Der Tod ist mein Beruf
einer Weile sagte ich: "Das wäre alles."
Er grüßte steif, machte vorschriftsmäßig kehrt und ging. Ein paar Minuten später erschien Hagemann mit seinem roten Mondgesicht, ganz außer Atem. Er legte mir einige Schriftstücke zur Unterzeichnung vor. Die Schriftstücke waren nicht dringend. Ich nahm meinen Füllhalter und sagte: "Er hat nicht geleugnet."
Hagemann sah mich an, und sein Gesicht heiterte sich auf. "Natürlich. ..er ist ein so offener Mensch. ..so treu. .."
"Aber er hat sich die Sache sehr zu Herzen genommen."
"Ach! Wirklich?"
sagte er mit erstaunter Miene. "Wirklich? ...Er ist eben ein Künstler, nicht wahr? Vielleicht erklärt das sogar. .."
Er sah mich an und keuchte. "
Wenn ich eine Vermutung äußern darf ...Sturmbannführer. .. bestimmt ist er ein Künstler, das erklärt alles. .."
Er machte ein andächtiges und zugleich beleidigtes Gesicht. "Wenn man bedenkt! ...Ein Offizier, Sturmbannführer! Was für eine unglaubliche Phantasie! Er ist ein Künstler, das ist der Grund. .. Und wohlgemerkt, Sturmbannführer", fuhr er fort, während er seine fetten Hände mit triumphierender Miene erhob, "er hat sich die Sache zu Herzen genommen, wie Sie sehr richtig bemerkten. ..Er ist eben Künstler. .."
Ich schraubte meinen Füllhalter zu. "Hagemann, ich rechne auf Sie, daß sich die Sache nicht herumspricht."
"Selbstverständlich."
Ich stand auf, nahm meine Mütze und ging die Baustellen inspizieren. Obersturmführer Pick kam mir entgegen. Er war ein kleiner braunhaariger, ruhiger und kühler Mann. Ich erwiderte seinen Gruß. "Haben Sie mit dem Sondieren der Häftlinge Fortschritte gemacht?"
"Jawohl, Sturmbannführer. Es ist ganz so, wie Sie glaubten, Sie haben keine Ahnung von der Bestimmung des Werkes."
"Und die SS-Männer?"
"Sie denken, es handele sich um Luftschutzräume. Sie nennen die beiden Anlagen ,Bunker' oder auch, da sie gleichmäßig sind, die 'Zwillingsbunker'."
"Das ist ein sehr guter Gedanke. Wir werden sie künftig so nennen."
Pick fuhr nach einer Weile fort: "Noch eine dumme Kleinigkeit, Sturmbannführer. Auf dem Plan enden die vier großen Aufzüge, welche die Leute aus dem ,Duschraum' heraufbringen, in einem großen Raum -dem künftigen Ofenraum. Und dieser Raum hat offensichtlich keinen Ausgang. Einer der Architekten hat sich darüber gewundert. Wohlgemerkt, er weiß nicht, daß dieser Raum Öfen erhalten soll und daß durch sie. ..", Pick lächelte leicht, ". ..die Leute herauskommen werden."
Ich sagte nach einer Weile zu ihm: "Was haben Sie ihm geantwortet?"
"Daß ich es auch nicht verstehe, aber es wäre Befehl."
Ich nickte, warf Pick einen bedeutsamen Blick zu und sagte: "
Wenn dieser Architekt noch einmal Fragen stellt, dann vergessen Sie nicht, es mir mitzuteilen."
Pick erwiderte meinen Blick, und ich ging zu den Baustellen. Man war dabei, die Abzugskanäle zu betonieren, welche die unterirdischen Gaskammern mit der freien Luft verbanden. Diese Kanäle sollten in den inneren Hof der Anlage münden und hermetisch schließende Hauben erhalten. Ich malte mir aus, wie die Dinge vor sich gehen würden. Nachdem einmal die Häftlinge in die Gaskammer eingeschlossen wären, begäben sich die dazu eingesetzten SS-Männer mit den Giftgasbüchsen auf den Hof, legten ihre Gasmasken an, öffneten die Büchsen, schraubten die Hauben der Kamine ab, schütteten die Kristalle ins Innere und schraubten die Hauben wieder zu. Danach brauchten sie nur noch ihre Masken abzulegen und könnten, wenn sie wollten, eine Zigarette rauchen. "Das Dumme ist", sagte Pick, "daß die Kristalle direkt auf den Boden geworfen werden. Sie erinnern sich gewiß, Sturmbannführer, daß Obersturmführer Setzler sich darüber bei der provisorischen Anlage beklagt hat."
"Ich erinnere mich."
"Die Folge ist, daß die von den Dämpfen Erreichten auf die Kristalle drauf fallen und das Gas sich weniger gut entwickelt."
"Das ist richtig."
Es entstand ein Schweigen. Pick straffte sich und sagte: "Sturmbannführer, darf ich einen Vorschlag machen?"
"Gewiß."
"Man könnte die Kanäle durch Säulen aus durchlöchertem Blech verlängern, die auf dem Boden der Gaskammern aufsitzen. Auf diese Weisewürden die Kristalle, die in die Abzugskanäle geworfen werden, in das Innere der Säulen fallen und die Gasdämpfe durch die Löcher des Blechs austreten. Sie würden nicht mehr durch die darüber lagernden Körper beeinträchtigt werden. Ich sehe bei dieser Anordnung zwei Vorteile. Erstens eine Beschleunigung der
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