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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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komme. Ich will die Kinder nicht aufwecken."
    Sie sagte leise: "Du machst so wenig Lärm. Und ich könnte dir die Hausschuhe auf die Diele stellen."
    Ich sagte, ohne sie direkt anzusehen: "Es ist doch nicht nur das. Ich schlafe in der letzten Zeit sehr schlecht. Ich wälze mich im Bett hin und her. Und manchmal stehe ich auf, um eine Zigarette zu rauchen oder um ein Glas Wasser zu trinken. Ich will dich nicht stören."
    Ich roch ihr Parfüm stärker und begriff, daß sie sich zu mir beugte. "Du würdest mich nicht stören."
    Sie legte ihre Hand auf meine Schulter. "Rudolf", sagte sie leise, "du bist noch nie so lange weggeblieben. .."
    Ich sagte schroff: "Sprich doch nicht von solchen Dingen, Elsie. Du weißt doch, daß mir das peinlich ist. .."
    Es entstand ein langes Stillschweigen, ich blickte ins Leere und sagte dann: "Du weißt doch, daß ich nicht sinnlich veranlagt bin."
    Ihre Hand legte sich auf die meine. "Das ist es nicht. Ich finde nur, daß du verändert bist. Seit deiner Reise nach Berlin bist du verändert."
    Ich sagte unwirsch: "Du bist verrückt, Elsie."
    Ich stand auf, ging zum Tisch und brannte mir eine Zigarette an. Hinter mir hörte ich ihre besorgte Stimme: "Du rauchst zuviel."
    "Ja, ja."
    Ich führte die Zigarette an meine Lippen und strich mit der Hand über meine Bücher. "Was hast du denn, Rudolf?"
    "Nichts. Gar nichts."
    Ich drehte mich zu ihr um. "Mußt auch du mich quälen, Elsie?"
    Sie stand auf, die Augen voller Tränen, und warf sich in meine Arme. "Ich will dich doch nicht quälen, Rudolf. Es ist nur, daß ich glaube, du hast mich nicht mehr lieb."

    Ich streichelte ihr Haar und sagte mit Anstrengung: "Natürlich habe ich dich lieb."
    Nach einer Weile sagte sie: "Im Bruch waren wir zuletzt wirklich glücklich. Erinnerst du dich? Wir legten Geld für das Gut beiseite, es war eine schöne Zeit. .."
    Sie drückte sich stärker an mich, ich entzog mich ihr und küßte sie auf die Wange. "Geh jetzt schlafen, Elsie!"
    Sie sagte nach einer Weile: "Willst du nicht heute nacht oben schlafen?"
    Ich sagte ungeduldig: "Nicht heute abend. Nicht jetzt."
    Sie sah mich eine volle Sekunde lang an, errötete, ihre Lippen bewegten sich, aber sie sprach kein Wort. Sie küßte mich auf die Wange und ging hinaus. Ich schloß die Tür, dann hörte ich die Stufen der Treppe unter ihren Schritten knarren. Als ich nichts mehr hörte, schob ich behutsam den Riegel vor. Ich zog meine Bluse aus, hängte sie über die Stuhllehne und fuhr mit der Hand in die Innentasche, um zu kontrollieren, ob der Umschlag immer noch da war. Dann nahm ich meine Stiefel, musterte sie sorgfältig und stellte fest, daß das Eisen des rechten Absatzes abgewetzt war. Ich nahm mir vor, es gleich am nächsten Tage erneuern zu lassen. Ich strich mit der Hand über den Schaft. Das Leder war glatt und geschmeidig. Ich hatte es nie jemand anderem überlassen, sie zu putzen. Ich holte meinen Putzbeutel aus der Schublade des Tisches, trug etwas Creme auf, verrieb sie sorgfältig und fing dann an zu polieren. Ich polierte lange und leicht, die Stiefel fingen an zu glänzen, meine Hand ging her und hin in einer langsamen mechanischen Bewegung, und so verflossen einige Minuten. Eine heiße Welle der Befriedigung durchflutete mich.

    Am übernächsten Tag -einem Donnerstag -kam Obersturmbannführer Wulfslang im Auto an, ich übergab ihm meinen Bericht, er lehnte meine Einladung zum Frühstück ziemlich schroff ab und fuhr sofort wieder weg. Zu Beginn des Nachmittags wollte Setzler mich sprechen. Ich gab der Ordonnanz Befehl, ihn hereinzuführen. Er trat ein, schlug die Hacken zusammen und grüßte. Ich erwiderte seinen Gruß untadelig und bat ihn, Platz zu nehmen. Er setzte seine Mütze ab, legte sie auf einen Stuhl neben sich und strich sich mit seiner langen, mageren Hand über den kahlen Schädel. Er sah bekümmert und müde aus. "Sturmbannführer, es ist wegen der Versuchsstation. Es sind da einige Punkte, die mich quälen. Einer besonders."
    "Ja?"

    "Darf ich Ihnen einen zusammenhängenden Bericht über den Betrieb geben?"
    "Gewiß."
    Er strich sich wieder mit seiner langen Hand über den Schädel. "Was die psychologische Vorbereitung betrifft, so ist nur wenig darüber zu sagen. Doch da man ihnen heißen Kaffee nach der Dusche verspricht, habe ich es auf mich genommen, eine alte Feldküche herbeischaffen zu lassen. .."
    Er lächelte ein wenig. "
    ...um die Ausstattung zu vervollständigen, sozusagen."
    Ich nickte, und er fuhr fort: "Was die

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