Der Tod ist mein Beruf
"ist es eine Geschichte, die nur die Türken angeht. Aber sie wollen deutsche Beteiligung."
Von Ritterbach verzog hochmütig die Augenbrauen. Der Rittmeister erhob sich ungeduldig, kehrte ihm den Rücken zu und machte im Zelt ein paar Schritte. "Herrgott", sagte er und wandte sich um, "ich bin doch nicht hier, um mich mit den Arabern herumzuschlagen."
Von Ritterbach sagte nichts. Der Rittmeister tat noch ein paar Schritte, machte dann kehrt und fuhr fast gemütlich fort: "Hören Sie zu, Herr Leutnant, Sie nehmen etwa dreißig Mann mit und hier
unsern kleinen Rudolf, und alles, was Sie zu tun haben, ist, das Dorf einzuschließen."
Von Ritterbach sagte: "Zu Befehl, Herr Rittmeister."
Der Rittmeister nahm den arabischen Dolch, ließ ihn in der Scheide spielen und sah Ritterbach von der Seite an. "Ihr Befehl lautet, eine Sperre um das Dorf zu legen und die aufrührerischen Bewohner daran zu hindern, querfeldein zu entwischen. Das ist alles."
Die schwarzen Augenbrauen Ritterbachs verzogen sich nach den Schläfen hin. "Herr Rittmeister. .."
"Ja?"
"Und wenn Frauen unsere Sperre durchbrechen wollen?"
Der Rittmeister sah ihn mißmutig an, schwieg eine Sekunde und bemerkte trocken: "Im Befehl steht darüber nichts."
Von Ritterbach hob das Kinn, und ich sah den Adamsapfel in seinem mageren Hals auf und nieder steigen. "Sind Frauen und Kinder als Aufrührer zu betrachten, Herr Rittmeister?"
Der Rittmeister stand auf. "Herrgott, Herr Leutnant", donnerte er los, "ich habe Ihnen schon gesagt, daß im Befehl darüber nichts steht."
Von Ritterbach erblaßte etwas, straffte sich und sagte mit eisiger Höflichkeit: "Noch eine Frage, Herr Rittmeister. Wenn die Rebellen durchbrechen wollen?"
"Befehlen Sie ihnen zurückzugehen."
"Wenn sie nicht zurückgehen wollen?"
"Herr Leutnant", schrie der Rittmeister, "sind Sie Soldat oder nicht?"
Von Ritterbach tat etwas Unerwartetes: Er lächelte. "Gewiß bin ich Soldat", sagte er bitter . Der Rittmeister winkte ab. Ritterbach grüßte unglaublich steif und ging hinaus. Nicht ein einziges Mal während des Gesprächs, selbst dann nicht, als der Rittmeister von "unserm kleinen Rudolf"
sprach, hatte er geruht, mich anzusehen. "Ach, Rudolf", brummte der Rittmeister, während er ihm nachsah, "diese Junker! Mit ihrem Gehabe! Mit ihrem Dünkel! Und ihr verfluchtes christliches Gewissen! Eines Tages werden wir diese 'Herren von' wegfegen."
Ich erklärte meinen Leuten den Befehl und gegen elf Uhr abends gab Leutnant von Ritterbach das Zeichen zum Aufbruch. Die Nacht war außergewöhnlich hell. Nach einer Viertelstunde Trab stieß Suleiman zu uns, der die Verbindung mit der türkischen Abteilung aufrechterhielt, und teilte uns mit, daß wir jetzt nahe heran wären und er uns zugeteilt sei, um uns zu führen. Tatsächlich leuchteten ein paar Minuten später im
Mondschein weiße Flecke auf, und die ersten Häuser des Ortes wurden sichtbar. Von Ritterbach befahl mir, mich mit meinen Leuten nach Osten zu wenden, und ließ die andere Gruppe westlich herumreiten. Wenige Sekunden, nachdem ich meine Leute aufgeteilt hatte, traf ich die zweite Gruppe auf der anderen Seite des Dorfes. Kein Hund bellte. Wir warteten einige Minuten, der Trab der türkischen Reiter, die von Süden her kamen, erschütterte den Boden, dann trat Stille ein, ein rauhes Kommando zerriß die Luft, das Geklapper der Hufe setzte wieder ein, ein wildes Geschrei erhob sich, zwei Schüsse wurden abgefeuert, und ein Dragoner links von mir sagte dumpf: "Es geht los."
Die Schreie hörten auf, man hörte noch einen vereinzelten Schuß, und alles war wieder still. Ein Dragoner kam zu mir heran. Er rief: "Herr Unteroffizier, Befehl von Herrn Leutnant: Nach Süden sammeln."
Er setzte hinzu: "Die Türken haben sich im Dorf geirrt."
Ich ritt den Weg in entgegengesetzter Richtung zurück und sammelte meine Leute. Am Dorfeingang war von Ritterbach in lebhaftem Gespräch mit Suleiman begriffen. Ritterbach saß stocksteif auf seinem Pferd, sein fahles Gesicht wurde ganz vom Mond beschienen, er blickte mit Verachtung auf Suleiman herab. Einmal stieg seine Stimme an, und ich hörte deutlich : "
Nein ! ...Nein.! ...Nein !. ..."
Suleiman schoß wie ein Pfeil davon. Einige Sekunden später kam er mit einem türkischen Major wieder, der so groß und dick war, daß sein Pferd sichtlich Mühe hatte, ihn zu tragen. Der türkische Major zog den Säbel und hielt auf türkisch eine lange Rede, wobei er immer seinen Säbel schwang. Von Ritterbach
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