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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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Einfach so. Frag ihn, ob er Freitag Zeit hat. Dann soll er mich besuchen.

    Arne hat grade geschlafen. Kommt ganz verschlafen an die Tür und macht mir auf. Geht wieder ins Schlafzimmer und sagt, daß er gleich zum Termin muß.
    «Ich weiß. Ich hab auch keine Zeit. Wollte dich nur fragen, ob du Freitag zu mir kommen willst?»
    Arne überlegt. Weiß noch nicht, ob er Freitag bei einem Umzug helfen muß. Er sieht ganz zerknittert und zerknautscht aus. Ganz kleine Augen. Er will mich noch anrufen.
    Ich gehe zu Sabine. Ich esse bei Sabine in der WG mit Abendbrot. Wir klönen über Gott und die Welt. Ich frage Sabine, ob sie nicht auch noch Lust hat, in ’ne Kneipe zu gehen. Ich schlage die Tulpe vor. Weiß, daß Arne da vielleicht nach ’m Termin hingeht. Wenn er dann da nichtsahnend reinkommt und uns beide in trauter Eintracht da sitzen sieht... Wir unterhalten uns ’n bißchen über Sabines neuen Liebeskummer, ’n bißchen über Arne, und irgendwann steht er dann plötzlich in der Tür. «Nicht so auffällig hingucken!» flüstern wir uns zu.
    «Was hat er denn für ’n Gesicht gemacht?» frage ich.
    «Sein Gesicht erhellte sich... aber doch nicht so ganz!» lacht Sabine. «Aber mir würd auch ganz schön mulmig werden, wenn ich irgendwo reinkomm, und meine Verflossenen rotten sich da gerade zusammen.»
    Arne begrüßt uns kurz und geht an die Theke. Er kommt mit einem Bier wieder und fragt uns mit einer ganz selbstverständlichen Handbewegung: «Wollt ihr euch unterhalten? ... Oder kann ich mich dazusetzen?» Rührt mit einer Hand dabei in der Luft rum. Sabine und ich gucken uns an. Mich stört er nicht. Sie auch nicht. Arne holt sich einen Stuhl ran. Sabine und ich unterhalten uns darüber, daß sie mir ein Original von ihren Bildern schenken will. — Ich weigere mich zwar beharrlich, eins anzunehmen, aber es freut mich auch, daß Arne mitkriegt, daß wir inzwischen ein so intimes Verhältnis zueinander haben. Dann erzählt sie von ihrem Zeichenunterricht. Sie unterrichtet eine Jugendgruppe. Die ersten Stunden waren wohl ganz gut. «Dann wollten die gerne Porträtzeichnen lernen. Ich bereite mich also auf Porträt vor. Komm da mit meiner riesigen Mappe angeschleppt. Da sagen die zu mir: Wieso Porträt? Heute wollen wir Füße malen.»
    Wir müssen alle schallend lachen. Auch Arne. Und während er so lacht, wird mir plötzlich bewußt, wie selten ich ihn habe lachen sehen. So richtig herzhaft wie jetzt. Neulich auf dem Kongreß ist mir das aufgefallen. Wenn der ganze Saal lachte, saß Arne da mit todernstem Gesicht. Da stellt sich ein Hund aufs Podium. Bellt und stört damit die ganze Versammlung. Und der ganze Saal lacht. Nur Arne verzieht keine Miene. Hat mir auch mal gesagt, daß er früher nie gelacht hat. Nie.
    Und jetzt sitzt er da und lacht. So wie neulich. Als Ellin da war und von dem Kind erzählt hat, das zu jedem zur Begrüßung sagt: «Ich will ’n Bonscheeee!» In ganz aggressivem Tonfall. Und wenn es dann einen kriegt: «Ich will aber ’ne ganze Tüteeee!» Da hat Arne auch gelacht. Ich weiß noch, wie er da in seinem Fußballhemd bei mir auf dem Bett gesessen hat. Sein blaugestreiftes Fußballhemd. Ganz wüschelig in die Hose reingestopft. Und jetzt sitzt er auch wieder da und lacht. Ich finde es schön, mit ihm lachen zu können.
    Arne will sich noch zu den anderen setzen. Als er aufsteht, sagt er: «Ich will euch noch sagen, warum ich geh... es ist wegen dir.» Er guckt Sabine an und ist weg.
    «Da hab ich ja wieder mein Fett weg», sagt Sabine.
    Wir unterhalten uns ohne ihn weiter. Als er mal wieder an unserem Tisch vorbeikommt, frage ich ihn noch mal nach Freitag. Arne antwortet ausweichend.
    «Ich finde, daß er sich dir gegenüber ziemlich unverschämt verhält», sagt Sabine. Ich schlucke. Sie hat recht. Ich wollte da nur nicht drüber nachdenken. Ich will ja schließlich mehr von ihm, als er von mir. Das ist sowieso klar. Das hat er mir nur noch mal wieder vor Augen geführt, indem er mich hinter sich herlaufen läßt wegen Freitag. Als wir bezahlen, klärt Arne die Sache mit dem Umzug. Er kann Freitag. Wir machen ab, daß er mich um acht Uhr besucht.

    Freitag.
    Mir ist klar, was ich von Arne will, wenn er heute abend kommt. Ich will ihm alles sagen. Alles. Will ganz ehrlich zu ihm sein. Nichts mehr verschweigen. — Es ist doch klar, daß ich so ein verkrampftes Verhältnis zu ihm hatte die letzten Wochen. Wenn ich immer noch alle möglichen Bedürfnisse an ihn habe und mich ihm

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