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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Doktor Vogel teilte mir auch mit, daß er künftig unser Vormund sei, daß er meine beiden Schwestern der Obhut von Onkel Franzens Frau anvertraut und unseren Laden einem Geschäftsführer übergeben habe. Was mich beträfe, so verstehe er gewiß die patriotischen Beweggründe, denen ich nachgegeben hätte, indem ich mich freiwillig meldete, aber er mache mich trotzdem darauf aufmerksam, daß meine übereilte Flucht meiner armen Mutter große Sorgen bereitet habe und daß sicherlich diese Flucht, oder besser gesagt: dieses Ausreißen, ihren Zustand verschlimmert und vielleicht ihr Ende beschleunigt habe. Er hoffe wenigstens, daß ich an der Front meine Pflicht täte, aber er erinnere mich auch daran, daß ich nach Beendigung des Krieges noch andere Pflichten zu erfüllen hätte. Ich faltete die Briefe sorgfältig zusammen und legte sie in meine Brieftasche. Dann schlug ich die Zeitungen auf und las alles, was über den Krieg in Frankreich darin stand. Als ich damit fertig war, faltete ich sie zusammen, steckte sie wieder in die Streifbänder und legte sie auf den Stuhl neben meinem Bett. Dann kreuzte ich die Arme und beobachtete durch das Fenster, wie die Strahlen der Sonne auf den flachen Dächern immer länger wurden. Der Abend kam, und ich schlief mit Vera.

    Ich kehrte an die Front in Palästina zurück, wurde von neuem verwundet, ausgezeichnet, und nach meiner Rückkehr zur Truppe ernannte man mich trotz meiner Jugend zum Unteroffizier. Kurz darauf wurde die Abteilung Günther der 3. Kavallerie-Division angegliedert, die von dem türkischen Oberst Essad Bey befehligt wurde, und nahm an dem Gegenangriff gegen den Ort Es Salt teil, den arabische Helfershelfer den Engländern ausgeliefert hatten. Der Kampf war zermürbend, wir saßen ab, verbissen uns in den Boden, und nach achtundvierzig Stunden Nahkampf drangen wir endlich in den Ort ein. Am nächsten Tag wurde ich durch dumpfe Schüsse geweckt. Ich verließ die Unterkunft, die Sonne blendete mich, ich lehnte mich an eine Mauer und öffnete meine Augen einen Spalt breit. Ich sah eine weiße, blendende Masse, eine dichtgedrängte Menge von Arabern, unbeweglich, schweigend, mit erhobenen Köpfen. Ich hob meinerseits den Kopf und bemerkte in der Sonne, die sie von hinten beleuchtete, etwa vierzig Araber, die mit verrenkten Köpfen sich wunderlich in der Luft hin und her bewegten, als ob sie barfuß über den Köpfen der Zuschauer tanzten. Dann wurden allmählich die Bewegungen schwächer, ohne aber ganz aufzuhören, sie schaukelten weiter und drehten sich um sich selbst, wobei sie bald ihr Gesicht, bald ihr Profil zeigten. Ich ging ein paar Schritte weiter, der Schatten eines Hauses schnitt ein schwarzes Viereck aus dem blendenden Sonnenlicht heraus, eine köstliche Kühle umfing mich, ich machte die Augen ganz auf, und erst da sah ich die Stricke. Der türkische Dolmetscher Suleiman stand ein wenig abseits, die Arme über der Brust gekreuzt, mit verächtlicher und unzufriedener Miene. Ich näherte mich ihm und deutete auf die Gehängten. "Ach das!"
    sagte er stirnrunzelnd. "Das sind die Aufrührer des Emir Faisal."
    Ich sah ihn an. ". ..Die Notabeln, die Es Salt den Engländern auslieferten. Ein bescheidenes Beispiel, mein Freund! Seine Exzellenz Dschemal Pascha ist wahrhaftig zu barmherzig! Das Richtige wäre, sie alle aufzuhängen."
    "Alle?"
    Er blickte mich an und entblößte lautlos seine weißen Zähne. "Alle Araber."
    Ich hatte schon viele Tote gesehen, seitdem ich in der Türkei war, aber diese Gehängten machten auf mich einen seltsamen, unangenehmen Eindruck. Ich kehrte ihnen den Rücken zu und ging weg. Am Abend ließ mich Rittmeister Günther rufen. Er saß in seinem Zelt auf einem kleinen Klappstuhl. Ich nahm Stellung und grüßte. Er winkte mir, zu rühren, und spielte weiter mit einem prachtvollen arabischen Dolch mit silbernem Griff, den er in den Händen hin und her drehte. Nach einer Zeit kam Leutnant von Ritterbach. Er war sehr groß und sehr hager, seine schwarzen Augenbrauen zogen sich bis zu den Schläfen hin. Der Rittmeister drückte ihm die Hand und sagte, ohne ihn anzusehen: "Eine verdammte Arbeit für Sie heute abend, Herr Leutnant. Die Türken machen eine Strafexpedition gegen ein arabisches Dorf hier in der Nähe. Es ist ein Dorf, das sich schlecht aufgeführt hat, als die Engländer die Türken aus Es Salt verjagten."
    Der Rittmeister warf von Ritterbach einen Seitenblick zu. "Meiner Meinung nach", fuhr der Rittmeister mürrisch fort,

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