Der Tod ist mein Beruf
Hauptscharführer schloß die Garage zu, und wir gingen weiter . "Merken Sie sich aber", begann er wieder, "es ist ein Verfahren, das ich niemandem empfehle. Es ist nicht sicher. Im Anfang öffnet man die Türen des Wagens, man glaubte Leichen vorzufinden, aber die Leute waren nur ohnmächtig, und als man sie in die Flammen warf, stießen sie Schreie aus."
Setzler machte eine Bewegung, und ich sagte: "Standartenführer, an der Färbung der Haut erkennt man, ob es vorbei ist. Sie sehen dann blaß aus und haben einen rosigen Anflug auf den Backenknochen."
"Die Vergasung", erwiderte Kellner mit einem kaum wahrnehmbaren verächtlichen Gesichtsausdruck, "interessiert mich nicht. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, vergase ich die Leute nur, um die Leichen zu bekommen. Allein die Leichen interessieren mich."
Ein langes Gebäude aus Stein tauchte auf, mit einem hohen Fabrikschornstein aus roten Ziegeln daneben. "Das ist es", sagte Kellner. An der Tür trat er höflich zur Seite. Das Gebäude war leer. "Die Öfen sind gekoppelt", fuhr er fort. Er betätigte selbst die schwere Metalltür des einen Ofens und zeigte uns das Innere. "Er faßt drei Leichen, und die Heizung erfolgt mit Koks. Mächtige Ventilatoren bringen in kurzer Zeit das Feuer auf die gewünschte Temperatur."
Er schloß die Tür wieder, und ich sagte: "Bitte, Standartenführer, wieviel Öfen würde man brauchen, um in vierundzwanzig Stunden zweitausend Einheiten zu verbrennen?"
Er fing an zu lachen. "Zweitausend! Mein lieber Mann, Sie sind aber großzügig."
Er zog sein Notizbuch und einen goldenen Drehbleistift aus der Tasche und warf rasch einige Ziffern aufs Papier . "Acht gekoppelte Öfen."
Ich warf Setzler einen Blick zu. Kellner fuhr fort: "Ich habe nur zwei gekoppelte Öfen."
Er zog seine rechte Braue hoch, sein Monokel fiel herab, er fing es in der hohlen Hand auf wie ein Taschenspieler und fügte hinzu: "Aber ich betrachte sie nur als Behelfsmittel."
"Bitte!"
sagte er. Er setzte sein Monokel wieder ein und ging uns voraus. Ich ließ Setzler vor mir her gehen und gab ihm einen kleinen Klaps auf die Schulter. Der Wagen des Standartenführers erwartete uns vor dem Tor. Setzler stieg zu dem Chauffeur, und ich setzte mich links neben Kellner auf den Rücksitz. Der scharfe Fettgeruch wurde stärker. Das Auto fuhr auf ein Gehölz zu, aus dem Wolken schwarzen Rauches aufstiegen. Kellner ließ den Wagen halten. Eine freundliche Lichtung tat sich vor uns auf. Im Hintergrund stieg vom Boden in etwa fünfzig Meter Breite dichter Rauch auf. In dem Rauch bewegten sich verschwommene Silhouetten von SS-Männern und Häftlingen. Zuweilen züngelten Flammen aus dem Boden, und die Silhouetten erschienen rot. Der Geruch war unerträglich. Wir kamen näher. Der Rauch und die Flammen kamen aus einem breiten Graben, in dem nackte Leichen beiderlei Geschlechts aufgeschichtet waren. Unter der Einwirkung der Flammen krümmten sich die Leichen und streckten sich wieder mit jähen Bewegungen, als ob sie lebendig wären. Ein Knistern von Gebratenem prasselte fortwährend mit unerhörter Stärke. Die hohen schwarzen Flammen ließen für Augenblicke ein helles, lebhaftes, unwirkliches rotes Licht auf flackern, das wie bengalisches Feuer aussah. In regelmäßigen Abständen hoben sich Klumpen nackter Leichen über den Rand des Grabens, und die Häftlinge des Sonderkommandos waren geschäftig um diese Klumpen bemüht. Der Rauch verbarg zum Teil ihre Bewegungen, aber von Zeit zu Zeit wurden von beiden Seiten und in der ganzen Länge des Grabens nackte Körper in die Luft geschleudert, leuchteten plötzlich auf und fielen ins Feuer zurück. In zehn Meter Entfernung von mir sah ich, wie ein Kapo den Kopf drehte und den Mund weit aufmachte, er schien einen Befehl zu brüllen, aber ich verstand nichts, das Knistern übertönte alles. Kellners Gesicht war vom Flammenschein rot beleuchtet. Er hielt sein Taschentuch vor die Nase.
"Kommen Sie!"
brüllte er, den Mund fast an meinem Ohr. ich folgte ihm. Er führte mich an das äußerste Ende des Grabens. Ungefähr drei Meter unter mir brodelte in einem Behälter, der zwischen den Grabenwänden eingebaut war, eine dicke Flüssigkeit. Seine Oberfläche warf ständig Blasen, und ein übelriechender Geruch stieg daraus empor. Ein Häftling ließ an einem Strick einen Eimer hinunter, schöpfte aus der Flüssigkeit und zog den Eimer wieder hoch. "Fett!"
schrie mir Kellner ins Ohr. Von da aus, wo wir standen, konnte ich mit einem Blick den
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