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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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Auch wenn ich denke: Es kann doch nicht wahr sein. Ich darf eben nicht nur vom Input ausgehen, wenn ich mir den Output angucke. Ich muß eben sehen, daß Arne länger braucht. Also fange ich von mir aus an, noch mal einige Punkte aus der Diskussion am Freitag anzuschneiden. Die Sache mit dem «Benutzen» zum Beispiel. Aus dem, was er sagt, geht hervor daß er es immer noch nicht geschnallt hat. Irgendwann werde ich wütend und sage: «... und bei der nächsten Frau machst das wieder so?»
    «Da würd ich vorsichtig sein! Mit solchen Aussagen würd ich ganz vorsichtig sein», meint Arne im Tonfall des erhobenen Zeigefingers. Ich sage nichts mehr. Wundere mich nur, mit wieviel Unverfrorenheit er in dieser Situation sich auch noch die Position des Lehrmeisters anmaßt. Es hat keinen Sinn. Er hat gar nicht geschnallt, wie übel das eigentlich ist, was er mit mir gemacht hat. Hat immer noch nicht geschnallt, daß er mich benutzt hat. Und was er nicht geschnallt hat, das wird er natürlich das nächste Mal wieder machen. Aber ich kann’s ihm nicht verklickern. Was wir zu dritt nicht in seinen Kopf reingekriegt haben, schaffe ich jetzt alleine erst recht nicht.
    Irgendwann sagt Arne dann auch, daß er nicht so viel an einem Abend diskutieren kann und jetzt aufhören möchte. Sonst könne er das nicht verarbeiten. Ich akzeptiere das. Was soll ich auch anderes machen? Wenn am Freitagabend nur eine Sache in seinem verkorksten Gehirn hängengeblieben ist, hat es wirklich keinen Zweck, jetzt noch weiter mit ihm zu diskutieren. Und außerdem habe ich auch das Gefühl, daß er ein bißchen ja wirklich gelernt hat. Daß es also Stück für Stück vorangeht.

    Also gehen wir zum gemütlichen Teil des Abends über. Arne will ins Kino. Wenn’s ’n guten Film gibt, will ich auch. Aber es ist schon halb neun. Im Abaton hat die Vorstellung schon längst angefangen. Im Thalia gibt’s 20 Uhr 45 die . Da will ich rein. Arne nicht. Er hat von jemand gehört, daß der Film schlecht sein soll. Ich will da trotzdem rein, weil ich immerhin seit dreieinhalb Jahren Literatur studiere und kaum ein Buch angefaßt habe. Weil mich die meisten Bücher nicht interessieren. Und ich mich ganz gut mit Filmen austricksen kann. Dann hab ich hinterher eher Bock, das Buch zu lesen. Oder hab wenigstens Ahnung, worum’s geht. Irgend-wie muß ich ja mal einen kleinen Einblick in die Literaturwelt kriegen. Und wenn ich solche Schwierigkeiten zu lesen hab, geh ich eben erst mal ins Kino, wenn so was wie die verfilmt wird.
    Arne will aber nicht. Der Film soll doof sein. Was anderes steht aber jetzt Viertel vor neun nicht mehr zur Diskussion. Also läßt er sich breitschlagen. Ich verlange zwei Studentenkarten und lege meinen Studentenausweis hin. Die Frau guckt mich erwartungsvoll an. Ich frage Arne mit ganz selbstverständlichem Tonfall: «Hast du deinen Studentenausweis mit?» Er wüschelt ein bißchen in seinem Portemonnaie rum und findet ihn natürlich nicht, weil er gar keinen hat. Die Frau verkauft mir zwei Karten zum Studentenpreis. Ich freue mich, daß das so unabgesprochen geklappt hat. Wir gehen rein.
    Während des Films fange ich an, mich unwohl zu fühlen. Mich ekelt die Sexualität an, wie sie in dem Film dargestellt wird. Fiegt das am Film? Liegt das an mir? — Einmal wird mir richtig übel. Ich könnte fast kotzen. Das halbvolle Kino lacht an dieser Stelle. Arne meint: «Nu geiht aber los!» und lacht.
    Nach dem Film überlegen wir uns, ob wir noch ’n Bier zusammen trinken. Es ist schon ziemlich spät. So spät, daß Arne keine Bahn nach Altona mehr kriegen würde. Als wir über die Kneipenfrage beraten, fragt er: «Könnt ich eventuell bei dir pennen?» Ganz beiläufig im Nebensatz antworte ich mit «ja, kannst du», und schlage den Feewenzahn vor.
    Wie sich die Zeiten ändern. Ab jetzt ist es keine Selbstverständlichkeit, daß er bei mir schlafen kann. Er muß mich fragen. Natürlich will ich, daß er bei mir schläft. Klar. Aber genauso selbstverständlich finde ich es, daß er fragt. Eigentlich komisch.
    Leewenzahn. Bier. Gespräch über den Film. Ich fühle mich unwohl. Immer noch der Ekel über die Sexualität in dem Film. Aber vielleicht wollte Grass das ja so darstellen?
    Unsicherheit. Ekel. Vielleicht bin ich nur zu doof, um die «Aussage» des Films zu verstehen.
    Sage zu Arne, daß ich den Film nicht «verstehe». Daß mir unklar ist, was der Dichter uns damit sagen wollte. Arne faselt was von der

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