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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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könnten ins Boat in Thrupp gehen.«
    »Hervorragend.«
    »Sie sind hier erst mal fertig?«
    »Ja. Die Spurensicherung braucht noch ein, zwei Stunden.«
    »Und Sie wollen nicht noch mal …?«
    Morse schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wie sie aussieht. Aussah.« Er griff nach zwei Farbfotos und einer Postkarte und ging zur Tür. Den Schlüssel zu dem braunen Jaguar drückte er Lewis in die Hand. »Sie fahren. Wenn Sie versprechen, sich an Orangensaft zu halten.«
     
    Während der Fahrt erzählte Lewis von dem erstaunlichen Zufall, daß Owens, der Pressemensch, Tür an Tür mit der Ermordeten gewohnt hatte. Morse hingegen, für den Zufälle im Leben eher die Regel als die Ausnahme waren, hatte es eilig, die Einzelheiten loszuwerden, die er inzwischen über Ms. Rachel James – an deren Identität kein Zweifel mehr bestehen konnte – in Erfahrung gebracht hatte.
    »Neunundzwanzig. Ledig. Keine Kinder. Arbeitete als freiberufliche Physiotherapeutin in der Banbury Road. Laut Lebenslauf hat sie die Gesamtschule in Torquay besucht und ist dort 1984 abgegangen. Drei Leistungsfächer, eine Zwei in Biologie und Geographie, eine Vier in Medienkunde.«
    »Schlaues Kind.«
    »Ach ja? Wer in Medienkunde nur eine Vier kriegt, muß einigermaßen schwachsinnig sein«, behauptete Morse, der noch keine einzige Seite eines Lehrplans für Medienkunde, geschweige denn einen Prüfungsbogen für dieses Fach zu Gesicht bekommen hatte. »Die Eltern«, fuhr er fort, »sind auf dem Weg hierher.«
    »Soll ich mit ihnen reden?«
    »Sie machen diese Sachen wirklich gut, Lewis. Und wenn die Mutter so wie die meisten Frauen ist, kriegt sie wahrscheinlich meine Bierfahne mit, sobald ich die Tür aufmache.«
    »Wäre, ein guter Grund für Sie, auch O-Saft zu trinken.«
    Morse überhörte den Vorschlag. »Sie hat das Haus vor vier Jahren für 65000 Pfund gekauft, seither hat es ständig an Wert verloren. Sie hatte eine Hypothek über 55000 aufgenommen, die restlichen zehntausend haben wohl die Eltern zugeschossen, und heute bekommt man ein Haus wie Nummer 17 schon für 40000.«
    »Sie hat einfach zur falschen Zeit gekauft. Aber manche Leute waren auch ein bißchen leichtsinnig, finden Sie nicht?«
    »Ich bin bekanntlich kein Wirtschaftswissenschaftler, Lewis. Aber ich will Ihnen sagen, was ihr und vielen anderen in ihrer Situation geholfen hätte.«
    »Ein Lottogewinn?«
    »Nein, Lewis, das hilft nur wenigen Glücklichen. Aber ein kräftiger Inflationsschub. Gar nicht schlecht, so ein bißchen Inflation. Besonders für Leute, die bei Null anfangen. In einem Inflationsjahr habe ich dreimal Gehaltserhöhung gekriegt.«
    »Da würden Sie aber nicht viel Zustimmung bekommen. In der Frage der Inflation sind sich die Konservativen und Labour einig.«
    »Die Herren Bull und Thomas meinen Sie?«
    »Sie haben die Aufkleber gesehen?«
    »Ich sehe fast alles. Nur dringt manches nicht gleich durch.«
     
    »Was nehmen Sie, Sir?«
    »Lewis! Inzwischen kennen wir uns doch wohl gut genug …«
    Morse griff nach seinem Glas, um festzustellen, ob man im Boat dem Best Bitter auch die richtige Pflege angedeihen ließ, dann reichte er dem Sergeant ein Foto von Rachel James.
    »Das beste, das ich habe finden können.«
    »Verflixt gut aussehende Frau«, stellte Lewis fest.
    Morse nickte. »Da dürfte so manches Herz schneller geschlagen haben.«
    »Ihres auch?«
    Morse nahm einen großen Schluck. »Ich wollte damit nur sagen, daß sie vermutlich so einiges an Männerbekanntschaften hatte. Meine persönlichen Ansichten tun hier nichts zur Sache.«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Lewis friedfertig. »Was haben wir noch?«
    »Sehen Sie sich das mal an. Eine der wenigen interessanten Sachen, die ich gefunden habe.«
    Lewis besah sich die Postkarte, die Morse ihm reichte. Zuerst das Foto auf der Vorderseite, eine Waldschneise mit einem sonnenbeschienenen Weg zur Linken und einem Teppich blauer Waldhyazinthen zur Rechten. Dann den engzeilig und laienhaft getippten Text auf der Rückseite links.
     
    »Zehn Mal ich bitt dich, laß uns frei ’ n
    (geb Cupido, daß es gedeiht!),
    im Zug zum Altar ziehn zu Zwei ’ n,
    Kranzjungfern Fünfzehn zum Geleit,
    Mit Wohligkeit ins Bett hinein,
    das knarzt und stöhnet allezeit. «
    (John Wilmot, 1672)
     
    Das war alles.
    Keine Anrede.
    Keine Abschiedsfloskel.
    Auf der rechten Seite der Postkarte keine Adresse, die vier punktierten Linien unbeschriftet, der Rahmen in der rechten oberen Ecke unfrankiert.
    Lewis, der kein Fachmann

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