Der Tod des Staatsanwalts (German Edition)
und lief die Treppe hinunter, während die Oberkommissarin dem auffallend souverän wirkenden Mann weitere Fragen stellte.
Der Golf stand ordnungsgemäß geparkt, rückwärts in einer Parklücke. Schlammspuren an den Seiten konnten durchaus von einer Fahrt auf unbefestigten Wegen herrühren. Nicht eine einzige Delle oder Beule deutete auf einen Unfall oder Zusammenstoß hin. Für einen Laien befand sich das Fahrzeug zumindest äußerlich in einem unfallfreien Zustand. Immer wieder ging Norman Nessel prüfend um den Wagen herum. Besah ihn aus der Nähe und aus einer gewissen Distanz. Kopfschüttelnd wischte er mit einem Papiertaschentuch über die Motorhaube.
Nichts, da ist absolut kein Blechschaden vorhanden, weder hier noch an irgendeiner anderen Stelle. Der Dreck haftet fest am Lack und scheint nicht erst von heute zu stammen. Da wurde weder etwas repariert noch ausgetauscht, seltsam und mysteriös.
Nachdenklich strich er sich über das Kinn, bevor er resignierend den Hauseingang anstrebte. Vom Podest aus warf er noch einen letzten Blick auf den PKW, bevor er die Treppe zum zweiten Mal an diesem Tag nach oben marschierte. Daja hatte zwischenzeitlich den Reparaturdienst angerufen, dessen Chef genau das bestätigte, was Thomas Bräusperich zuvor ausgesagt hatte. Auch der Wirt aus der Kneipe vor der Wohnanlage, unterstrich das Alibi von Bräusperich, zumindest was den Tatzeitraum vom Montag betraf. Bezüglich des gestrigen Abends war er sich nicht sicher, um welche Uhrzeit Thomas Bräusperich in der Gaststätte aufgetaucht war. Er wollte diesbezüglich seine Angestellte befragen und sich dann bei der Oberkommissarin wieder melden. Auf die Frage, ob er Staatsanwalt Hermann Müllerich kannte, antwortete er mit einem müden Lächeln:
„ Das wissen Sie doch ganz genau, Frau Kommissarin. Er war es, der mich damals in den Knast gebracht hat. So etwas vergisst man nicht. Was aber nicht heißen soll, dass ich einen Hass auf ihn verspürte. Immerhin war es sein Job.“ Die Arme vor der Brust verschränkt, stand er breitbeinig mit dem Rücken vor dem Fenster. Mit düsterer Miene sah er sie an. „Oder glauben Sie wirklich, ich würde meine Bewährung aufs Spiel setzen und freiwillig wieder zurück ins Gefängnis gehen?“ Sein Lachen klang bitter. „Nee, nee, die vier Jahre haben mir vollkommen gereicht. Ich bin in dieser Zeit ein anderer Mensch geworden, das können Sie mir glauben.“
„ Und was ist mit Tarek Baberg? Kannten Sie den auch?“ Daja Cornelius beobachtete seine Reaktion genau.
„ Nein, den kannte ich nicht.“ Er löste seine Arme aus der Verschränkung und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Wurde er wirklich umgebracht?“ Seine Neugier schien echt.
„ Ich denke, Sie haben die Zeitung gelesen?“, konterte die Oberkommissarin und erhob sich von ihrem Sitzplatz. „Leben Sie eigentlich allein hier in der Wohnung? Ihr Blick glitt suchend durch den Raum.
„ Nicht ganz allein. Promi wohnt auch hier.“, erwiderte er trocken und nahm seinen Hund auf den Arm, um ihm den Kopf zu kraulen.
„ Auch wenn Sie glauben, Sie seien wegen Ihres Alibis aus dem Schneider, werde ich Sie weiter im Auge behalten. Und sobald Ihnen auch nur der kleinste Fehler unterläuft, kriege ich Sie, das schwöre ich Ihnen, Herr Bräusperich.“ Die Augen von Daja Cornelius waren zu Schlitzen zusammengezogen, während sie ihre Schreibutensilien in die Tasche packte. „Wir wissen, dass Tarek Baberg einen Erpresserbrief verfasst hat. Nur leider hat er vergessen, ihn mit einer Anrede zu versehen. Somit sind wir nicht in der Lage zu beweisen, dass Sie der Empfänger waren. Ebenso ist uns bekannt, dass er ihr Kennzeichen überprüfen ließ und somit wusste, dass es sich bei dem im Feldweg stehenden Auto um ihr Fahrzeug handelt.“
Lässig zog er die Schultern hoch und zündete sich eine weitere Zigarette an.
Norman Nessel hatte dem Gespräch die ganze Zeit über wortlos gelauscht. Erst als seine Vorgesetzte ihn erwartungsvoll ansah, begann er zu reden.
„ Nichts. Sein Fahrzeug ist völlig unauffällig. Abgesehen davon, dass der Wagen mal eine Grundreinigung vertragen könnte, sind keinerlei Unfallspuren zu sichten.“
„ Okay, dann sind wir fürs Erste hier durch.“ Daja Cornelius musste sich auf die Zunge beißen, um nur ja nicht die Contenance zu verlieren. Dieser Typ war so selbstsicher und überheblich, dass es sie regelrecht ankotzte. „Sie hören von uns.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, begab sie sich
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