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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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kann, wie ich möchte. Nicht unter Rammelzwang, Leistungsdruck stehe.
    Monate nach Beendigung unserer Liaison sage ich ihm, daß es mich bei ihm gestört hat, daß ich mit ihm nie schmusen konnte, immer nur knutschen. Daß ich diese sogenannten Zungenküsse, wo der Typ mir mit der Zunge im Mund rumbohrt, total unerotisch finde. Brutal und halb vergewaltigend. Daß ich ganz zarte Berührungen mit den Lippen und mit der Zunge viel schöner finde.
    In jedem amerikanischen Serien-Krimi fängt dieser amerikanische Rotlicht-Plastic-Sex mit so ’nem brutalen Zungenkuß an... und das soll dann die totale Erotik sein. Als wenn das das einzig Wahre ist! — Es ist richtig zwingend, daß der Anfang einer Beziehung ein Kuß ist. Als wenn es nicht andere Möglichkeiten der ersten körperlichen Berührung miteinander gibt!

    Sich umarmen, sich ankuscheln, ohne zu küssen, schmusen... das sind alles nur Vorläufer... die «richtige» filmreife Erotik fängt beim Knutschen an.
    Vorspiel... Hauptprogramm... Nachwäsche... (und Zärtlichkeiten fallen nur unter Punkt 1, höchstens noch unter 3, und das nicht, weil Männer auch hinterher noch schmusen möchten, sondern weil sie gelesen haben, daß Frauen das möchten). In anderen Kulturen gibt’s den Zungenkuß überhaupt nicht. Und da geht’s bestimmt auch hocherotisch zu. Für mich ist der Zungenkuß eine Zivilisationskrankheit. Plastic-Sex.

    Als Andrea auf einem Lyrik-Termin erzählt, wie ein Typ sie zum erstenmal «mit Zungenschlag» (schlag!) geküßt hat, kriege ich einen Lachanfall. Das Wort existiert seit zehn Jahren nicht mehr in meinem Sprachschatz. Hab es wohl zum letztenmal in der Bravo gelesen, als ich vierzehn oder fünfzehn war.
    Ich will keine Schläge. Ich will Liebe.

    Als ich Tom das sage, erzählt er mir, daß er bei der Frau, mit der er jetzt zusammen ist, auch festgestellt hat, daß er ganz zarte Küsse viel aufregender findet als dieses Rumgebohre. Tom ist verliebt.
    In mich war er scheinbar nicht verliebt. Mir hat er mit der Zunge im Mund rumgebohrt. Auch wenn es mit ihm sonst ganz schön war. Die zarte Erotik war es nicht gerade. Aber ich bin auch während der Liaison nicht auf die Idee gekommen, ihm das mal zu sagen. Habe mich nur defensiv diesem Rumgebohre zu entziehen versucht. Weil ich schon ganz froh war, daß ich überhaupt mal wieder richtig Spaß an Sexualität haben kann. War ganz glücklich, daß er nicht so ’n Rammler ist.
    Erst als ich Arne kennenlerne, stelle ich fest, daß plötzlich alles geht, was ich schön finde. Und daß es von alleine geht. Daß da jemand ist, der genau dasselbe schön findet wie ich. Genau die gleiche Zärtlichkeit. Ohne daß ich ein Wort zu sagen brauche.
    Und ausgerechnet mit diesem Mann sitze ich jetzt hier und kann ihm nicht vermitteln, was sexuelle Ausbeutung heißt. Er sagt, daß Männer genauso für eine Nacht benutzt werden können und guckt Tagesschau.
    Ich sage Arne, daß es mir immer schwererfällt, irgendwelche persönlichen Sachen anzusprechen ihm gegenüber. Daß ich immer das Gefühl habe, ihn interessiert das eigentlich gar nicht.
    «Das solltest du ruhig machen dann.» Meint er. Redet irgendwas davon, daß es mein Problem ist, wenn ich nichts sage. Daß es mein Problem ist, wenn ich ihm gegenüber den Mund nicht mehr aufkriege. Und daß ich das doch ruhig machen sollte. Die Sachen ansprechen. Das sollte ich ruhig machen. Ich weiß da nichts mehr gegen zu sagen. Er sagt, er hat nichts dagegen, wenn ich solche Themen anspreche. Er hat nichts dagegen. Was will ich eigentlich? Er hat doch nichts dagegen!
    Vielleicht liegt es auch nur daran, daß wir uns immer erst so spät abends treffen. Wenn er oder ich einen Termin hatten. Daß wir dann beide immer zu müde sind. Vielleicht liegt es daran.
    «Ich möchte mich mal wieder mit dir treffen, wenn wir nicht beide todmüde sind, nach ’m Termin. Nur noch zusammen ins Bett fallen.»
    «Ja, okay, Freitag abend . Wir können ja was kochen.»
    Um sieben bin ich bei ihm, das Essen ist fast fertig. Seine BI sitzt ein Stockwerk tiefer und spielt Gitarre. Er will sich auch noch dazusetzen. Nicht lange. Ich krieg Schiß. Freundin von... aber Schnickschnack. Probier doch erst mal aus, ob du dich da unten wirklich nicht wohl fühlst. Hinterher spazierengehen. Okay. Dann kann ich ja auch noch mit ihm reden. Nach dem Essen gehen wir runter. Ich fühl mich auch wirklich ganz locker und wohl in einem Haufen von Leuten, die mich nicht kennen. Freundin von... Arne geht hoch,

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