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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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vierundzwanzig Stunden der Sonderbehandlung zu unterwerfen wären. Das ist eine ungeheuere Zahl. "
    Er nahm die Zigarre aus dem Mund und hielt sie hoch. "Irrtum. Sie vergessen, daß es unter den fünfhunderttausend Einheiten wahrscheinlich eine ziemlich hohe Zahl von Arbeitstauglichen geben wird, die Sie nicht zu behandeln haben werden."
    Ich dachte darüber nach und sagte: "Meiner Meinung nach heißt das nur dem Problem ausweichen. Nach meiner Erfahrung als Lagerkommandant beträgt die durchschnittliche Dauer der Verwendungsmöglichkeit eines Häftlings zur Arbeit drei Monate. Danach wird er arbeitsunfähig. Folglich, angenommen, bei einem Transport von fünftausend Einheiten würden zweitausend für arbeitstauglich erklärt, ist es klar, daß diese zweitausend nach einem Vierteljahr zu mir zurückkommen werden und daß ich sie dann zu behandeln habe."
    "Gewiß. Aber Sie haben wenigstens Zeit gewonnen. Und solange Ihre Einrichtung noch nicht ganz auf der Höhe ist, wird dieser Aufschub Ihnen zweifellos sehr wertvoll sein."
    Er steckte die Zigarre wieder in den Mund und schlug ein Bein über das andere. "Sie müssen wissen, daß nach den ersten sechs Monaten das Tempo der Transporte beträchtlich gesteigert werden wird."
    Ich sah ihn ungläubig an. Er lächelte, und sein Gesicht wurde wieder entspannt und heiter . Ich sagte: "Aber das ist schlechterdings unmöglich."
    Sein Lächeln verstärkte sich. Er stand auf und begann seine Handschuhe anzuziehen. "Mein Lieber", sagte er mit leutseliger und wichtigtuender Miene, "Napoleon hat gesagt, 'unmöglich' sei kein französisches Wort. Seit 1934 versuchen wir der Welt zu beweisen, daß es kein deutsches Wort ist."
    Er sah auf die Uhr. "Ich glaube, es ist Zeit, daß Sie mich zum Bahnhof bringen."
    Er nahm seine Mütze. Ich stand auf. "Bitte, Obersturmbannführer. .."
    Er sah mich an. "Ja?"

    "Ich wollte sagen, daß es technisch unmöglich ist."
    Sein Gesicht erstarrte. "Erlauben Sie", sagte er eisig. "Das ist Ihre Angelegenheit, und Ihnen allein obliegt die technische Seite der Aufgabe. Ich darf diese Seite der Frage nicht kennen."
    Er hob wieder den Kopf, senkte die Augenlider etwas und sah mich mit stolzer Ablehnung von oben bis unten an. "Sie müssen begreifen, daß ich mit der technischen Seite der Sache nichts zu tun habe. Ich bitte Sie also, in Zukunft mit mir nicht davon zu sprechen, auch nicht andeutungsweise. Nur die Zahlen gehören zu meinem Ressort."
    Er machte kehrt, legte die Hand auf die Türklinke, drehte sich halb um und setzte mit hochmütiger Miene hinzu: "Meine Aufgabe ist rein statistisch."

    Am nächsten Tage fuhr ich mit Obersturmführer Setzler zum Lager Treblinka. Es lag nordöstlich von Warschau, nicht weit vom Bug entfernt. Kommandant war Hauptsturmführer Schmolde. Da er von den Plänen, die für Auschwitz bestanden, nichts erfahren durfte, hatte ihm Wulfslang meinen Besuch als einen Inspektions- und Informationsauftrag hingestellt. Er holte mich im Auto vom Bahnhof ab. Er war ein Mann unbestimmbaren Alters, grauhaarig und mager. Sein Blick war merkwürdig leer. Er ließ uns in der Offizierskantine, in einem Nebenzimmer, ein Frühstück auftragen, wobei er sich entschuldigte, uns nicht bei sich empfangen zu können, da seine Frau leidend wäre. Das Essen war ausgezeichnet, aber Schmolde tat den Mund nur hin und wieder einmal auf, und nur, wie mir schien, aus Ehrerbietung mir gegenüber. Seine Stimme war müde und tonlos, und man hatte den Eindruck, daß es ihn Mühe kostete, einen Laut hervorzubringen. Wenn er sprach, befeuchtete er fortwährend seine Lippen mit der Zunge. Nach dem Essen servierte man Kaffee. Nach einer Weile sah Schmolde auf die Uhr, wandte mir seinen leeren Blick zu und sagte: "Es wären lange Erklärungen nötig, um Ihnen die Sonderbehandlung zu beschreiben. Deshalb will ich Ihnen lieber zeigen, wie wir verfahren. Ich glaube, daß Sie sich auf diese Weise besser ein Bild machen können."
    Setzler zog ein abweisendes Gesicht und drehte den Kopf ruckartig zu mir herum. Ich sagte: "Gewiß. Das ist ein sehr guter Gedanke."
    Schmolde leckte sich die Lippen und fuhr fort: "Um zwei Uhr geht es los."
    Wir sprachen noch ein paar Minuten. Dann sah Schmolde auf die Uhr und ich auf meine. Ich stand auf. Schmolde gleichfalls, langsam, wie mit Bedauern. Setzler erhob sich halb von seinem Stuhl und sagte:

    "Entschuldigen Sie mich, ich habe meinen Kaffee noch nicht ausgetrunken."
    Ich blickte auf seine Tasse. Er hatte sie noch gar nicht

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