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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Mannschaft von Häftlingen herzuschicken, um sie auszubessern. Ich war sehr müde, aber die paar Schritte machten mir Vergnügen. Es war eine schöne, laue, helle Julinacht. Ich öffnete die Tür mit meinem Hauptschlüssel, schloß sie wieder behutsam, legte Mütze und Handschuhe auf das Tischchen in der Diele und ging in mein Arbeitszimmer. So nannte ich einen kleinen Raum, der dem Eßzimmer gegenüberlag und wo ich schlief, wenn ich spät aus dem Lager heimkam. Er enthielt einen Tisch, einen Rohrstuhl, einen kleinen Waschtisch, ein Feldbett und über dem Tisch ein Regal aus Weichholz mit ein paar gebundenen Büchern. Elsie sagte, es wäre eine richtige Mönchszelle, aber es gefiel mir eben so. Ich setzte mich, tastete mechanisch die linke Seite meiner Bluse ab, um mich zu vergewissern, daß der Bericht noch da war, zog die Stiefel aus und begann in Hausschuhen geräuschlos im Zimmer auf und ab zu gehen. Ich war sehr müde, aber ich war noch nicht schläfrig. Es klopfte zweimalleicht an die Tür, ich sagte: "Herein!"
    und Elsie erschien. Sie trug den hübscheren ihrer zwei Morgenröcke, und ich bemerkte mit Verwunderung, daß sie sogar parfümiert war. "Störe ich dich auch nicht?"
    "Nicht doch, komm nur herein!"
    Sie schloß die Tür hinter sich, und ich küßte sie auf die Wange. Ich fühlte mich gehemmt, weil ich die Stiefel nicht anhatte und ich so kleiner war als sie. Ich sagte barsch: "Setz dich doch, Elsie!"
    Sie nahm auf dem Feldbett Platz und sagte verlegen: "Ich habe dich kommen hören."
    "Ich war doch leise."
    ,Ja", sagte sie, "du bist immer sehr leise."
    Ein Schweigen trat ein, und sie fuhr fort: "Ich wollte mit dir sprechen."
    "Jetzt?"
    Sie sagte zögernd: "Wenn es dir recht ist."

    Sie fügte hinzu: "Du mußt es doch verstehen, ich sehe dich in der letzten Zeit nicht mehr viel."
    "Ich kann nicht tun und lassen, was ich will."
    Sie sah mich an und begann wieder: "Du siehst sehr müde aus, Rudolf. Du arbeitest zuviel."
    "Ja, ja."
    Ich fuhr fort: "Du hast mit mir zu sprechen, Elsie?"
    Sie wurde langsam rot und sagte mit gepreßter Stimme: "Es handelt sich um die Kinder."
    "Ja?"
    "Es ist wegen ihres Unterrichts. Wenn wir wieder nach Deutschland kommen, werden sie weit zurück sein."
    Ich nickte, und sie fuhr fort: "Ich habe darüber mit Frau Bethmann und Frau Pick gesprochen. Ihre Kinder sind in derselben Lage, und sie machen sich auch deswegen Sorgen. .."
    "Ja?"
    "Da habe ich gedacht. .."
    "Ja?"
    "
    ...daß wir vielleicht für die Kinder der Offiziere eine deutsche Lehrerin kommen lassen könnten."
    Ich blickte sie an. "Das ist ein sehr guter Gedanke, Elsie. Laß sie unverzüglich kommen. Ich hätte schon eher daran denken sollen."
    "Es ist nur", sagte Elsie zögernd, "daß ich nicht weiß, wo man sie unterbringen soll. .."
    "Aber bei uns natürlich."
    Ich tastete mechanisch die linke Seite meiner Bluse ab und sagte: "Da wäre wieder eine Angelegenheit geregelt."
    Elsie blieb sitzen. Sie hatte die Augen niedergeschlagen und beide Hände auf den Knien liegen. Ein Schweigen entstand, dann hob sie den Kopf und sagte mit Anstrengung: "
    Willst du dich nicht zu mir setzen, Rudolf?"
    Ich sah sie an. "Aber gewiß."
    Ich setzte mich neben sie und roch wieder ihr Parfüm. Es sah Elsie so wenig ähnlich, sich zu parfümieren. "Hast du mir noch etwas zu sagen, Elsie?"
    "Nein", sagte sie zögernd. "Ich möchte nur ein bißchen schwatzen."
    Sie faßte mich bei der Hand, ich wandte ihr leicht den Kopf zu. "Ich sehe dich in der letzten Zeit nicht mehr viel, Rudolf."
    "Ich habe viel Arbeit."
    "Ja", sagte sie traurig. "aber auch im Bruch hast du viel gearbeitet, und ich habe auch viel gearbeitet, aber es war nicht dasselbe."
    Ein Schweigen trat ein, dann fuhr sie fort: "Im Bruch hatten wir kein Geld, keine Bequemlichkeit, kein Dienstmädchen, kein Auto, und trotzdem. .."
    "Komm doch nicht immer darauf zurück, Elsie!"

    Ich stand jäh auf und sagte heftig: "Glaubst du etwa nicht, daß auch ich. .."
    Ich unterbrach mich, tat ein paar Schritte durchs Zimmer und fuhr mit ruhigerer Stimme fort: "Ich bin hier, weil ich hier am nützlichsten bin."
    Nach einer Weile begann Elsie wieder: "
    Willst du dich nicht wieder setzen, Rudolf?"
    Ich setzte mich auf das Feldbett, sie rückte etwas näher an mich heran und ergriff wieder meine Hand. "Rudolf", sagte sie, ohne mich anzusehen, "ist es wirklich notwendig, daß du jeden Abend hier schläfst?"
    Ich blickte weg. "Aber du weißt doch, daß ich zu unmöglichen Zeiten nach Hause

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