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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Muskeln weh taten, und ich sagte betont und laut: .Ich hatte unrecht, Reichsführer."
    Er sagte leise: .Ein Soldat darf an seinem Führer nicht zweifeln."
    Danach entstand ein langes Schweigen. Ich fühlte, wie ich vor Scham erstarrte. Es besagte wenig, daß der Gegenstand meines Zweifels unbedeutend war. Ich hatte gezweifelt. Der jüdische Geist der Kritik und Verleumdung hatte sich in meine Adern ergossen. Ich hatte gewagt, über meinen Führer zu urteilen. Der Reichsführer sah mich prüfend an und fuhr dann fort: .Das wird nicht wieder vorkommen."
    .Nein, Reichsführer."
    Es entstand abermals ein Schweigen, dann sagte er leise und schlicht: "Also wollen wir nicht mehr davon sprechen."

    Und ich begriff erschauernd, daß er mir wieder Vertrauen schenkte. Ich sah den Reichsführer an. Ich betrachtete seine ernsten, unbeweglichen Züge, und ein Gefühl der Sicherheit überkam mich. Der Reichsführer heftete seinen teilnahmslosen Blick über meinen Kopf hinweg auf einen Punkt im Raum, und er begann wieder, als ob er vorläse: "Oberscharführer, ich habe Gelegenheit gehabt, mir über Sie in bezug auf Ihre SS-Arbeit ein Urteil zu bilden. Ich freue mich, Ihnen sagen zu können, daß dieses Urteil günstig ist. Sie sind ruhig, bescheiden, positiv. Sie drängen sich nicht vor, sondern lassen die Ergebnisse für Sie sprechen. Sie gehorchen prompt, und in dem Ihnen überlassenen Bereich zeigen Sie Initiative und Organisationsgabe. Ich habe in dieser Hinsicht besonders die Akten zu schätzen gewußt, die Sie mir über Ihre Leute eingeschickt haben. Sie zeugen von wahrhaft deutscher Genauigkeit."
    Und mit Nachdruck sagte er: "Ihre besondere Stärke ist die Praxis."
    Er blickte auf mich nieder und setzte hinzu: "Ich freue mich, Ihnen sagen zu können, daß Ihre Kenntnis des Gefängnislebens der SS von Nutzen sein kann."
    Sein Blick ging wieder über meinen Kopf hinweg, und ohne zu zögern oder zu stocken, ohne je nach einem einzigen Wort zu suchen, sprach er weiter: .Die Partei ist dabei, in verschiedenen Teilen Deutschlands Konzentrationslager einzurichten, die den Zweck haben, Verbrecher durch Arbeit zu bessern. In diesen Lagern werden wir in gleicher Weise die Feinde des nationalsozialistischen Staates einschließen müssen, um sie vor der Empörung ihrer Mitbürger zu schützen. Auch da wird der Zweck vor allem ein erzieherischer sein. Es handelt sich darum, aufgrund eines einfachen, tätigen und disziplinierten Lebens Charaktere umzuerziehen und auszurichten. Ich habe mir vorgenommen, Ihnen zuerst einmal einen Posten in der Verwaltung des Konzentrationslagers Dachau anzuvertrauen. Sie werden die Besoldung erhalten, die Ihrem Dienstgrad entspricht, sowie verschiedene Nebenbezüge. Außerdem werden Sie freie Wohnung, Heizung und Verpflegung haben. Ihre Familie wird Sie begleiten."
    Er machte eine Pause. "Ein echt deutsches Familienleben scheint mir eine kostbare Grundlage der moralischen Festigkeit für jeden SS-Mann zu sein, der in einem KZ einen Verwaltungsposten einnimmt."
    Er sah mich an. "Indessen sollen Sie das nicht als einen Befehl betrachten, sondern nur als einen Vorschlag. Es steht bei Ihnen, ihn anzunehmen oder abzulehnen. Ich persönlich glaube, daß auf einem Posten dieser Art Ihre Gefängniserfahrung und Ihre besonderen Eigenschaften der Partei am nützlichsten sein werden. Jedenfalls überlasse ich es Ihnen, in Anbetracht Ihrer geleisteten Dienste, andere Wünsche vorzubringen."

    Ich zögerte ein wenig und sagte: "Reichsführer, ich möchte Ihnen mitteilen, daß ich mich dem Oberst Baron von Jeseritz gegenüber für eine Zeit von zehn Jahren schriftlich verpflichtet habe."
    "Ist die Verpflichtung wechselseitig?"
    "Nein, Reichsführer."
    "Sie haben also Ihrerseits keine Garantie, daß Sie Ihre Stellung behalten?"
    "Nein, Reichsführer."
    "In diesem Falle, scheint mir, verlieren Sie nichts, wenn Sie ihn verlassen."
    "Nein, Reichsführer. Wenn es nur Herr von Jeseritz erlaubt!"
    Er lächelte leicht. "Er wird es Ihnen erlauben, dessen können Sie sicher sein."
    Er fuhr fort: "Überlegen Sie es sich, und schreiben Sie mir Ihre Antwort innerhalb acht Tagen!"
    Er klopfte mit den Fingerspitzen leicht auf den Tisch. "Das wäre alles."
    Ich grüßte, er erwiderte meinen Gruß, und ich ging weg. Ich kam erst am nächsten Abend in den Bruch zurück. Ich aß mit Elsie das Abendbrot, dann stopfte ich mir eine Pfeife, zündete sie an und setzte mich auf die Hofbank. Es war mild und die Nacht außergewöhnlich klar . Nach

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