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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Ausdrücken abgefaßt, daß kein anderer als ich oder Setzler hätten verstehen können, um was es sich handelte. Der Reichsführer billigte mit warmen Worten meinen Gedanken eines weiträumigen Gebäudes, in dem "alle für das besondere Unternehmen nötigen Dienststellen vereinigt sein würden", und beglückwünschte mich zu dem Scharfsinn, den ich bei der Einrichtung "gewisser praktischer Einzelheiten"
    entfaltet hätte. Doch teilte er mir mit, daß ich noch nicht großzügig genug gewesen sei und daß man mindestens vier Gebäude dieser Art vorsehen müsse, "da die Spitzenleistung im Jahre 1942 zehntausend Einheiten täglich erreichen soll". Was den Abschnitt V meines Berichts betraf, verwarf er die vorgeschlagene Lösung vollständig und befahl mir, mich unverzüglich zur Versuchszentrale nach Culmhof zu begeben, wo Standartenführer Kellner mir die nötigen Richtlinien geben würde. Ich las den letzten Satz mit freudiger Bewegung. Der Abschnitt V meines Berichts bezog sich auf das Verscharren der Leichen. Es war klar, daß der Reichsführer mit seinem genialen Verstand die Hauptschwierigkeit, mit der ich mich herumschlug, ohne weiteres erfaßt hatte und mich nach Culmhof schickte, um mir eine Lösung zugute kommen zu lassen, die ein anderer seiner Forscher gefunden hatte. Befehlsgemäß verbrannte ich den Brief des Reichsführers, telefonierte dann mit Culmhof und verabredete eine Zusammenkunft für den folgenden Tag. Ich fuhr mit Setzler im Auto hin. Den Chauffeur hatte ich nicht mitnehmen wollen, und Setzler fuhr selbst. Der Morgen war schön, und nach ein paar Minuten beschlossen wir zu halten, um das Verdeck herunterzuschlagen. Es war eine Lust, sich in der schönen Augustsonne das Gesicht vom Fahrtwind peitschen zu lassen. Nach all den Wochen der Qual und Überbürdung war ich glücklich, einmal dem Lager entfliehen zu können und die reine Luft außerhalb zu atmen, während ich schon fast die Gewißheit hatte, endlich am Ende meiner Qualen zu sein. Ich teilte Setzler das Nötigste aus dem Brief des Reichsführers mit, setzte ihm den Zweck unserer Fahrt auseinander, sein Gesicht hellte sich auf, und er fing an, so schnell zu fahren, daß ich ihn beim Durchfahren von Städten zurückhalten mußte. Zum Mittagessen hielten wir in einer ziemlich unbedeutenden Ortschaft, und da gab es einen recht komischen Zwischenfall. Sobald wir aus dem Auto stiegen und die Bauern unsere Uniform sahen, rissen sie vor uns aus und schlossen eiligst ihre Fensterläden. Wir waren doch nur zwei, aber augenscheinlich hatten die Dorfbewohner schon mit SS-Männern ein Hühnchen zu rupfen gehabt. Als wir in der Versuchszentrale ankamen, wurde ich durch den ekelhaften Geruch, der dort herrschte, unangenehm überrascht. Er überfiel uns, bevor wir noch am Wachtturm angekommen waren, er wurde immer schlimmer, je weiter wir ins Lager hineinfuhren, und verließ uns nicht einmal, als sich die Tür der Kommandantur hinter uns geschlossen hatte. Man hätte meinen können, daß er Wände und Möbel sowie unsere Kleider durchtränkt hätte. Es war ein scharfer Fettgeruch, der ihm noch nirgends begegnet war und der nichts mit dem faden, fauligen Geruch eines toten Pferdes oder eines menschlichen Leichenhaufens zu tun hatte. Nach einigen Minuten führte uns ein Hauptscharführer in das Büro des Kommandanten. Das Fenster stand weit offen, und beim Eintreten drehte mir eine Wolke desselben Fettgeruchs fast den Magen um. Ich stand stramm und grüßte. Der Standartenführer saß hinter seinem Schreibtisch. Er erwiderte nachlässig meinen Gruß und deutete auf einen Sessel. Ich stellte mich vor, dann Setzler, und setzte mich. Setzler nahm rechts von mir, etwas zurück, auf einem Stuhl Platz. "Sturmbannführer", sagte Kellner höflich, "ich freue mich, Sie hier zu sehen."
    Er drehte den Kopf zum Fenster und saß einen Augenblick unbeweglich da. Er war blond, hatte das Profil einer Medaille und trug ein Monokel. Für einen Standartenführer erschien er ungewöhnlich jung. "Ich muß Ihnen", fuhr er fort, das Gesicht immer noch dem Fenster zugewandt, "einige Worte über meine eigene Aufgabe sagen."
    Er blickte mich an, nahm ein goldenes Etui von seinem Schreibtisch, öffnete es und hielt es mir hin. Ich nahm eine Zigarette, er knipste sein Feuerzeug an und reichte mir die Flamme. Ich beugte mich vor. Seine Hände waren weiß und gepflegt. "Der Reichsführer", fuhr Kellner in verbindlichem Ton fort, "hat mir den Befehl erteilt, alle Beerdigungsstätten im

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