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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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die Notwendigkeit dieser Maßnahme durchaus ein. Ich hätte sie selber verfügt, wenn ich an Lebedurs Stelle säße.«
    »Mit wenigen Worten, aber deutlich ausgedrückt: Sie halten Victoria Textor für hinreichend verdächtig, Manueli niedergeknallt zu haben!«
    Er bewegte die Hand, als wäre ich aufgesprungen, und als hätte er die Absicht, mich wieder auf die Bank niederzudrücken. Dabei waren mir die Knie wie gelähmt.
    »Ich halte aus beruflichen Grundsätzen jeden Menschen für verdächtig«, sagte er kühl, »der sich während der Tatzeit in der Nähe des Tatorts aufhielt. Den Hausknecht vom >Botenwirt<, den die Brieftasche Manuelis gelockt haben mag, die Dame Emilie Keckeisen, weil sie Grund zur Eifersucht gehabt haben mag, trotz ihres hundertprozentigen Alibis, den Besitzer vom >Botenwirt<, weil es auch schurkische Gastwirte gibt, und Sie selber, lieber Freund, wenn Sie damals zufällig in der Kneipe gesessen und ein Glas Märzen getrunken hätten...« Er schloß, ohne die Stimme sinken zu lassen, als könne er die Reihe ad infinitum fortsetzen.
    »Manueli hat Pertach etwa um sieben Uhr abends verlassen!« warf ich ein.
    »Ja, das stimmt. Aber was wollen Sie damit sagen?«
    »Vielleicht finden Sie den Mörder Manuelis, wenn Sie feststellen, wo er sich zwischen sieben und der Stunde, in der er ermordet wurde, aufgehalten hat.«
    Wildermuth verzog das Gesicht zu einem halben Lächeln. Er sah wie der Frosch aus, der gerade den Ball aus dem Brunnen geholt hat. »Das wissen wir seit einer Woche, mein Lieber. Aber leider führt uns dieses Wissen keinen Schritt näher an den Täter heran.«
    »Was wissen Sie?« fragte ich erregt.
    »Manueli war in der Nähe von Reichenhall, eine knappe Autostunde von Achenreuth entfernt. Er besuchte dort einen Mann namens Knörrle, der mit Trickapparaten für Berufszauberer und Amateure handelt und damit ein solch gutes Geschäft macht, daß er sich in der schönsten Gebirgslage genau das Haus gebaut hat, das ich mir nach Pertach wählen würde, wenn ich einen Wunsch frei hätte. Ein tüchtiger und erfindungsreicher Schwabe, der für seine Tricks inklusive Apparatur, die er selber zusammenbastelt, Preise bis zu zehntausend Mark erzielt. Er meldete sich bei uns telefonisch, als er durch die Zeitung von Manuelis Ende erfuhr, und berichtete, Manueli sei an jenem Tage etwa um acht Uhr bei ihm erschienen und vor zehn Uhr wieder abgefahren. Ich habe die Strecke nach Achenreuth um die gleiche Zeit, in der Manueli sie benutzt hat, abfahren lassen und festgestellt, daß der Mord etwa um elf Uhr erfolgt sein muß, wenn Manueli ein mittleres Tempo um fünfzig Stundenkilometer gefahren ist. Aber auch wenn er etwas schneller oder langsamer gewesen sein sollte, steht die Zeit des Mordes nun ziemlich fest.«
    Ich schwieg lange und strich den Sand, den ich mit dem Absatz aufgewühlt hatte, mit der Sohle wieder glatt.
    »Sie haben Victoria Textor persönlich kennengelernt, Wildermuth«, sagte ich schließlich. »Glauben Sie im Ernst daran, daß diese Frau einer solchen Tat fähig ist?«
    Er sah mich mit dem gleichen vorwurfsvoll traurigen Blick an, mit dem mir in früheren Jahren Professor Stieren meine Mathematikarbeiten zurückzugeben pflegte.
    »Lieber Gott, van Doorn«, sagte er fast ächzend, »Sie haben doch genug Schwurgerichtsverhandlungen mitgemacht, um zu der Feststellung gelangt zu sein, daß nicht einmal der bestialischste Mörder ein Kainsmal auf der Stirn trägt. Wie glatt und harmlos sehen diese Kerle aus, die dort auf ihr Urteil warten...Und dann die anderen, Menschen wie Sie und ich, die ein unglückseliger Affekt plötzlich aus ihrer braven und scheinbar glatten Bahn wirft und sie zu Giftmördern, Kinderschändern und Totschlägern macht. Oder haben Sie sich zu Bürgermeister Voggenreiters Ansicht bekehrt, daß Leute in gehobener sozialer Position nicht morden? Seien Sie mir nicht böse, wenn ich ironisch werde, aber Ihr Einwand fordert eine ironische Antwort geradezu heraus.« Er schlug seine Schuhe gegeneinander, an die sich der feuchte Sand geheftet hatte. »Ich konzidiere Ihnen natürlich Ihre Freundschaft mit dem Hause Textor und verstehe, daß Sie sich dagegen sträuben, das fleckenlose Bild einer Frau, die Sie verehren, mit Blut zu besudeln.«
    »Dann verraten Sie mir wenigstens den Grund, den Victoria Textor gehabt haben soll, einen wildfremden Menschen über den Haufen zu knallen — sei es nun, daß sie die Tat als vorbedachten Mord oder Affekt begangen habe!«
    Er sog

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