geht natürlich nicht mehr... fummel ungeschickt und tapsig an seinem Schwanz rum... bis er sagt: «Du, laß mal ’n Augenblick» ...erst in dem Moment wird mir mein eignes Verhalten bewußt, und ich muß über mich selber grinsen... wir haben ja noch so viel Zeit vor uns, um zu lernen, miteinander umzugehen...
Als Arne am nächsten Morgen vor mir aufsteht, sehe ich ihm durch die offene Schlafzimmertür zu, wie er zwischen Küche und Wohnzimmer hin- und herläuft, um den Tisch zu decken. Zum erstenmal kommt mir ganz ernsthaft der Gedanke, ob ich nicht ganz schnell, noch heute, diese Beziehung hinter mir lassen soll... raus hier, bevor es zu spät ist... wenn ein Typ zu so einem elementaren Thema wie Verhütungsmittel nicht für fünf Pfennig was im Kopf hat, was hab ich dann da noch vor mir? Bei dem muß ich in der Frauenfrage ja am Punkt Null anfangen... ich bin verliebt... aber kann ich mich darauf einlassen??? ... Ohne mich selber aufzureiben? ... Jetzt noch schnell raus hier... noch bin ich nur verliebt, wenn ich ihn erst länger kenne und ihn wirklich liebe, ist es vielleicht zu spät. Drei schöne Tage und Nächte kann man vielleicht noch schnell wieder vergessen... Wenn es erst mehr wird, fällt es viel schwerer...
Ich bin ja wohl verrückt... resignieren, bevor ich es versucht habe? Bevor ich die Auseinandersetzung mit ihm überhaupt richtig angefangen habe? Nein! Erst versucht man zu kämpfen und dann kapituliert man. Und vielleicht brauche ich ja nicht zu
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