Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)
mehr Propangas oder mehr Lampenöl verbrauchen würden.
Als ich zurückkam, kontrollierte Anne gerade mit zufriedenem Gesichtsausdruck ihre Handarbeit, anscheinend war sie gerade fertig geworden. Sie saß noch vor dem Vorzelt, hatte nicht vor Kühle und Feuchtigkeit kapituliert.
»Schatz, wo haben wir die neuen Fackeln, die aus Edelstahl?«
»Die müssten noch im Auto liegen.«
Ich ging zum Parkplatz, und tatsächlich, sie lagen noch im Kofferraum: eins fünfzig lange Stiele und darauf kleine metallene Kolben, die mit Lampenöl gefüllt werden müssen. Vier Stück hatten wir besorgt. Die Stiele passen wunderbar in die Laschen unseres Windschutzes. Ja, es ist schon romantisch! Wenn man so vor dem Vorzelt sitzt, das Schwedenfeuer knistert heimelig vor sich hin, die kleinen blauen Delfine leuchten verträumt durchs Vorzeltfenster, und dann geht plötzlich das Windlicht auf dem Tisch aus …
»Lass uns reingehen«, sagte Anne, »es ist so ein herrlich kuscheliger Abend.«
Ich schaute sie ungläubig an. »Es ist schon Viertel nach zehn. Wann kommen Tristan und Edda nach Hause?«
Sie lächelte. »Um Punkt elf – und wenn ich richtig liege, keine drei Minuten früher!«
Es muss Momente im Leben geben, in denen man nicht über Gott und auch nicht über die Welt nachdenkt. Ich hielt Anne im Arm, unsere Lippen berührten sich, unsere Herzen klopften …
Und Edda klopfte nicht. Sie kam einfach rein! »Sabrina ist mit ihren Eltern zum Nachtmarkt in Middelburg, die Jungs spielen Fußball, und mir ist total langweilig!« Sie schaute uns ein wenig überrascht an. Die alten Eltern knutschten noch, fürchterlich! Wie gut, dass sie uns nicht auf frischer Tat ertappt hatte. Dann hätten wir uns ganz sicher die Frage gefallen lassen müssen: »Seid ihr nicht zu alt für so was?«
Nein, sind wir nicht! Es war nur der falsche Ort und die falsche Zeit.
Anne lachte. »Wie war das noch mal mit der Tandemachse?«
Sie hätte uns nie auf frischer Tat ertappen können. Ölsardinen haben auch keinen Sex, und der Grund kann nur sein, dass es die Kunden im Supermarkt bestimmt mitbekommen würden. Die Schallisolierung einer Sardinenbüchse ist mangelhaft. Wohnwagen sind nichts anderes als Sardinenbüchsen, nur dass sie zwei Räder haben, oder vier, falls eine Tandemachse vorhanden ist. Wenn du einmal gehört hast, wie sich der Nachbar abmüht, dann drängt sich dir der Satz auf: »Ach weißt du, Liebling, drei Wochen gehen auch vorbei.«
38
Es war verdammt spät geworden. Viel zu spät für so dürftige Ergebnisse. Piet ging die Treppe hinunter von seiner Wohnung ins Erdgeschoss von De grise dolfijn . Er klopfte an die altmodische weiße Kassettentür. Das gelbe Licht hatte ihm signalisiert, dass Juliana noch wach war. Er trug zwei Flaschen Grolsch , und sein Durst war übermächtig, als sie mit brüchiger Stimme »Herein!« rief.
Er ging zum Kühlschrank und holte die Flasche Weißwein heraus, um ihr ein Glas davon einzuschenken. »Juliana, wir haben einen zweiten Mord.«
»Hab ich gehört«, erwiderte sie. »Eine Deutsche.«
»Sie war erst seit vier Tagen da.« Piet machte eine lange Pause, er spielte mit dem Verschluss seiner Bierflasche, dann sagte er resignierend. »Ich war eben bei ihrem Freund.«
Juliana legte ihre Hände auf die Knie, als wollte sie für ein paar Minuten ihre Arbeit unterbrechen, um ganz für ihn da zu sein. »Sie war nicht verheiratet?«
»Nein.« Piet trank, nicht hastig, er wollte nur den heißen Mundraum kühlen. »Sie waren einfach so zusammen. Und er hat eine Tochter. Das Mädchen ist sehr traurig, der Mann ist zerbrochen.«
»Zerbrochen?«
»Ja, er heißt Erwin Herkrath, er ist fast eins neunzig groß, aber wenn Sie ihn jetzt sähen, würden sie auf eins siebzig tippen. Eigentlich ist er sauer, sauer auf das Leben. Er müsste sich jetzt aufregen, wütend sein, trauern, aber er tut das alles nicht. Er ist einfach zerbrochen. Er fragt immer nur, warum.«
»Was sollte er auch sonst tun?«, fragte Juliana. »Das ist genau die Frage, die ich mir auch stelle.«
Piet stand auf und ging zum Fernseher. Er nahm die Fernbedienung in die Hand.
Juliana unterbrach ihn: »Das Nachtjournal war gerade zu Ende, als Sie gekommen sind.«
Piet legte die Fernbedienung wieder auf den Tisch. »Haben sie irgendetwas gebracht?«
»Nur die Meldung: zweiter Mord, keine Hintergründe. Wahrscheinlich morgen.«
Piet trank. Als er aufhörte zu trinken, war die Flasche mehr als halb leer, und
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