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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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alles vorbei. Und dann weiß ich nur noch, daß ich im Wagen saß und am ganzen Körper zitterte und auf wild herumrennende Leute und heulende Polizeisirenen und all das wartete. Aber nichts passierte. Ein paar Autos fuhren vorbei und ein Zeitungsjunge auf seinem Fahrrad.
    Es war ein bißchen wie der Alptraum, den ich oft habe: Ich stehe ganz oben auf einem hohen Gebäude und habe kein Geländer vor mir und weiß, es wäre ganz einfach herunterzuspringen, und dann wäre alles vorbei. In dem Alptraum wache ich in dem Moment, wo ich springen will, immer entsetzt und schweißüberströmt auf. An dem Fenster, da war das so ähnlich. Als wenn jemand gesagt hätte: »Tu’s!« Da hab ich es getan. Julian habe ich erzählt, was passiert war, aber er hat nichts damit zu tun.
    Den zweiten Mord haben wir zusammen geplant. Jetzt hatten wir ja nichts mehr zu verlieren.
    Julian wußte, daß jemand in der Klinik ihn verpfiffen hatte, und kriegte sehr schnell heraus, daß es Dawn Charles war. Jetzt hatten wir also was gegen sie in der Hand und konnten sie für uns einspannen. Sie hatte Geldprobleme, und Julian versprach, ihr unter die Arme zu greifen, wenn sie uns diesen Gefallen täte. Im Grunde war es ja keine große Sache.
    Es lief alles wie geplant. Julian fuhr mit dem BMW nach Bath, und ich nahm meinem Wagen. Er fuhr über die M4, ich über Burford. Er meldete sich an und ließ den Wagen in die Hotelgarage stellen. Ich parkte meinen Wagen in einer Nebenstraße hinter dem Hotel. Dawn Charles kam mit dem Zug nach Bath, sie mußte in Didcot umsteigen, hat Julian mir erzählt. Sie meldete sich unter ihrem eigenen Namen an. Als wir von der Abtei zurück waren, aßen Julian und ich zusammen zu Abend, und dann fuhr ich weg. Julian verständigte Dawn Charles übers Haustelefon, sie brauchte ja nur durch den Garten zu gehen. Ich fuhr nach Oxford und von da nach Bicester, Dawn hatte mir den Schlüssel zu ihrer Wohnung gegeben. In die Polstead Road zu fahren wäre zu riskant gewesen.
    Falls Julian sie nicht überredet hat, nackt zu schlafen, hat Dawn meinen Schlafanzug angehabt, und am nächsten Morgen brachte das Mädchen ihnen das Frühstück aufs Zimmer. Das mit dem vielen Zucker war ein Fehler, das stimmt. Dawn Charles hat ungefähr meine Größe und Figur, sagte Julian, und wenn sie etwas anhatte, was offensichtlich mir gehörte, konnte eigentlich gar nichts schiefgehen. Alles in allem war es eine elegante Lösung, man hätte sie oder mich ruhig im Hotel sehen können, denn wir wohnten ja beide ganz offiziell da.
    Ich hatte mit Owens alles telefonisch verabredet und fuhr am letzten Sonntag frühmorgens wieder in den Bloxham Drive. Wahrscheinlich wäre er bei einem Mann mißtrauischer gewesen, aber ich hatte ihm gesagt, daß ich das Geld mitbringen würde, und er hatte versprochen, mir dafür einen Brief zu geben, in dem er zusagte, keinen Erpressungsversuch mehr zu machen. Ich ging wieder den Hang hinunter, aber diesmal klopfte ich an der richtigen Hintertür. Um Viertel nach sieben ließ er mich ins Haus, und wir gingen ins Wohnzimmer. Ich glaube, wir haben beide kein Wort gesagt. Er stand vor der Couch, und ich holte die Pistole aus der Einkaufstasche und schoß zweimal und ließ ihn dort liegen.
    Angela Storrs, 11 .3.1996
     
    (Die Endfassung bekam Lewis nicht mehr zu Gesicht, sonst hätte er doch etwas gestaunt – und sich vielleicht auf die Schulter geklopft –, weil sein »Siena« in »Sienna« verbessert worden war; die richtige Schreibweise hatte er nämlich extra im Chambers nachgeschlagen.)

67
     
    Belbroughton Road ist prächtig in üppigem Wellengewog
    Von Prunus und Forsythie, das über die Lande hinzog.
    Die Blütenspringflut aufgischtend verläuft sich im Frühlingstag,
    Wie Tümpel stehn die Narzissen am sonnigen Gartenhag.
    (John Betjeman, May-Day Song for North Oxford )
     
    Der Frühling in North Oxford war in diesem Jahr zwar etwas verspätet, dafür aber besonders schön, und sogar Morse, der für potentiellen Blumenschmuck nur einen kleinen Kasten auf der Fensterbank zur Verfügung hatte, freute sich an den üppigen Narzissen und den kurzlebigen Veilchen, wenn auch nicht an den Krokussen.
     
    Am Dienstag, dem 12. März, ging bei Sir Clixby Bream ein Brief von Julian Storrs ein. Nun waren beide Kandidaten aus dem Rennen. Bei der Außerordentlichen Generalversammlung, die am folgenden Tag im Stamper Room stattfand, blieb den Fellows von Lonsdale nichts weiter übrig, als die Amtszeit des derzeitigen Master

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