Der Tod des Teemeisters
Yamanoue Sōji. Nach Meister Rikyūs Selbstmord folgten die Herren Sōkyū und Sōkiu ihm in die andere Welt. Etwa zwanzig Jahre sind seitdem vergangen. Und Takayama Ukon und Furuta Oribe, die zur Zeit jener Teegesellschaft noch so jung waren, fielen später einem schweren Schicksal anheim. Herr Ukon wurde des Landes verwiesen und Herr Oribe ... Ihr kennt ja sein Ende. Matsui Shinsuke, Makimura Hyōbu und Shibayama Kenmotsu – sie alle Samurai, die Meister Rikyūs Schule nahestanden – sind auch tot.
Eine weitere glanzvolle Teezeremonie veranstaltete Taikō Hideyoshi am Dritten des neuen Jahres Tenshō fünfzehn 43 , also zwei Jahre nach jener im Oktober, von der ich Euch bereits erzählt habe. Diese Neujahrszeremonie fand ebenfalls in der Burg Ōsaka statt. Zugleich sollte damit der Teemeister Kamiya Sōjun geehrt werden, der, wenn ich mich recht erinnere, im elften Monat des Vorjahres aus Hakata in die Hauptstadt gekommen war. An dieser Teezeremonie nahmen zahlreiche höhere und niedere Samurai und Teemeister aus Sakai teil. Geleitet wurde sie von den drei Meistern Rikyū, Sōmu und Sōkyū.
Die Ausschmückung des Raumes und die einzelnen Daisu – die Teegestelle – waren an Erlesenheit und Glanz nicht zu überbieten.
In der Mitte der Tokonoma hing das Bild »Junger Ahorn« von Gyokkan, vor ihm stand ein größerer Tsubo. Die rechte Seite zierte Gyokkans »Ferner Tempelturm in der Nacht«, davor hatte man den Tsubo »Rosa Nelke« plaziert, links das Bild »Wildgans am Strand« mit dem Topf »Kiefernblüte«. Die Deckel der Tsubo waren mit zartgrünem Goldbrokat bezogen und wurden von einer roten Kordel gehalten.
Alles war bis ins Feinste auf die Dekoration in der Tokonoma abgestimmt. Unnötig zu erwähnen, daß sich auf den Teegestellen vor den drei Meistern nur die vornehmsten Gerätschaften reihten. Nur schwerlich vermochten die Gäste diese Pracht und den erlesenen Geschmack zu übertreffen.
Nach der Besichtigung der Gegenstände wurde ein Mahl serviert, wobei es aufgrund der großen Zahl der Gäste zu Gedränge kam. Da ich an diesem Tag die Ehre hatte aufzuwarten, konnte ich, während ich die Tabletts hin- und hertrug, beobachten, was im Saal vor sich ging. Sogar Ishida Mitsunari beteiligte sich am Bedienen der Gäste, was allseitiges Erstaunen hervorrief.
Inmitten des ganzen Trubels war der Taikō die auffälligste Erscheinung. Ich habe noch die Notizen über seine Garderobe.
Zuoberst trug er einen Kimono mit kürzeren Ärmeln aus Brokat, darunter einen weißen Unterkimono aus Papier, und sein roter Obi war hinten so gebunden, daß er ihm wie eine Schleppe bis unter die Knie hing. Statt sein Haar zu einem Knoten aufzustecken, hatte er es nur mit einem gelbgrünen Crepeband zusammengebunden. Sein Gewand war so lang, daß man seine Füße nicht sehen konnte.
Natürlich nahm er sich überaus prächtig und großartig aus, wenn auch etwas grotesk, da er sich wie ein Schauspieler auf einer Bühne gebärdete. Bei einem Bankett mag so etwas angehen, aber auch für die anschließende Teezeremonie änderte er seinen Aufzug nicht. Ich habe das nicht selbst gesehen, aber tags darauf erzählte Meister Rikyū mir, er habe Tee aus dem großen Topf bereitet, und der Taikō sei in ebenjener Garderobe erschienen. Ich weiß nicht, in welcher Haltung mein Meister die Zeremonie leitete oder der Taikō die Teeschale entgegennahm. Vielleicht klingt es auch vermessen oder überheblich, aber ich finde, Hideyoshi besaß eine natürliche Unschuld in diesen Dingen.
Selbst wenn mein Meister seinen Fürsten zu extravagant fand, schien es ihn nicht zu stören, und er verhielt sich ihm gegenüber von Anfang bis Ende freundlich und herzlich. Es ist natürlich nur eine Vermutung, aber ich glaube, er ließ Hideyoshi noch am selben Tag zu einer schlichten und strengen Zeremonie in der zwei Tatami großen Teeklause Yamazatoan antreten, die dieser eigens für Meister Rikyū errichtet hatte. Auf seine Weise war der Taikō durchaus ein hervorragender Kenner der Teezeremonie und wußte die entspannte Stimmung der Teeklausen Yamazatoan und Myōkian weit besser zu schätzen als viele andere.
Bei dieser Schilderung fragt Ihr Euch gewiß, was plötzlich aus meinem achtundzwanzigjährigen Haß auf ihn geworden ist. Ehe der Befehl zum Selbstmord an meinen Meister erging, waren meine Gefühle gegenüber Hideyoshi noch gespalten. Mein Zorn und mein Haß sind etwas anderes, sie kamen später. Für den Moment wollte ich meine Abneigung beiseite
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