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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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und reckte sich, so gut sie konnte, wobei sie sich mit der Hand auf der Vorderbank abstützte.
    Aber wie alle anderen musste sie warten, bis der Gottesdienst, die Predigt und die Erinnerungsreden zu Ende waren. Endlich wurde ihre Geduld belohnt. Nun trugen vier Männer den Sarg auf den Schultern zum Klang von »Hi Ho Silver Lining« 1 zum Ausgang.
    Honey lehnte sich vor und konnte jetzt genau erkennen, was Seans Wunsch für seinen letzten Weg gewesen war. Ihr fiel das Kinn herunter, aber gleichzeitig musste sie lächeln. Sean O’Brians Pappsarg sah aus wie einer der Kartons, in denen man Lebensmittel geliefert bekommt.
    Doch da endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Seans Pappkiste war mit dem Bildnis von Superman verziert. Ein Profil von Superman schmückte die Seiten; und eine Vorderansicht – im hautengen blauen Anzug und roter Unterhose darüber – zierte den Deckel.
    Lautes Flüstern wanderte von einer alten Dame zur nächsten, wogte wie eine Welle von einem Ende der Bankreihen zum anderen. Alle waren zutiefst schockiert. So etwas gehörte sich einfach nicht, reiche Männer ließen sich nicht in einer bedruckten Pappschachtel begraben.
    »Sieht aus wie ein Weinkarton aus dem Supermarkt«, hauchte Amber.
    Köpfe wandten sich zu ihr um. Die meisten Leute schauten belustigt. Ältere Trauergäste wirkten bestürzt. Die jüngeren nahmen alles sehr gelassen.
    Als der Trauerzug an Honeys Bankreihe vorüberkam, fiel ihr eine Zeile auf, die an der Seite klein, aber in deutlichen Buchstaben aufgedruckt war.
    »Hast du gesehen, was da steht?«
    Sie stellte die Frage an niemand Bestimmten. Sie war ihr nur herausgerutscht, nachdem sie den Text gelesen hatte. Sie begann zu kichern.
    Ihrer Mutter war das natürlich nicht entgangen, und sie funkelte sie vom anderen Ende der Bankreihe missbilligend an. »Honey. Vergiss nicht, wo du dich befindest«, zischte sie.
    Edith gab Honey einen Rippenstoß. »Was ist denn so komisch?«
    Honey versuchte, sich die Faust in den Mund zu stopfen, konnte aber immer noch nicht mit Kichern aufhören.
    Edith stieß fester zu.
    »Honey, du fällst schon unangenehm auf! Was ist so lustig?«
    »Ich kann nicht anders«, würgte Honey kichernd hervor.
    Edith wühlte in ihrer Handtasche herum, zog ein Fläschchen hervor, schraubte es auf und hielt es Honey unter die Nase.
    Riechsalz! Es stank abscheulich!
    Honey schnappte nach Luft, und das Kichern hörte auf.
    »Hi Ho Silver Lining« ging dem Ende entgegen. DerPfarrer folgte dem Sarg mit gebeugtem Kopf, während er gleichzeitig seine Robe zurechtzupfte wie ein Mannequin auf dem Laufsteg.
    Edith schaute Honey mit einem kleinen Lächeln an und sagte tonlos: »Worüber hast du so lachen müssen?«
    Honey schlug sich die Hand vor den Mund. Wenn Sie es Edith erzählte, würde sie wieder zu kichern anfangen.
    »Sag’s mir schon!«, beharrte Edith.
    »Über ... über die Zeile, die unter dem fliegenden Superman auf der Seite aufgedruckt war.«
    Edith zog die Augenbrauen in die Höhe. »Weiter?«
    Die anderen waren auch alle ganz Ohr und hatten sich erwartungsvoll zu Honey umgedreht.
    Die versuchte, ihr Lachen herunterzuwürgen, räusperte sich und erklärte ihnen, was auf der Seite des Sarges aufgedruckt war: »Recyclingfähig! Da stand recyclingfähig!«
    Die Trauergemeinde folgte den Sargträgern aus der Kirche hinaus in den Regen. Der gute alte Sean würde nun beerdigt werden.
    Honey ging mit gesenktem Kopf neben den anderen her und versuchte, sich ihr Lächeln zu verkneifen. Aber der Gedanke an den recyclingfähigen Sean O’Brian ließ sich einfach nicht vertreiben. Es war das Komischste, was an diesem ganzen Tag passiert war – einmal abgesehen von der schrecklichen Bobo, die sich auf den Schuhen des Pfarrers verewigte.
    »Ich hab’s gesagt, das sieht aus wie einer von den Weinkartons aus dem Supermarkt«, murmelte Amber und rückte ihre Perücke zurecht. »Die sind nicht fest genug. Mir sind mal sechs Flaschen Schampus vor die Füße gefallen, als ich mich auf so eine Schachtel verlassen habe.«
    »Da hast du wirklich recht, Amber«, stimmte ihr Dora zu und schüttelte missbilligend den Kopf. Sie schaute demSarg stirnrunzelnd hinterher, der nun durch das überdachte Tor zum Friedhof und über das nasse Gras zu Seans letzter Ruhestatt getragen wurde. »Ich kann einfach nicht glauben, dass er kein Walnussholz ausgewählt hat.«
    »Oder Mahagoni«, ergänzte Honeys Mutter ein wenig traurig und tupfte sich mit einem Taschentuch die Augen.
    Der

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