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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Palmen vier oder fünf Hindureiter halten. Ihre dünnen hochstehenden Lanzen zeichneten sich am Himmel ab. Ich brachte vorsichtig mein Maschinengewehr in Stellung und mähte sie nieder .
    Dann legte ich noch ein paar hundert Meter in Richtung auf unsere Linien zurück, aber kurz bevor ich dort ankam, muß ich ohnmächtig geworden sein, denn ich erinnere mich an nichts mehr .

    Nach meiner Genesung erhielt ich das Eiserne Kreuz und wurde an die Front in Palästina, nach Birseba, geschickt. Aber dort blieb ich nicht lange, ich kriegte Malaria und wurde sofort nach Damaskus verfrachtet. Im Lazarett von Damaskus lag ich eine Zeitlang ohne Besinnung, und meine erste deutliche Erinnerung ist ein blondes Gesicht, das sich über mich beugte. "Fühlst du dich wohl, mein Junge?"
    sagte eine muntere Stimme. "Ja, Fräulein."
    "Nicht Fräulein", sagte die Stimme, "Vera. Für die deutschen Soldaten bin ich Vera. Und jetzt aufgepaßt."
    Zwei frische und starke Hände glitten unter meinen Körper und hoben mich hoch. Alles war verworren, eine Frau trug mich, ich hörte das Keuchen ihres Atems, und ganz nahe vor meinen Augen sah ich große Schweißtropfen über ihren Hals perlen. Ich fühlte, daß ich auf ein Bett gelegt wurde. "So, und nun", sagte die muntere Stimme, "wollen wir es ausnutzen, daß Baby mal weniger Fieber hat, und es waschen. .."
    Ich fühlte, wie ich ausgekleidet wurde; eine weiche Hand strich über meinen Körper, ein rauher Stoff kratzte mich, und dann lag ich wieder erfrischt mit halboffenen Augen in den Kissen. Ich wandte langsam den Kopf, denn mir tat der Nacken weh, und sah, daß ich in einem kleinen Zimmer war . "Na, mein Junge? Fühlst du dich wohl?"
    "Ja, Fräulein."
    "Vera, für die deutschen Soldaten Vera."
    Eine rote Hand hob meinen Nacken, klopfte mein Kissen auf und legte meinen Kopf wieder behutsam auf den frischen Bezug. "Es macht dir doch nichts aus, in einem Zimmer allein zu sein? Weißt du, warum man dich hierher gelegt hat?"
    "Nein, Vera."
    "Weil du in der Nacht, wenn du irre redest, so viel Lärm machst, daß deine Nachbarn nicht schlafen können."
    Sie fing an zu lachen und beugte sich über mich, um mich zuzudecken. Die Haut ihres Halses war rot, als käme sie eben aus dem Bad, ihr Blondhaar war glatt und nach hinten gestrichen, und sie roch gut nach Toilettenseife. "Wie heißt du?"
    "Rudolf Lang."

    "Schön, ich werde dich Rudolf nennen. Erlaubt es der Herr Dragoner?"
    "Bitte ja, Vera."
    "Für einen Dragoner bist du sehr höflich, Rudolf. Wie alt bist du denn?"
    "Sechzehneinhalb."
    "Gott im Himmel! Sechzehn Jahre."
    "Und einhalb."
    Sie fing an zu lachen. "Das halbe Jahr dürfen wir nicht vergessen, Rudolf. Das halbe ist wichtig, nicht wahr?"
    Sie sah mich lächelnd an. "Wo bist du her?"
    "Aus Bayern."
    "Aus Bayern? Ach! In Bayern sind sie schwer von Begriff! Bist du auch schwer von Begriff?"
    "Ich weiß nicht."
    Sie lachte noch immer und strich mir mit dem Handrücken über die Wange. Dann sah sie mich ernst an und sagte mit einem Seufzer: "Sechzehn Jahre, drei Verwundungen und Malaria!"
    Dann setzte sie hinzu: "Bist du sicher, daß du nicht schwer von Begriff bist, Rudolf?"
    "Ich weiß nicht, Vera."
    Sie lachte. "So. Es ist sehr einfach, zu antworten: 'Ich weiß nicht, Vera.' Du weißt es nicht, und da antwortest du: 'Ich weiß nicht, Vera.' Wenn du es wüßtest, würdest du antworten: ,Ja, Vera' oder ,Nein, Vera.' Nicht wahr?"
    "Ja, Vera."
    Sie lachte wieder. "Aber du darfst nicht soviel sprechen. Man könnte fast meinen, das Fieber steigt wieder. Du siehst ganz rot aus, Rudolf. Bis zum Abend, Baby."
    Sie trat ein paar Schritte zur Tür hin, dann drehte sie sich lächelnd um. "Sag mal, Rudolf, wem hast du denn das Bein zerbrochen?"
    Ich richtete mich auf. Das Herz klopfte mir, und ich blickte sie verwirrt an. "Aber was hast du denn?"
    sagte sie erschrocken und kam mit lebhaften Schritten an mein Bett. "Los, leg dich wieder hin. Was bedeutet das denn? Du erzählst davon die ganze Zeit in deinen Fieberträumen. Los, leg dich wieder hin!"
    Sie faßte mich an den Schultern und zwang mich, mich wieder auszustrecken. Dann setzte sich jemand auf mein Bett und legte mir die Hand auf die Stirn. "Na?"
    sagte eine Stimme. "Geht es jetzt besser? Was macht das mir aus, wenn du zehntausend Menschen das Bein brichst?"
    Das Zimmer schien sich um mich zu drehen, und ich sah, daß Vera am Kopfende saß, Vera mit ihrer roten Haut, ihrem glatten Haar und

    dem Geruch von Toilettenseife. Ich wandte den Kopf, um

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