Der Tod ist mein Beruf
Vergasung und zweitens eine Ersparnis an Kristallen."
Ich überlegte und erwiderte: "Ihr Gedanke erscheint mir ausgezeichnet. Sagen Sie Setzler, er solle in einem der beiden Räume der provisorischen Anlage diese Anordnung ausprobieren, während der andere unverändert bleibt. Das wird uns erlauben, durch Vergleich die Ersparnis an Kristallen und den Zeitgewinn ziffernmäßig zu bestimmen."
"Jawohl, Sturmbannführer."
"Selbstverständlich werden wir, wenn die Ersparnis nennenswert ist, Ihre Vorrichtung für die Bunker übernehmen."
Ich sah Pick an. Er war etwas kleiner als ich. Er sprach nur, wenn man das Wort an ihn richtete. Er war ruhig, korrekt, positiv. Vielleicht hatte ich Pick bisher nicht ganz nach seinem Wert eingeschätzt. Nach einer Weile sagte ich: "Was machen Sie zu Weihnachten, Pick?"
"Nichts Besonderes, Sturmbannführer."
"Meine Frau und ich geben eine kleine Abendgesellschaft. Wir würden uns freuen, Sie und Ihre Frau bei uns zu sehen."
Es war das erste Mal, daß ich ihn zu mir einlud. Sein blasses Gesicht rötete sich leicht, und er antwortete: "Gewiß, Sturmbannführer, wir werden sehr gern ..."
Ich sah, daß er nicht wußte, wie er den Satz beenden sollte, und setzte freundlich hinzu: "
Wir rechnen also auf Sie."
Am Heiligen Abend, am frühen Nachmittag, wollte Setzler mich sprechen. Seit unserer letzten Zusammenkunft waren unsere Beziehungen anscheinend normal gewesen. Aber tatsächlich hatte ich ihn sehr wenig zu sehen gekriegt, und nur aus dienstlichen Gründen. Er grüßte, ich erwiderte seinen Gruß und bat ihn, Platz zu nehmen. Er machte eine ablehnende Handbewegung "
Wenn Sie gestatten, Sturmbannführer, ich habe Ihnen nur sehr wenig mitzuteilen."
Ich sah ihn an. Er hatte sich sehr verändert. Sein Rücken hatte sich noch mehr gekrümmt, und seine Backen waren hohl. Der Ausdruck seiner Augen befremdete mich. Ich sagte freundlich: "Nun, Setzler?"
Ich sah, wie seine Brust sich hob, er öffnete den Mund, als ob er keine Luft kriegte, sagte aber nichts. Er sah ungewöhnlich blaß aus. Ich sagte: "Wollen Sie nicht Platz nehmen, Setzler."
Er schüttelte den Kopf und setzte leise hinzu: "Danke, Sturmbannführer."
Einige Sekunden verstrichen. Er stand vollkommen unbeweglich da, groß und gebeugt, seine fiebrigen Augen waren starr auf mich gerichtet. Er sah wie ein Gespenst aus. Ich sagte: "Nun?"
Seine Brust hob sich, seine Kiefer zogen sich zusammen, und er sagte mit farbloser Stimme: "Sturmbannführer, ich beehre mich, Sie zu bitten, dem Reichsführer SS mein Gesuch um Versetzung in eine Fronteinheit weiterreichen zu wollen."
Er zog ein Schreiben aus der Tasche, faltete es auseinander, tat zwei Schritt vorwärts wie ein Automat, legte das Schreiben auf meinen Schreibtisch, tat zwei Schritt zurück und stand stramm. Ich rührte das Schriftstück nicht an. Einige Sekunden verstrichen, dann sagte ich: "Ich werde Ihr Gesuch mit einer gegenteiligen Stellungnahme weitergeben."
Er zwinkerte mehrere Male mit den Augen, und in seinem mageren Halse stieg der Adamsapfel hoch; das war alles. Er schlug die Hacken zusammen, grüßte, machte eine vorschriftsmäßige Kehrtwendung und wandte sich der Tür zu. "Setzler!"
Er drehte sich um. "Bis heute abend, Setzler"
Er sah mich mit einem verstörten Blick an. "Heute abend?"
"Meine Frau hat Sie doch zu uns eingeladen. nicht wahr? Sie und Ihre Frau. Sie wissen doch. zur Weihnachtsfeier."
Er lächelte. "Gewiß. Sturmbannführer, ich erinnere mich."
"Wir rechnen auf Sie. sobald Ihr Nachtdienst beendet ist."
Er verbeugte sich. grüßte nochmals und ging. Ich besuchte dann die Baustellen. Der Wind wehte von Osten. und der Rauch aus den Gräben von Birkenau durchzog das Lager. Ich nahm Pick beiseite. . "Was sagen sie zu dem Geruch?"
Pick schnitt ein Gesicht. "Sie beklagen sich darüber, Sturmbannführer."
"Danach frage ich Sie nicht."
"Nun", antwortete Pick verlegen. "unsere SS-Männer sagen ja immer, daß es eine Gerberei sei, aber ich weiß nicht, ob sie es glauben."
"Und die Häftlinge?"
"Sturmbannführer, ich wage die Dolmetscher nicht allzuviel darüber auszufragen. Das könnte sie stutzig machen."
"Gewiß, aber Sie können sich mit ihnen unterhalten."
"Ganz richtig, Sturmbannführer, aber sobald ich auf den Geruch anspiele, werden sie stumm wie die Karpfen."
"Ein schlimmes Zeichen."
"Das glaube ich auch, Sturmbannführer."
Ich verließ ihn. Ich war unruhig und unzufrieden. Es war offensichtlich, daß die Sonderaktion, wenigstens
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