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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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was ich schreiben wollte. Aber zu Papier hab ich die Worte einfach nicht gekriegt. Vordergründig keine Lust. Aber ich glaube, ich brauchte erst mal drei Tage Abstand davon. Und dann wußte ich auch überhaupt keinen Weg mehr, mit mir umzugehen. Wußte nicht, wie ich diesen Schmerz verarbeiten soll. Warum tut es immer noch so weh? — Meinen letzten «Liebeskummer» habe ich immer viel schneller verarbeitet als Arne. Es ist jetzt schon fast zwei Monate «aus». — Und ich habe noch nichts verarbeitet. — Irgendwas muß da viel tiefer gegangen sein, als bei meinen letzten unglücklichen Lieben.
    Ein verzweifeltes Suchen danach, was dieses «Etwas» ist. Eine ganz andere Art von Liebe, als ich sie bisher erlebt habe. Eine Liebe wie aus einer anderen Welt und doch ohne Probleme sofort in den Alltag integriert. Morgens um acht auf der Arbeit sein können. Nicht dieses nervige Studentenleben, wo der Tag morgens um zehn anfängt. «Beziehung» hieß für mich zum erstenmal seit langer Zeit nicht mehr, den Vormittag darauf verwenden zu müssen, irgendein verschlafenes männliches Etwas aus meinem Bett zu zerren. Das frau erst dreimal wecken muß und dann doch noch unter der Bettdecke liegend vorfindet, wenn sie vom Bäcker wiederkommt. Oder mitunter sogar noch, wenn sie mittags vom ersten Seminar nach Hause kommt. Das alles war für mich in den letzten zwei, drei Jahren zwangsläufig mit dem Wort «Beziehung» verbunden.
    Und plötzlich ist das nicht mehr so. Keiner mehr, der mir den halben Tag die Hälfte meines einzigen Wohn- und Schlafzimmers blockiert, indem er diagonal die vier Quadratmeter große Bettfläche einnimmt. Banalitäten vielleicht. Aber immerhin Banalitäten, die mich in meinem Alltag behindert haben. Und plötzlich ist das nicht mehr so. Plötzlich heißt Beziehung, daß mann/frau morgens zusammen aufstehen kann. Nach einer schönen Liebesnacht morgens um sieben das Wächterlied singen.
    Und genau das ist es, was mir heute klargeworden ist: Arne ist wirklich vorbeigeritten gekommen. Der Märchenprinz hat mich auf sein Pferd genommen. Ich war ständig in meiner Welt meiner ganzen mittelalterlichen Märchenklischees.
    Aber lag das nur an mir? — Mit Arne ist mir doch auch wirklich ein Klischee «passiert». Nicht nur, weil ich so was im Kopf hatte, sondern weil er sich auch so verhalten hat. Eine ganz romantische Liebe, wie ich sie bisher wirklich nur in meinen Märchenbüchern oder mittelalterlicher Minnelyrik gefunden habe — nie in der Realität. Da waren vielleicht mal Anflüge von Romantik da. — Aber spätestens im Bett hörten sie auf, wurden profan — Leistungsdruck — Männersexualität = Schwanz-Loch-Sexualität — wir sind ja nicht verklemmt — ich muß ihm sagen, was ich will — ich will nicht reden müssen — warum begreifen Männer nicht von alleine, daß ich mit ihnen Zusammensein möchte und nicht nur mein Loch für ihren Schwanz da ist? — Ach ja — und von Klitoris haben wir ja inzwischen auch mal was gehört; wir sind ja emannzipiert.
    Und plötzlich liegst du mit ’nem Typen im Bett, wo du von alldem nichts spürst. Du spürst Wärme und Zärtlichkeit und Ruhe — bist entspannt und denkst, das darf gar nicht wahr sein. Wo kommt der denn her? Aus einer anderen Welt? — Und schon kam er aus meiner Traumwelt, aus meiner Märchenwelt: Mein Märchenprinz! Ich bin in meine mittelalterliche Traumwelt abgeflogen und habe Arne im Kopf mitgenommen.
    Meine mittelalterliche Märchenwelt. Wie sieht die eigentlich aus? Was will ich eigentlich? — Wenn ich ehrlich bin... ganz ehrlich... dann muß ich ja gestehen... ich sehe mich mit einem geflickten Dirndlkleid... barfuß... mit einem Korb durch Wald und Wiesen gehen... die Röcke gerafft... und dann... kommt «er»... und flirtet mit mir... und... verführt mich.
    Aber — wie oft triffst du schon einen Mann, mit dem du nach wenigen Stunden schlafen möchtest... in den du dich innerhalb weniger Stunden verliebt hast. Wie oft «passiert» dir so was schon?
    Genaugenommen eigentlich nie! — Genaugenommen ist es eine Hedwig Courths-Mahler-Spinnerei, die ich da im Kopf habe. Es gibt keine Liebe auf den ersten Blick. Es gibt keinen Märchenprinzen. Es gibt keine große Liebe, die ein ganzes Leben lang hält. Das einzige, was es gibt, ist die Ideologie, die uns einhämmert, so was gäbe es. Die Ideologie, die uns eingehämmert wird, damit wir dasitzen und auf den Märchenprinzen warten, der sich auf Anhieb in uns verliebt. Damit wir ja

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