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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Café Schwarzenberg ging es sonntagnachmittags zu wie im Wurstelprater. Der Klavierspieler beendete gerade die Tritsch-Tratsch-Polka, als Gustav das Lokal betrat. Mohnstrudel, Nusskipferl, Guglhupf und üppige Tortenstücke, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen, wurden von hektischen Kellnern im Sekundentakt an seiner Nase vorbeigetragen. Fröhliche, lärmende Gäste, lautes Geschirrgeklapper und klingelnde Kassen ließen Gustav bald die Flucht ergreifen.
    Zum Glück fand er am Fiakerstand gegenüber beim Hotel Imperial eine Droschke. Auf der Praterstraße kamen sie wieder zum Stehen. An diesem herrlichen Hochsommertag schien ganz Wien auf die schattigen Wiesen und in die kühlen Wälder des Praters zu flüchten.
    Als sie endlich bei der mindestens acht Meter hohen Gedenksäule für Admiral Tegetthoff, dem Sieger in der Schlacht von Lissa – eine der wenigen, wenn nicht gar die einzige Seeschlacht, die Österreichs ruhmreiche Marine je gewonnen hatte –, ankamen, bat Gustav den Kutscher, ihn aussteigen zu lassen. Die Hitze und das fürchterliche Geschaukel hatten seine Übelkeit verstärkt. Er beschloss, gegen das Pochen in seinem Kopf und das flaue Gefühl in seinem Magen anzukämpfen, indem er zu Fuß zur Hauptallee ging.
    Nach den vielen Schnäpsen konnte er sich nicht mehr genau erinnern, in welchem der drei großen Kaffeehäuser er mit Margarete von Leiden verabredet war. Schnellen Schrittes eilte er zum Wurstelprater.
    Er kam am Präuscher’schen Panoptikum und dem angrenzenden Museum der Anatomie vorbei. Bei dem Gedanken an die ausgestopften Menschen dort drinnen gruselte ihn. Das Bild der ausgestopften Leonie erschien vor seinen Augen. So sehr er sich bemühte, diese abscheuliche Vorstellung durch erfreuliche Erinnerungen an Margaretes ebenmäßige Züge und Sylvias wilde Schönheit zu ersetzen, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Ein kleiner Frauenkörper, überzogen von durchsichtiger Haut, unter der die Venen und Adern deutlich sichtbar waren, darüber ein verschrumpelter Totenkopf, auf dem das goldblonde Haar wie Flammen loderte ... Er schüttelte sich vor Ekel. Doch die furchterregenden Bilder ließen sich nicht abschütteln. Er musste an all die Geschmacklosigkeiten, die er bei seinem ersten und einzigen Besuch dieses anatomischen Museums zu Gesicht bekommen hatte, denken: ein gehirnloses Baby in Spiritus, ein präpariertes Monstrum mit einem Kopf, zwei Gesichtern und vier Armen, das mumifizierte Haarweib Julia Pastrana aus Mexiko, die trotz des rosa Flitterkleidchens, in dem sie steckte, aussah wie ein Jagdhund …
    Die Schreie des Ausrufers vertrieben Gustavs grauenvolle Erinnerungen: „Herrrrreinspaziert, meine Herrschaften! Das weltberühmte Panoptikum zeigt den behaarten Gorilla, wie er das zitternde Mädchen verschleppt. Kommen Sie und schauen Sie sich die beiden an, solange er noch behaart ist und sie noch zittert …“
    Hermann Präuscher, der all diese Abscheulichkeiten nicht nur gesammelt hatte, sondern auch dafür berüchtigt war, dass er lebenden Personen ihre Haut abgekauft hatte, war letzten Sommer an einer Lungenentzündung gestorben. Er hatte mitten im Winter zwei Kinder aus der eiskalten Donau gerettet und sich dabei diese tödliche Krankheit zugezogen.
    Das Heulen der Werkel und das schrille Geklingel der Glocken verletzten Gustavs empfindliche Ohren. Als er seine Brieftasche aus der Hosentasche nahm, um einem schwerstbehinderten Bettelkind ein paar Heller zu geben, sprach ihn eine Tanzdirne an.
    „Wagen S’ ein kleines Tänzchen mit mir, gnädiger Herr?“ Und schon hing sie an seinem Arm.
    Das Frauenzimmer war so auffällig geschminkt, dass Gustav ihr einen zweiten Blick schenkte. Ihm schwante Übles. Der muskulöse Körper und vor allem die kräftigen Hände und die dunklen Schatten um den grell geschminkten Mund … Ein Kerl in Frauenkleidern, das hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Gustav schüttelte ihren Arm ab und wollte weitergehen, prallte aber gegen den Bauchladen eines Verkäufers, der Uhren und goldene Kettchen anbot, die fast echt aussahen.
    „Na, na, nicht so hastig, der feine Herr. Sind wir leicht zu spät dran fürs Rendezvous? Brauchen wir vielleicht eine neue Uhr?“
    Gustav spürte, wie die Wut in ihm aufstieg.
    „Zum Teufel mit Ihnen!“, schrie er den armen Hausierer an.
    „Bitte einzutreten, meine Herrschaften. Die berühmtesten Illusionisten erwarten Sie …, bitte kommen Sie näher, Euer Gnaden …“
    Das Geschrei der Ausrufer, die die

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