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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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ihn, denn er war ertrunken. Glück für Honey, dass sie nicht bei ihm war.
    Die Scheibenwischer hatten auf dem ganzen Weg nach Much Maryleigh viel zu tun. Es sah aus, als schüttete jemand eimerweise Wasser auf die Windschutzscheibe.
    Die Mädels auf der Rückbank und Dora auf dem Beifahrersitz bemerkten das Wetter gar nicht. Sie waren in eine Diskussion über die Eigenschaften des teuren Verblichenen vertieft. Einhellig war man der Meinung, dass Sean O’Brian die Damenwelt geliebt hatte – sehr geliebt hatte!
    »Der wusste wirklich, wie man eine Frau verwöhnt. Und Geld spielte keine Rolle.«
    Sean war ein pensionierter Banker, der im internationalen Geschäft tätig gewesen und weithin als steinreich bekannt war.
    »Allein schon sein jährliches Ruhegeld war sechsstellig«, meinte Amber. Sie trug unter ihrem Glockenhut eine orange Perücke. Der Hut war violett, denn Amber war mit den Jahren ein wenig exzentrisch geworden. Sie hielt nicht viel von Regeln, denen man sich zu unterwerfen hatte. Eigentlich hieß sie Millicent und nicht Amber. Mit siebzig hatte sie beschlossen, ihr Image und ihren Namen zu ändern.Ihre dünnen grauen Haare waren unter der Perücke verschwunden, und auch ihr Name hatte im Zuge dieses Wandels dran glauben müssen.
    Es sprach vieles dafür, eine Perücke zu tragen, überlegte Honey. Bei einem Blick in den Rückspiegel hatte sie bemerkt, dass Ambers Haar noch trocken war und glänzte, da die feuchte Luft dem Nylon nichts hatte anhaben können. Der violette Hut war mit einer kecken Feder verziert.
    »Er hatte auch ein großes Aktienportfolio«, fügte Edith, die Vierte im Bunde, hinzu.
    »Was man so hört, war das nicht das einzige Große, was er zu bieten hatte«, sagte Dora mit einem Kichern.
    Die anderen fielen ein. Sie benahmen sich wirklich wie Schulmädchen.
    Honey merkte, dass sie tatsächlich errötete.
    »Arlene Tiping war schon immer ein Glückspilz. Wir sind zusammen in die Schule gegangen«, meinte Edith, eine schlanke Frau mit großen Ohrringen und spitzem Mündchen.
    Die erwähnte Arlene Tiping war Seans Witwe. Honey erinnerte sich gut an die braungebrannte Frau mit dem auffallend blonden Haar und den zentimeterlangen Fingernägeln. Warum irgendjemand, am wenigsten eine Dame in dem Siebzigern, solche Fingernägel haben wollte, war ihr schleierhaft. Sie konnte sich zu viele Schwierigkeiten vorstellen, die man mit solchen Krallen hatte.
    »Meine Hannah hatte bei ihm ja auch gute Chancen«, erklärte ihr Gloria Cross.
    Honey knirschte mit den Zähnen. »Mutter!«
    »Er hat ihr angeboten, ihn auf einer Saga-Kreuzfahrt zu begleiten. Er war ganz offensichtlich interessiert. Ich habe versucht, sie dazu zu überreden, aber sie hat ja nicht auf mich gehört. Das machen Kinder nie, oder?«
    Die anderen schüttelten zustimmend den Kopf und murmelten genau das, was Honeys Mutter hören wollte. »So sind Kinder eben.«
    Honey knirschte mit den Zähnen. Am besten verkniff sie sich den Kommentar, dass Sean viel älter war als sie und dass er auch schon bessere Tage gesehen hatte. Je schneller dieses Thema vom Tisch war, desto besser.
    Das Gespräch hatte inzwischen eine komplette Wendung genommen, wenn auch Honey den Grund dafür nicht ausmachen konnte.
    »Ich wette, er wird in einem Sarg aus Walnussholz mit massiven Messinggriffen begraben«, erklärte Dora. »Meinst du nicht auch, Bobo?«, fügte sie mit Piepsstimmchen hinzu, während sie das Hündchen unter dem Kinn kraulte.
    Bobo wedelte mit dem Schwanz, und die Zunge hing ihr aus der Schnauze, während sie ins feiste Gesicht ihres Frauchens schaute.
    Honey dachte an ihren Autositz. Hoffentlich würde Doras voluminöses Kleid alle Flüssigkeit aufsaugen. Aber dann war ja noch Dora selbst zwischen dem Hund und dem Polster.
    Vor ihnen ragte hinter einem Vorhang aus strömendem Regen die Kirche von St. Luke auf. Ringsum waren Regenschirme aufgespannt. Alle Trauergäste trachteten, so schnell wie möglich ins Trockene zu kommen.
    Bobo fletschte die Zähne, als Honey versuchte, Dora aus dem Auto zu helfen.
    »Sie will nur spielen«, flötete Dora, als Bobos Kiefer Zentimeter von Honeys Fingern entfernt zuschnappte.
    »Aber natürlich«, quetschte Honey zwischen den Zähnen hervor. Bobos Tage waren gezählt, beschloss sie.
    Als sie endlich alle aus dem Auto bugsiert hatte, hing ihr die Hutkrempe beinahe bis zum Kinn. Ausgerechnet da kamkurz die Sonne heraus. Ein Regenbogen wölbte sich über dem Kirchenschiff. Alle Augen wanderten zum Himmel,

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