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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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davon.

13
    E igentlich hatte Hat Bowler nach der Befragung von Sidney Parker vorgehabt, die Straße am Nordkliff hinunterzufahren, um die nächste Zeugin auf seiner Liste anzusteuern, eine Frau namens Lee, die unten am Hügel in einem Haus mit dem vielsagenden Namen Hexen-Cottage wohnte.
    Doch angesichts Parkers Auskünften sowie der Informationen, die er bei dem vergnüglichen viertelstündigen Flirt mit der Hotelrezeptionistin erhalten hatte, änderte er seine Meinung. Nachdem das Landvolk den Mund nicht halten konnte, würde es nicht lange dauern, bis jeder im Team wusste, dass Hen Hollis nicht nur den Saugrill konstruiert, sondern das Opfer auch abgrundtief gehasst hatte. Hatte also keinen Sinn, hier noch länger rumzuhängen, wenn er sich an die Spitze der Meute setzen wollte, womit er natürlich ausschließlich Shirley Novello meinte.
    Laut der Rezeptionistin lebte Hen in einem Cottage gleich an der Küstenstraße, einige Kilometer südlich der Stadt. Ihre Richtungsangaben erwiesen sich als nicht sehr hilfreich. Da sie davon ausging, dass jeder wusste, was sie meinte, wenn sie
die Erste links
sagte, wies sie nicht auf den geteerten Weg hin, der sich bald in einen schlammigen Pfad verwandelte, der im Nirgendwo endete. Und warum etwas erwähnen, was sowieso jeder wusste, dass nämlich das erste Cottage, zu dem er kam, von einem einsiedlerischen Kleinbauern mit einer Rotte unterernährter Höllenhunde bewohnt wurde?
    Schließlich, er kam sich wie der Pilger am Ende seiner Reise vor, erreichte er seinen Zielpunkt, nur um festzustellen, was sein unkendes Herz ihm schon vor einer halben Stunde zugeraunt hatte, nämlich dass Hen Hollis nicht zu Hause war.
    Das war der Zeitpunkt, sich auf seine Erfahrung zu berufen und wieder die Spur aufzunehmen, indem er umkehrte und am Hexen-Cottage vorbeischaute – und dabei betete, dass Wield nicht bemerken würde, wie viel Zeit er vergeudet hatte. Doch als er erkannte, dass er Sandytown über die Straße am Südkliff erreichen konnte, beschloss er, die Route zu ändern und zunächst Alan Hollis im Hope and Anchor aufzusuchen. Lass nie eine Gelegenheit aus, um in ein Pub zu gehen, hatte Andy Dalziel einmal in seiner Gegenwart verlauten lassen. Außerdem bekam er hier vielleicht Hinweise auf Hen Hollis’ Aufenthaltsort.
    Das Pub war nicht schwer zu finden. Es lag direkt an der Hauptstraße, war frisch gestrichen, ein buntes Schild zeigte eine leichtbekleidete, kurvenreiche Blondine (vermutlich die Hoffnung), die auf einem recht phallischen Anker saß. Alles sah recht einladend aus, ein Eindruck, der bestätigt wurde, als er die Tür zum Gastraum öffnete. In manchen Yorkshire-Pubs verstummt die Unterhaltung bei der Ankunft eines Fremden schlagartig, so, als würde man eine Kröte im Pudding finden, doch die Atmosphäre im Hope and Anchor legte sich um ihn wie ein wohliger altvertrauter Mantel.
    Der Gastraum war voll mit Familien, die sich an Köstlichkeiten wie Fish and Chips oder Steak mit Kidney-Pie labten, von mediterranen Salaten war trotz des warmen Wetters nichts zu sehen. Die Kochgerüche umschmeichelten Hats Geschmacksknospen, und für einen kurzen Moment fühlte er sich in Versuchung geführt.
    Sein Berufsethos allerdings behielt die Oberhand, und als eine junge Barfrau, die für die Hoffnung hätte Modell stehen können, ihn nach seinem Wunsch fragte, sagte er, er wolle Alan Hollis sprechen.
    »Der ist dort im Nebenzimmer«, sagte sie und klang dabei etwas enttäuscht. »Wirklich nichts zu trinken?«
    Hat hatte sich, seitdem eine frühere Beziehung in einer Tragödie geendet hatte, nicht mehr viel aus Frauen gemacht, das Geplauder mit der Hotelrezeptionistin hatte er aber trotz des unbefriedigenden Ergebnisses genossen, und jetzt stellte er fest, dass er sie anlächelte und sagte: »Später vielleicht.«
    Anders als das Gastzimmer war der Nebenraum nicht ganz so einladend. Nur zwei Gäste waren anwesend, einer saß in der Ecke, den Kopf in einer Ausgabe der
Mid-York News
vergraben, der andere lehnte an der Theke und unterhielt sich mit dem Barkeeper.
    Der Gast an der Theke ging auf die siebzig zu, er war hager und unrasiert, schwacher Bauernhofgeruch umwehte ihn, seine mürrische Miene wurde durch die kantigen Gesichtszüge und den zerzausten Bart noch hervorgehoben statt gemildert. Bei Hats Eintreten warf er ihm einen finsteren Blick zu, als wollte er ihm sagen, dass er jetzt lieber nicht gestört werden wollte.
    Der Mann hinter der Theke dagegen lächelte

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